Ein Handicap kann Chance statt Behinderung sein

12.9.2012, 00:00 Uhr
Ein Handicap kann Chance statt Behinderung sein

© oh

In dem südamerikanischen Land seien Blinde sehr benachteiligt, die Qualität der Schulbildung sei nicht gut und Arbeitsplätze zu finden sehr viel schwieriger als hier in Deutschland, erzählt sie. Dadurch seien die beruflichen und persönlichen Entfaltungsmöglichkeiten für Blinde eingeschränkt. Oft kämen sie aus ihrer „Hängematte“ nicht heraus und hätten daher keine Chance auf ein unabhängiges und produktives Leben.

Sie selbst verstehe ihr Blindsein nicht als Behinderung, sondern als Chance. So käme sie wegen ihrer Blindheit sehr leicht mit Menschen in Kontakt, weil sie in fremder Umgebung immer wieder fragen müsse, um an ihr Ziel zu kommen. Schon früh besuchte sie Schulen auswärts, zuerst die Blindenschule in Nürnberg, später das Gymnasium in Marburg und lebte dort ab der siebten Klasse im Internat, wo ihr gute Entwicklungsmöglichkeiten geboten wurden.

Mit und für Blinde arbeiten

Besonders interessieren sie Sprachen und andere Kulturen. Nach dem Abitur studierte sie in Marburg Sprachen für das Lehramt und verbrachte ein Auslandsjahr in Italien. „So entwickelte sich meine Reiselust“, lacht sie. Nach dem ersten Staatsexamen arbeitete sie als Deutschlehrerin in Brasilien und engagierte sich in Blindenprojekten. Nach Referendariat und zweitem Staatsexamen beschloss sie, nicht hier im Land mit gefestigten Schulstrukturen und starren Lehrplänen weiter zu arbeiten, weil sie sich nicht wohlfühlte. Vielmehr wollte sie wieder in Brasilien mit und für Blinde arbeiten.

Um sich das nötige Rüstzeug zu holen, besuchte sie in Indien Kanthari, das „International Institute for Social Entrepreneurs“ (Soziale Unternehmer). Ziel der dortigen Ausbildung für Menschen, die in der Welt etwas verändern wollen, sei, in der Wirtschaft genutzte Arbeitsweisen für soziale Veränderungen in der Gesellschaft zu nutzen. Zwar könne sie auch in Deutschland mit Blinden arbeiten, aber in einem Entwicklungsland könne man mehr entwickeln und zwar Hand in Hand mit den Blinden vor Ort.

Ihr Ziel sei Fortaleza im benachteiligten Nordosten Brasiliens. Von ihrem ersten Aufenthalt her habe sie dort Freunde, sodass sie Netzwerke mit Blindenorganisationen bilden und ausbauen, Betroffene einbinden, mit ihnen Projekte entwickeln und planen kann. „Mein grundsätzliches Ziel ist, dort die Blinden aus ihrer Hängematte zu schütteln.“ Diese könnten sich nämlich durch ihre Mitarbeit eigene Möglichkeiten schaffen. Sie wolle erreichen, dass Blindheit nicht mehr als Behinderung, die man ausgleichen muss, gesehen wird, sondern als Chance, andere Fähigkeiten zu nutzen.

Sie spreche neben italienisch und englisch auch portugiesisch und halbwegs spanisch, sodass sie mit den Menschen dort gut kommunizieren könne. Über Hilfe aus ihrer Heimat freue sie sich natürlich, beispielsweise für die Entwicklung eines Logos für die Arbeit dort oder für andere praktische Dinge. Vielleicht ließe sich im Winter, wenn sie zurückkommen muss (sie hat kein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Brasilien), ein Förderkreis bilden. Dann kann sie nämlich über ihre Erfahrungen und hoffentlich Erfolge berichten. „Bats in action“, aktive Fledermäuse, hat sie als Motto für ihre Visitenkarte gewählt, denn diese orientieren sich nach Gehör wie auch sie.

Wer mehr über sie und ihre Arbeit wissen will, kann ihren blog besuchen: www.same-but-different.net

Keine Kommentare