Hospizverein Hipoltstein-Roth kriegt keine Förderung

17.3.2018, 06:00 Uhr
Hospizverein Hipoltstein-Roth kriegt keine Förderung

Der Hospizverein Hilpoltstein-Roth wollte am 9. März eigentlich seinen 20. Geburtstag feiern. Mit Sekt und Häppchen und einer stolzen Bilanz auf langjährige Arbeit von mittlerweile fast 30 Ehrenamtlern; mit dem Wissen, dass der Verein in vielen Familien wirklich Not wendet, Menschen auf ihrem letzten Stück Lebensweg intensiv begleitet.

Der Verein ist ausgezeichnet aufgestellt, hat inzwischen einen eigenen Koordinator angestellt, weil man sogar eine Spezialisierte ambulante Palliativ-Versorgung (SAPV), also die Begleitung der Sterbenden zuhause, umsetzen kann, sodass schwerstkranke Patienten nicht in die Klinik – und möglicherweise wieder von dort nach Hause – gefahren werden müssen.

Genau da aber hat sich die Crux versteckt: Der Verein stellte diesen Koordinator Anfang Januar 2017 für eine 30-Stunden-Woche ein. Diakon Dieter Steger, der das Amt seitdem gut und gewissenhaft bekleidet, kümmert sich um die Koordination, wann wo welche Ärzte, Pfleger und Hospizbegleiter bei sterbenskranken Menschen sein müssen und wie sie sie bestmöglich betreuen – die Palliativmedizin zuhause bedeutet zum Beispiel, dass auch Pflegekräfte Morphiumspritzen geben und alles tun können, was den Patienten ihre letzte Wegstrecke erleichtert.

Für die ambulante Palliativ-Versorgung wird das Gehalt des dafür zwingend erforderlichen Koordinators von den Krankenkassen bezahlt, wenn der Hospizverein einen Antrag auf Förderung stellt. Die Kassen haben dafür einen speziellen Fördertopf und schütten den Betrag etwa zur Jahresmitte rückwirkend aus.

Der Hospizverein Hilpoltstein-Roth unter dem Vorsitz von Agathe Meixner hat sich für den komplizierten Antrag laut Sozialgesetzbuch extra beraten lassen vom Bayerischen Hospiz- und Palliativ-Verband (BHPV). Und der Verband befand: Alles in Ordnung, so kann der Förderantrag für das Jahresgehalt des Koordinators und die laufenden Bürokosten des ansonsten komplett ehrenamtlich arbeitenden Vereins eingereicht werden.

Was der Berater des Verbandes aber nicht erwähnte: Wenn der Hospizverein den Antrag auf die Förderung stellt, muss der Koordinator bereits eingestellt sein. Der Hospizverein jedoch hatte Koordinator Steger im Januar 2017 eingestellt. Die Fördersumme wird nur ausbezahlt, wenn der Vertrag mit Steger bereits im Dezember ausgestellt gewesen wäre. Das aber erfuhr Agathe Meixner erst viel später auf mehrmalige Nachfrage.

Zunächst hat der Verein davon erst einmal nichts bemerkt, weil der Förderbetrag, eine mittlere fünfstellige Summe, eh erst Mitte des Jahres überwiesen werden sollte. Dann aber kam kein Geld, sondern nur eine kurze Mitteilung des BHPV, dass eine Ablehnung möglich sei.

Ein paar Tage früher...

Der Verein hakte nach, erfuhr nichts, erst im Oktober wurde Agathe Meixner die Ablehnung schriftlich mitgeteilt. Ein Widerspruch sei ebenfalls nicht behandelt worden, erst im Februar wusste die Vereinsvorsitzende, dass auch der Widerspruch zurückgewiesen wurde. Und sie musste zur Kenntnis nehmen, dass ein Vertragsabschluss Ende Dezember 2016 zur Förderung berechtigt hätte.

"Ein paar Tage früher", klagt Vereinsvorsitzende Meixner, "und wir hätten das ganze Problem nicht". Sogar rückwirkend hätte man den Vertragsabschluss noch auf Ende Dezember terminieren können – "denn wir wollten den Koordinator ja wirklich unbedingt einstellen, gern auch ein paar Tage früher". Das aber wusste niemand im Verein, weil der Verbandsberater nichts davon gesagt habe — "wissend", wie Vorstandsmitglied Rettlinger meint.

Die Haftungsfrage des BHPV will der Verein eventuell prüfen, allerdings gebe sich der Verband "völlig unbeteiligt", kritisiert Meixner resigniert.

Klage vor dem Sozialgericht

Dazu erklärte der Geschäftsführer des BHPV, Dr. Erich Rösch, auf Nachfrage jedoch, dass sein Verband die Haltung des Hospizvereins für richtig hält: "So wie der Verein den Antrag gestellt hat mit Einstellung des Koordinators zum 1. Januar ist der Antrag auch richtig." Er, Rösch, habe dem Verein deshalb zur Klage vor dem Sozialgericht geraten, denn die Rahmenvereinbarung in dem Förderantrag sei so verklausuliert, dass nicht klar herauszulesen ist, wann der Koordinator eingestellt sein muss. Bei der Beratung des Vereins habe er allerdings noch nicht gewusst, "wie die Kassen den Antrag zu ihren Gunsten auslegen".

Für den Verein gibt es jetzt jedenfalls erstmal kein Geld aus dem Kassentopf, und der Vereinsvorstand bleibt auf den Kosten sitzen.

Währenddessen musste das Gehalt für Koordinator Steger natürlich bezahlt werden. Kassierin Marina Urner musste das Vereinsvermögen angreifen, um zumindest die Hälfte bezahlen zu können. Glücklicherweise habe man mit den Rummelsbergern ein Stundungs-Agreement vereinbaren können, "aber der Betrag muss ja bezahlt werden". Auch die laufenden Bürokosten seien fällig, denn selbst dafür gab es kein Fördergeld.

Wie die Sache ausgeht? Für 2018 ist der Vertrag jetzt ordnungsgemäß unterzeichnet. Aber die Gehaltskosten für das Jahr 2017 drücken den Verein, der sowieso dringend auf Spenden angewiesen ist. Man könne nur hoffen, so die Vorsitzende, "dass das Image unseres Vereins nicht leidet".

Auf jeden Fall will man gegen die Ablehnung klagen. Der Fachanwalt, der den Hospizverein vertritt, räumt ihm gute Chancen ein, weil — wie auch Dr. Rösch vom BHPV kritisiert — die Rahmenvereinbarung "so unklar und schwammig formuliert ist", dass die Klage Erfolg verspreche.

Das dauere zwar mindestens ein Jahr, und die Anwaltskosten muss der Verein in jedem Fall selbst tragen, "aber wir wagen es, weil die Chancen groß sind und weil es wichtig ist, ein Beispiel zu geben", sagt die Vorsitzende mit Blick auf einen anderen Hospizverein, der ebenfalls gegen einen Ablehnungsbescheid geklagt hatte — mit Erfolg.

Für einen Hoffnungsschimmer könnte die Paula-Kubitschek-Vogel-Stiftung sorgen: Die Stiftung unterstützt Projekte der Hospizarbeit und hilft Vereinen in solchen Fällen. Sie hat eine Anschubfinanzierung in Aussicht gestellt.

Geschäftsführerin Anne Rademacher war bereits in Roth zu Gast, um Details zu erfahren. Entschieden wird jedoch erst im April.

Bis dahin wird beim Hospizverein Hilpoltstein-Roth weiterhin jeder Cent zwei Mal umgedreht. "Deshalb", sagt Meixner, "ist uns im Moment gar nicht nach Feiern zumute".

Außerdem wolle man nicht auch noch Geld für Sekt und Häppchen ausgeben, wenn man eh keins hat.

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