Kampf um Barrierefreiheit am Georgensgmünder Bahnhof

26.7.2018, 14:54 Uhr
Kampf um Barrierefreiheit am Georgensgmünder Bahnhof

© Foto: R. Schmitt

"Holen Sie sich die Zugtaufe nach Hause, Herr Schwarz." Mit dieser Ansprache hatte die Bahn vor kurzem Georgensgmünd zu einem außergewöhnlichen Wettbewerb aufgerufen.

Alle Gemeinden mit Haltepunkt entlang der Bahnstrecke Nürnberg-Treuchtlingen-Ingolstadt-München sind angeschrieben worden, um mit einer "selbstgewählten Aktion, die alle begeistert", so die Bahn wörtlich, "die Zugtaufe zu sich in die Gemeinde zu holen".

In Georgensgmünd war das ein "Tragedienst", der Menschen mit Behinderung am vergangenen Mittwoch von 8 bis 18 Uhr abwärts und aufwärts über die Treppen zum Bahnsteig brachte. Ben Schwarz selbst übernahm mehrere Schichten. Pagenkappe und Service-Schild wiesen ihn als Träger aus. Motto: "In Gmünd kommen ALLE zum Zug. Zumindest heute."

Jede Schicht war mit drei Personen besetzt und dauerte eine Stunde. Dabei hat sich etwa die Hälfte des Gemeinderats beteiligt. Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung sowie des Bauhofs waren freiwillig im Einsatz. Vertreter örtlicher und regionaler Organisationen gehörten ebenfalls zum Trage-Personal.

Mit von der Partie waren der VdK mit Kreisvorsitzendem Heinz Bieberle und Ortsvorsitzender Dorit Leikam, das Rother Inklusions-Netzwerk mit Chef Paul Rösch sowie den Gmündern Thea Krach und Theodor Neuerer, der Seniorenbeirat mit Vorsitzender Elisabeth Rößler sowie Klaus-Günther Mattlat vom Bundesverband Selbstbestimmung Körperbehinderter (BSK) und der Asylhelferkreis.

Am frühen Morgen war auch Landrat Herbert Eckstein zum Georgensgmünder Bahnhof gekommen, um der Truppe zur Aktion zu gratulieren und sie für ihre "tragende Rolle" zu motivieren.

Ben Schwarz hatte sich nämlich nicht von den Beispielen aus dem Schreiben der Deutschen Bahn inspirieren lassen. Demnach hätten die Bürgermeister im Altenheim kochen, Hunde ausführen oder als Marktschreier auftreten sollen. Schwarz aber wollte den fehlenden Aufzug am Bahnhof in Gmünd ins Spiel bringen. Schließlich kämpfen die Gmünder und ihre Mitstreiter bereits seit 2006 um Barrierefreiheit am örtlichen Verkehrsknotenpunkt.

Ein echter Fortschritt in Richtung "Zugang für alle" zum Bahnsteig gen Süden ist allerdings bislang nicht erreicht worden.

Erst kürzlich hat die Gemeinde auf eigene Kosten eine Machbarkeitsstudie dazu erstellen lassen. Ergebnis: Die beiden Aufzüge lassen sich mit vertretbarem Aufwand einbauen. Ein zusätzlicher Übergang im Süden wäre ebenfalls möglich. Die Überzeugungsarbeit geht weiter:

Schwarz selbst wird es auch sein, der das am Mittwoch entstandene gesamte Foto- und Videomaterial sichten und zu einem informativen Zwei-Minuten-Video über die Aktion und ihre Hintergründe zusammenstellen will. Dafür hat er auch Interviews geführt.

Bis Freitag, 3. August, soll der Kurzfilm bei der Bahn sein; er wird, zusammen mit den anderen Wettbewerbsbeiträgen, unter www.bahn.de/mnx zur öffentlichen Online-Abstimmung hochgeladen.

Von 6. August bis 2. September kann dort dann jedermann das aus seiner Sicht beste Video auswählen. Dank der Raffinesse des Gmünder Bürgermeisters könnte es auch eine Abstimmung über die Dringlichkeit der Barrierefreiheit am Georgensgmünder Bahnhof werden.

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