Eheringe per Drive-In: Die Trotzdem-Ja-Sager

24.4.2021, 10:00 Uhr
Eheringe per Drive-In: Die Trotzdem-Ja-Sager

© Foto: Carola Scherbel

Als im März 2020 Corona auch in Deutschland so richtig einschlug, wurde vieles anders. Wer in Corona-Zeiten heiraten wollte, musste fast alles neu organisieren, die Hochzeit verschieben, Gäste wieder ausladen, kleiner oder ganz klein planen und die Hochzeitsreise auf unbestimmte Zeit verschieben. Viele Paare wollten und wollen unter diesen Umständen nicht heiraten.

Wer sich doch zügig und trotz Corona das Ja-Wort geben will, braucht Ringe. Der Erwerb dieser ist eben wegen der Pandemie nicht ganz einfach. Um Heiratswilligen in dieser Hinsicht entgegenzukommen, hat sich das Schwabacher Juwelier-Geschäft Zeller etwas Besonderes einfallen lassen: einen Trauring-Drive-in.

Wie im Autokino

"Wir haben hinten im Hof einen sehr großen Parkplatz." Auf dem könnten sich – wie in einem Autokino – die Pkw der Paaren platzieren, die willig sind, sich das Ja-Wort zu geben, erklärt Geschäftsführerin Elke Hüttner. Und statt Popcorn – wie im Autokino – bringen halt Angestellte ein Tablett mit Ringen ans Auto. Alles natürlich kontaktlos und coronakonform mit FFP-Maske.

Die Paare dürfen sich dann in aller Ruhe Ringe aussuchen. Wenn sie fündig geworden sind, können sie per Handy Fragen äußern, die entsprechenden Größen angeben und bestellen, meint Elke Hüttner. Schon sei da eine Last weniger auf den Schultern heiratswilliger Paare!


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Und wie schaut es in Zeiten von Corona mit der Resonanz an den Standesämtern aus? Auf dem Standesamt in Roth wurde 2020 etwas seltener geheiratet als in den Vorjahren. "Aber nur minimal" sei der Unterschied, sagt Ordnungsamtsleiter Rainer Hofer, zu dessen Zuständigkeitsbereich auch das Standesamt gehört.

113 Mal haben Paare "Ja" gesagt, 2019 waren es 124 gewesen und im Jahr davor 125. Einige Brautleute hätten ihre Trauung wegen der Pandemie jedoch verschoben. "Zwei bis drei Paare schon zweimal." Obwohl der Standesbeamte hinter einer Plexiglasscheibe sitzt und neben dem Brautpaar nur zwei weitere Personen zugelassen sind, "wollen wir die Feier so schön wie irgend möglich abhalten", verspricht Hofer.

Von wegen Flaute!

Flaute auf dem Standesamt? Von wegen! Für Hilpoltstein gilt das nicht. "Ein absolutes Rekordjahr" meldet Standesbeamtin Susanne Krauß für 2020 bei der Zahl der Eheschließungen. Trotz Corona. 102 Paare haben sich in der Burgstadt getraut, den Bund fürs Leben zu schließen, obwohl zeitweise niemand außer dem Brautpaar in den Trausaal kommen durfte.

Seit Aufzeichnung der Daten habe es so etwas noch nie gegeben – absoluter Rekord! "Wir haben die 100er-Marke geknackt. Zum Vergleich: Im coronafreien Jahr 2019 fanden "nur" 83 Trauungen statt. 2018 seien 89 Paare vor die Standesbeamtin getreten, um den Bund fürs Leben zu schließen.

Erklären kann sie sich den Rekord an Heiratswilligen nicht, denn viele Städte hätten einen deutlichen Einbruch beklagt. Nicht so Hilpoltstein. "Aber wir haben uns auch sehr bemüht, es den Brautleuten so schön wie möglich zu gestalten", erinnert sie sich an die tapferen Trotzdem-Ja-Sager. Und dank kreativer Ideen – der Laptop stand oft mit im Trausaal – konnten viele Trauungen per Livestream ins Wohnzimmer der Eltern übertragen werden.

Locations waren gut gebucht

Doch nicht nur der Trausaal war gefragt. Auch auf Burg Hilpoltstein sei vergangenes Jahr oft getraut worden. Und für dieses Jahr wären schon zahlreiche Anfragen für Hochzeiten im und am historischen Gemäuer eingegangen, erklärt Susanne Krauß.


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In Schwabach hat man sich im Corona-Jahr 2020 ebenfalls nicht wirklich weniger getraut als vorher. Mit 205 Eheschließungen statt 221 im Jahr 2019 und 226 im Jahr 2018 ist der Rückgang kein signifikanter. Heuer wurden bislang lediglich 20 Paare getraut, jedoch gibt es 132 Vormerkungen.

Bei den Ehewilligen herrscht auch eine sehr unterschiedliche Stimmungslage: "Manche Paare wollten 2020 ihren Termin verlegen, in der Hoffnung, dass die Bestimmungen später wieder lockerer werden. Aber wie sich dann herausgestellt hat, wurde es im Winter ja schon wieder strenger", heißt es aus dem Rathaus. Die Verunsicherung jedenfalls ist groß.

Digitalisierung am Altar

Im Trausaal des Schwabacher Rathauses nutzt man die digitale Technik, um die feierliche Zeremonie zu Eltern, Verwandten und Freunden zu transportieren: "Die Eltern von ausländischen Ehepartnern durften ja in vielen Fällen gar nicht einreisen", dann konnten sie zumindest in Form von Skype dabei sein. Derzeit darf das Brautpaar nämlich lediglich vier Gäste mitbringen.

"Bei uns sind die Trauungen definitiv zurückgegangen", betont Standesbeamtin Brigitte Bernreuther in Thalmässing. Statt 30 wie in 2019, hätten sich 2020 nur 20 Paare getraut. Kein Wunder, würden doch die Corona-Bestimmungen die Gästezahl bei der Trauerfeier deutlich einschränken. Brautpaar und -zeugen, Kinder (wenn vorhanden) und alle mit FFP-Masken und 1,5 Meter Abstand sowie eine Plexiglasscheibe zwischen der Standesbeamtin und dem Paar. Stimmung geht anders.

Sabrina Schwab und Michael Fuchs haben im Mai 2020 in der evangelischen Stadtkirche Roth kirchlich geheiratet – als eine der Ersten zu Corona-Zeiten. Mit Masken tragenden Hochzeitsgästen, die in der Kirche zudem auf Abstand saßen und ohne Sektempfang. Stattdessen gab es ein Fotoshooting und ein Candle-Light-Dinner.

Traugespräche via Skype

An die Hochzeit kann sich Pfarrer Joachim Klenk noch gut erinnern. Viele kirchliche Hochzeiten, die heuer von Mai bis August geplant waren, "sind aufs kommende Jahr verschoben worden", sagt Klenk. "Deshalb werden wir 2022 zu den normalen nun auch zusätzliche Trautermine anbieten". Aktuell hat er neun Brautpaare in seiner Begleitung, seine beiden Kolleg*innen je weitere fünf bis sieben. Infos für Brautpaare stehen auf der Homepage der Gemeinde unter www.evang-kirche-roth.de


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Über Skype oder Zoom finden dann auch die Traugespräche statt. "Dabei wurde auch viel gelacht. Ich werte das als positive Grundstimmung."

Wichtig ist es Klenk, mit den Paaren vorab zu überlegen, wie die kirchliche Feier ablaufen soll. Als Pfarrer wolle er in Corona-Zeiten das Seelsorgerische besonders gewichten und dem Paar bei der Gestaltung der kirchlichen Feier ein guter fachlicher Begleiter sein. "Manche Paare sind da unglaublich kreativ", weiß er zu berichten. Positiv steht der Geistliche zudem Freilufttrauungen gegenüber, obwohl diese noch nicht nachgefragt worden seien. "Allerdings müssen sie einen liturgischen Rahmen haben – dürfen also keine Showveranstaltungen sein."

Hochzeitstorte to go

Bislang eine kirchliche Trauung gab es heuer in der katholischen Kirchengemeinde Roth. Pfarrer Christian Konecny: "Dem Brautpaar war die Zeremonie in der Kirche – trotz aller Hygienevorschriften – wichtiger als die Feier danach", sagt der Geistliche.


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Nach dem Gottesdienst hätte es jedoch kleine Kuchen zum Mitnehmen gegeben. Einige heiratswillige Paare hätten zudem bereits signalisiert, erst 2022 heiraten zu wollen.

Definitiv nein. Elisa Santella kann ihrem Job als Wunscherfüllerin zurzeit nicht nachgehen. Ihr Ziel bei Hochzeiten ist es ansonsten, Menschen glücklich zu machen, Ideen zu finden, um Wünsche umzusetzen und kahle Räume in eine Traumlocation zu verwandeln.

Viele Verschiebungen

An die letzte Hochzeit, die sie planen durfte, kann sie sich spontan nicht erinnern. "Ich glaube, das war im Sommer 2020." Seither sind es eher lose Buchungsanfragen oder Verschiebungen von anvisierten Terminen. "Ich glaube, es ist bald rascher möglich, kleinere Hochzeiten durchzuführen, als größere Feierlichkeiten zu planen", sagt sie. Wunderschön seien in diesem Zusammenhang Feiern im Freien, beispielsweise im Schlosshof oder im Schlossgraben.

Eigentlich wollte in diesem Jahr das Schwabacher Brautmodengeschäft Romeo & Julia 20-jähriges Bestehen feiern. Doch danach ist Inhaberin Cornelia Bergler nicht zumute. "Insgesamt eine sehr traurige Zeit, denn die Brautpaare wissen nicht, wann sie endlich in großem Rahmen mit Verwandten und Freunden anstoßen können."

Für Cornelia Bergler ist das besonders tragisch: Drei Viertel der Bräute, die 2020 heiraten wollten, haben ihr Vorhaben zurückgestellt. "Normalerweise ist die Zeit von Dezember bis März bei uns im Geschäft Hauptsaison, da machen wir 80 Prozent des Jahresumsatzes. Heuer ist die Nachfrage verschwindend gering ausgefallen, das zehrt bei uns an den Nerven."

Rund 300 Brautkleider hat Bergler auf Lager. Doch für den ganz großen Auftritt sei die Unsicherheit bei den Heiratswilligen viel zu groß. Für den schönsten Tag des Lebens, die Hochzeit, sind auch 2021 die Hürden hoch und die Perspektiven gering.

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