Heidecks früherer Bürgermeister: Der mit den Schildkröten spricht

26.9.2020, 06:20 Uhr
Heidecks früherer Bürgermeister: Der mit den Schildkröten spricht

© Foto: Milena Kühnlein

Ein bisschen wabbelig, ein bisschen rau, aber doch weich. So in etwa fühlt sich die Haut einer Schildkröte an. Ottmar Brunner, der ehemalige Bürgermeister Heidecks, krault seine Schildkröte "Josef" an diesem sonnigen Nachmittag, so wie man es bei einem Hund oder einer Katze tun würde.

Er führt durch seinen großen Garten in Rudletzholz. Seine Frau Gerlinde stutzt gerade ihren "Lieblingsbaum", wie Ottmar Brunner die Zwetschge nennt. Das große, gepflegte Haus wirkt ein bisschen wie die Villa Kunterbunt. In jeder Ecke entdeckt man etwas Neues, überall blühen Pflanzen, plätschert Wasser oder - laufen Schildkröten. Mehrere hundert davon haben hier ihr Zuhause.

Ottmar Brunner nimmt auf seiner urigen Terrasse Platz, über ihm hängt ein großes Geweih. Die Jagd, das Angeln – all das sind seine Hobbys. Die Liebe zur Natur und zu den "Viechern", wie er sagt, habe er schon als kleiner Junge gehabt. Damals wollte er unbedingt einen Pinguin haben Dieser Wunsch wurde zwar nicht Realität, aber: Außergewöhnliche Haustiere hat der ehemalige Politiker nun doch.

Bevor er sich wie jetzt im Ruhestand völlig seinen Leidenschaften widmen konnte, hatte der ehemalige stellvertretende Sparkassen-Gebietsdirektor im südlichen Landkreis und späterer Bürgermeister einen stressigen Alltag. Er verfolge die Lokalpolitik zwar noch heute und unterhalte sich privat darüber, aber: "Ich halte mich gerne raus."

Der Stadtrat hat sich mittlerweile verjüngt, und das findet Ottmar Brunner gut, auch wenn er nicht mit allem übereinstimmt: "Mir ist es sehr wichtig, dass junge Leute in der Politik ihre Zukunft gestalten. Da müssen die Alten nicht noch mit reinreden."

Er vermisst sein früheres Leben nicht. Damals züchtete er selbst noch Schildkröten, jetzt nimmt er nur noch welche auf oder vermittelt sie weiter. Mittlerweile hat er Zeit, auf der breiten Holzbank vor seinen Schildkröten mit einer Tasse Kaffee zu sitzen und seine Tieren in Ruhe zu beobachten – und das genießt er.

Wenn er über seine Schildkröten spricht, ist sein Tonfall liebevoll. "Das sind liebe Kerle." Die großen Schildkröten kommen direkt auf einen zu und schauen sich neugierig die Schuhe und Socken an. Deshalb baumeln auf einer langen Wäscheleine im Garten auch viele Paare bunter Wollsocken. "Die mögen sie besonders", schmunzelt Brunner und steigt über die niedrigen Zaun zu den Tieren. Die Schildkröten, die uns Menschen oft überleben, haben eigene Charaktere, eigene Persönlichkeiten. Gerlinde Brunner schneidet unterdessen ein paar Apfelschnitten und wirft sie den Panzertieren zu. Diese bewegen sich sofort auf das Obst zu – in ihrer eher gemächlichen Schrittgeschwindigkeit. Natürlich stammen die Äpfel aus dem eigenen Garten. "Wir sind Selbstversorger", sagt Ottmar Brunner ein bisschen stolz.

Nachhaltigkeit im Blick

Die Themen Nachhaltigkeit und Artenvielfalt beschäftigen ihn. Die aktuellen Entwicklungen des Klimas und der Umweltverschmutzung machen ihm durchaus Sorgen. Früher hat er gerne kunterbunte Schmetterlinge beobachtet, mittlerweile sieht er nur noch wenige von ihnen und merkt: Da hat sich etwas verändert.

Als Kind habe es ihn gegraust, wenn es mehrmals die Woche Fisch gab. Sein Vater betreute Karpfenweiher, weswegen die Fische oft zu Hauf gegessen werden mussten. Heute angelt er selbst nur noch, wenn es nötig ist. "Wir verwerten alles für uns, aber nur wenn wir es brauchen."

Der Rundgang im Schildkröten-Land mitten in Rudletzholz neigt sich langsam dem Ende zu. Genauso wie die Wachphase der Panzertiere. Schon bald werden die meisten der Tiere nämlich ruhig im Keller von Ottmar Brunner im Winterschlaf schlummern. Ob er sie dann vermissen wird? "Ja natürlich." Am wohlsten fühlt sich der Ex-Bürgermeister eben umgeben von seinen Tieren.

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