Benefizaktion

Fahren für Fabi: Mit dem Handbike beim Rother Challenge

2.9.2021, 11:01 Uhr
Georg Knoll hat das Nationalmannschafts-Dress schon einmal übergestreift. Vor ihm das geliehene Handbike, mit dessen Hilfe er den abschließenden Marathon im Rahmen des Challenge absolvieren will. Das gesammelte Geld kommt dem krebskranken Fabian Harrer (links) zugute.

© Georg Knoll/privat, NN Georg Knoll hat das Nationalmannschafts-Dress schon einmal übergestreift. Vor ihm das geliehene Handbike, mit dessen Hilfe er den abschließenden Marathon im Rahmen des Challenge absolvieren will. Das gesammelte Geld kommt dem krebskranken Fabian Harrer (links) zugute.

Georg Knoll hatte einen Traum: Start beim großen Triathlon am Sonntag, 5. September, im Nationalmannschaftstrikot, Kampf um eine Top-Platzierung bei der Langdistanz-Europameisterschaft, die heuer im Rahmen des Challenge Roth stattfindet. Und das in einer Zeit deutlich unter zehn Stunden. Für einen 52-Jährigen nicht schlecht.

Fabian Harrer hat auch einen Traum: seiner Tochter beim Aufwachen zuzusehen sie beim Erwachsenwerden zu begleiten. Vielleicht irgendwann wieder Fußball spielen zu können. Frei, unbeschwert und ohne Schmerzen. Für einen 29-Jährigen, der in Mindorf, einem Ortsteil von Hilpoltstein, zu Hause ist, klingt das nicht utopisch.

Ein Traum platzt, ein anderer lebt

Georg Knolls Traum ist geplatzt. Vier Wochen vor dem Start stürzte er beim Radtraining und zog sich eine ganz schmerzhafte Hüftprellung zu. Es ist nichts gebrochen, er wird keine dauerhaften Schäden davontragen. Aber er kann derzeit nicht einmal richtig gehen, geschweige denn schnell laufen.

Fabian Harrers Traum lebt. Die Schulmedizin hat ihn mehr oder weniger aufgegeben. Bauspeicheldrüsenkrebs ist einer der aggressivsten Krebsarten, die es gibt. Doch ein Facharzt versucht sich an einer alternativen Therapie. Nach ersten Behandlungen geht es ihm besser. Doch die Therapie ist teuer, die Kasse übernimmt die Kosten nicht.

Als Georg Knolls Traum platzt, hadert der umtriebige Ruppmannburger, der schon mal fünf Thalmässinger Teams zum Landkreislauf an den Start bringt, mit sich, der Welt und dem Schicksal. Seit 20 Jahren betreibt er Triathlon. Er hat sich unter die Fittiche von Matthias Fritsch, selbst erfahrener Langdistanz-Triathlet, begeben und sich 22 Monate intensiv auf die EM im Rahmen des Challenge vorbereitet. Der Höhepunkt in einer Sportler-Karriere direkt vor der eigenen Haustüre. Dann der Sturz. Die verzweifelten Versuche, die Hüfte schnell wieder schmerzfrei zu bekommen. Und dann die Erkenntnis: Es geht nicht. Absage.

Fabian Harrers Traum soll nicht platzen. Vergangenen Donnerstag ist er 29 Jahre jung geworden. Es soll nicht seine letzte Geburtstagsfeier gewesen sein. Seine Tochter ist zehn Monate alt.

"Da werden meine Probleme ganz klein"

24 Stunden, nachdem sein eigener Traum geplatzt ist, liest Georg Knoll Fabian Harrers Geschichte in der Zeitung. Er hat das Schicksal des jungen Mannes schon mal mehr oder weniger im Vorübergehen wahrgenommen. "Auf dem Fußballplatz in Eysölden habe ich selbst vor ein paar Wochen ein paar Euro gespendet", erinnert er sich.

Doch jetzt trifft ihn die nüchterne Schilderung von Harrers Überlebenskampf wie ein Fausthieb. "Da ist mein eigener geplatzter angeblich so großer Traum plötzlich ganz klein geworden."

Die verrückte Idee

Georg Knoll kommt auf eine verrückte Idee. Er kann zwar nicht laufen, sodass es mit einem richtigen Triathlon nichts wird. Aber er kann mit seiner lädierten Hüfte gut schwimmen und er kann auch den 165-km-Radmarathon durchstehen.

Und den abschließenden zu laufenden Marathon? Knoll ruft einen querschnittsgelähmten Freund in Offenbau an und leiht sich dessen Handbike. Damit will und wird er am Sonntag die abschließenden 42,195 km bestreiten. Am Dienstagabend absolvierte er die erste Trainingseinheit in dem Hightech-Gerät. "Ich kann das nicht richtig", erzählt Knoll, "aber es wird schon gehen".

Challenge für Fabi

Knoll wird am Sonntag nicht für sich und seinen Traum schwimmen und fahren. Er wird es für Fabian Harrer tun. Damit Harrers Traum weiterlebt. Damit "Fabi" zumindest die kleine Chance, die er noch hat, beim Schopf packen kann.

Knolls Finisher-Zeit? "Spielt keine Rolle mehr", sagt der 52-Jährige. Wichtiger ist ihm, dass möglichst viel Geld zusammen kommt. In der Familie Walchshöfer, den Veranstaltern des Challenge Roth, findet Georg Knoll Unterstützer. Weil sich die Walchshöfers gut in das Schicksal von Fabi Harrer hineindenken können. Auch der vor über zehn Jahren verstorbene Challenge-Gründungsvater Herbert Walchshöfer hat viele Jahre lang mit schwerer Krankheit dem Tod getrotzt -. Seite an Seite mit Schul- und Alternativ-Medizin.

Das Spendenkonto

Das Team Challenge also unterstützt Georg Knolls Benefiz-Aktion. Dennoch ist sie so etwas wie eine One-Man-Show. Als Einzelperson kann er zum Beispiel keine Spendenquittungen ausstellen. Aber es gibt ein Spendenkonto: Raiffeisenbank Thalmässing, Challenge für Fabi, IBAN DE 90 7606 9462 0003 2012 28. Kennwort: Fabian Harrer

Am besten fände es Knoll, wenn er schon am Sonntag beim Start im Kanal (Startnummer 311!) die 226 Kilometer Spendenunterstützung von den Gönnern hätte. "Es würde mich auf jeden Fall beflügeln." Trotzdem will er auch unterwegs mittels Visitenkarten Werbung für seine Unternehmung machen. "Ich weiß, dass keine Zuschauermassen an der Strecke sein werden. Ich weiß aber auch, dass es nicht menschenleer sein wird", sagt er.

Helfer in Schwarz-Rot-Gold

Zumindest ein kleines Stück seines alten Traums wird am Sonntag wahr. Erstmals in seinem Leben kann der 52-Jährige im Nationalmannschafts-Triathlon-Dress an den Start gehen. Die Deutsche Triathlon-Union hatte es per Post geschickt. Es kam zwei Tage vor Knolls Trainingsunfall in Ruppmannburg an. Jetzt startet er gewissermaßen außer Konkurrenz. Doch die DTU hat ihm erlaubt, es trotzdem am Sonntag zu tragen.

Dass er in diesem Trikot dazu beitragen kann, etwas Sinnvolles und Gutes zu tun, sei aber viel wichtiger. "Nach dem vermeintlichen Aus für das Rennen war ich völlig frustriert", erzählt Knoll. "Doch jetzt macht plötzlich doch alles wieder Sinn."

Es geht um alles

"Dreams cannot be canceled", hat Knoll noch an das Ende seiner Geschichte geschrieben. In fett gedruckten Buchstaben. Träume können nicht abgesagt werden. Das war das Motto des Challenge in der veranstaltungsfreien Zeit 2020 und das war das Challenge-Motto zum Jahreswechsel, als der Tria-Veranstalter zu individuellen virtuellen Läufen aufgerufen hatte.

Das Motto passt aber auch zu Georg Knoll. Und zu Fabian Harrer. Ihre Träume leben. Bei Georg Knoll geht es nur um Sport. Bei Fabian Harrer geht es um alles.

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