Kindergärten: Der Mundschutz kann verunsichern

27.4.2020, 15:32 Uhr
Kindergärten: Der Mundschutz kann verunsichern

© Foto: Christian Charisius/dpa

Zunächst soll die Notfallbetreuung ab dem 27. April ausgeweitet werden und künftig auch von Kindern in Anspruch genommen werden dürfen, in deren Familien nur ein Elternteil in einem systemrelevanten Beruf arbeitet. Die Notbetreuung sieht vor, dass eine geringe Anzahl von Kindern in den Einrichtungen betreut wird. Am 15. April waren dies im Landkreis 139 Kinder in 55 verschiedenen Einrichtungen.

Komplexe Situation 

Laut Ilse Hoffinger vom Landratsamt Roth haben sich bereits einige Menschen über das Bürgertelefon gemeldet, um mehr über die Notbetreuung zu erfahren. Die Landratsämter oder gar die Kindergärten und Kitas selbst dürfen keine Konzepte für eine erweiterte Kinderbetreuung entwickeln. Ausschlaggebend sind die Weisungen der Regierung.

Die Situation ist für die älteren Kindergartenkinder bis zum Grundschulalter besonders kompliziert. Zunächst einmal ist es schwieriger, ihnen die allgemeine Situation zu erklären, als sie Schulkindern klarzumachen. Eine geringe Anzahl Mädchen und Buben in der Betreuung und Erzieherinnen, die Mundschutz tragen – all das kann die Kinder verunsichern. Kinderbetreuung ohne Körperkontakt ist zudem spätestens dann nicht mehr zu gewährleisten, wenn ein Kind zum Beispiel hinfällt, weint und Hilfe braucht.

Empfehlungen einer Expertin 

Prof. Dr. Roswitha Sommer-Himmel, die Leiterin des Kompetenzzentrums Pädagogik und Entwicklung in der Kindheit der Evangelischen Hochschule Nürnberg, empfiehlt deshalb, die Fragen, die die Kindergartenkinder stellen, ernst zu nehmen und diese möglichst ehrlich und kindgerecht zu beantworten. Die Räumlichkeiten des Kindergartens und die Tatsache, dass sich die Kindergartenkinder dort regelmäßig unter ihresgleichen aufhalten, sei sehr wichtig. Dort könnten sie ihre ersten eigenen Freundschaften, abseits von Geschwistern knüpfen und pflegen und ihre eigene Identität festigen. Dieser Erfahrungsraum und das Miteinander der Kinder unterstütze auch die innere Vorbereitung auf die künftige Schulkindrolle.

Die Kommission Pädagogik der frühen Kindheit der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft hat unlängst eine Ad-Hoc-Stellungnahme zur Notbetreuung veröffentlicht, in welcher die vielen Aufgaben die in Kindertagesstätten und deren Relevanz für die Kindesentwicklung nochmal aufgezeigt wird. Deshalb fordert die Kommission eine zeitnahe Öffnung der öffentlichen Bildung, Erziehung und Betreuung für Kinder – unter Beachtung des notwendigen Schutzes der Gesundheit.

Positive Gedanken 

Doch trotz der Krise kann man auch positive Schlüsse aus der derzeitigen Situation ziehen. Susanne Fuchs, Einrichtungsleiterin des LBV-Kindergartes Arche Noah in Hilpoltstein, berichtet, dass einige Eltern die neu gewonnene Familienzeit genießen und sie als einmalige Gelegenheit ansehen. Schließlich kommt ausgiebige Familienzeit im Alltag oft zu kurz.

Doch auch dabei gilt es zu unterscheiden: Während manche Familien den Kindern viel Platz im Haus mit Garten bieten können, haben andere weder Balkon noch Terrasse. Dies erschwere die Betreuung der Kinder. Auch könnten sich familiäre Konflikte wegen des engen Zusammenlebens verstärken. Der LBV hat außerdem den LBV-Familientipp initiiert, der allen Interessierten online zugänglich ist. Dort sind gute Ideen für Spiele und abwechslungsreiche Beschäftigungen für Kinder beschrieben.

Wie geht es nun weiter? Je länger die Schließung dauert, desto schwieriger wird die Situation für die Kinder, so Ilse Hoffinger. "Wenn die Kinder wiederkommen, ist eine neue Eingewöhnung in den Alltag der Kita nötig." Wann dies letztendlich so weit ist, ist ungewiss. "Es ist nicht zu planen," sagt Ilse Hoffinger. Die Kitas und Kindergärten müssen auf die Anweisungen "von oben" warten.

Keine Kommentare