Koryphäe für Pilze und Finanzen

25.8.2009, 00:00 Uhr
Koryphäe für Pilze und Finanzen

© Pühn

Drei Fernsehauftritte, rund 20 Rundfunksendungen, fast 5000 Beratungen, über 2000 telefonische Auskünfte und zudem Buchautor. Rudolf Rossmeissl hat es zu einer gewissen Berühmtheit gebracht. Wenn auch nicht in seinem Hauptjob. Als Kreiskämmerer hatte der jetzt 63-Jährige seine Arbeit 15 Jahre lang zur allgemeinen Zufriedenheit erledigt. Was schon einiges heißen will. Schließlich musste er es Politikern aller Schattierungen und seinem Dienstherren recht machen. Eingebracht haben ihm Fleiß und Zuverlässigkeit Beförderungen bis hin zum Verwaltungsoberamtsrat. Ruhm und das Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten aber gab es für Rossmeissls ehrenamtliches Engagement in Sachen Pilzberater.

Abschied von den Kollegen

Am Donnerstag verabschiedet sich Rudolf Rossmeissl im Sozialraum des Landratsamtes von seinen Kolleginnen und Kollegen. Einige Tage später beginnt die Freistellungsphase seiner Altersteilzeit. 45 Dienstjahre liegen hinter dem Beamten. 31 Jahre davon befasste er sich mit den Finanzen des Landkreises. Zuvor stellte er acht Jahre lang in der Verwaltung der Kreisklinik und ein Jahr in der Sozialhilfe seinen Mann.

Wenn Rossmeissl aus seinem Arbeitsleben erzählt, ist keineswegs von einer staubtrockenen Materie die Rede. Vielmehr von einer durchaus spannenden Aufgabe. Fast das ganze Jahr hindurch gehörte seine Aufmerksamkeit und die seiner sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dem Haushalt des Landkreises. Wen wundert’s, bei nicht weniger als 3278 Haushaltsstellen respektive alljährlich 3278 Mittelanforderungen.

Zunächst erscheinen diese Wunschvorstellungen als so genannter Wunschhaushalt, erzählt Rossmeissl. Das anschließende Streichkonzert kann in der Politik schon mal für Dissonanzen sorgen. Doch vom Kreistag abgelehnt wurde der Kreishaushalt in der Ära Rossmeissl nie. Zehn Mal in 16 Jahren fiel die Zustimmung der Kreisräte sogar einstimmig aus. 1996 benötigte Rossmeissl beziehungsweise der Kreistag das erste und bislang einzige Mal einen Nachtragshaushalt.

Ein regelmäßiger Diskussionspunkt ist die Höhe der Kreisumlage. Jene Beträge, mit denen die Kommunen den Großteil der Pflichtaufgaben des Kreises finanzieren. Rückblickend aber bescheinigt Rossmeissl der Politik, stets vernünftige Entscheidungen getroffen zu haben. Das hauchdünne Votum für die Müllverbrennung als größter Streitpunkt in den vergangenen Jahren habe sich, so der Kämmerer, ebenfalls als richtig erwiesen.

Investiert wurden in der Ära Rossmeissl rund 124 Millionen Euro. Größter Brocken war dabei die Erweiterung der Kreisklinik. Auf Rossmeissls gesamte Amtszeit bezogen, floss das meiste Geld in die Bildung beziehungsweise in Schulhäuser.

Wie wohl alle Hüter von Landkreisfinanzen hob auch Rudolf Rossmeissl bei den entsprechenden Beratungen stets mahnend den Zeigefinger. Aus gutem Grund, nimmt man den Schuldenstand als Gradmesser für den finanziellen Spielraum der Gebietskörperschaft. Als Rudolf Rossmeissl die Nachfolge von Horst Ploner antrat, hatten sich Schulden in Höhe von 13,3 Millionen Euro angehäuft. Zwischendurch war diese Säule im Finanzgefüge bis auf 35,3 Millionen Euro gestiegen (2001). Seinen Nachfolger Jürgen Lafère «vererbt» Rossmeissl «nur» noch 23 Millionen Euro an Verbindlichkeiten.

Als Schulden-Kämmerer sieht sich Rossmeissl aber keineswegs. Der Landkreis hat in dieser Zeit nämlich viele große Projekte geschultert. Die nächste Herausforderung steht übrigens schon an. Der Landkreis erfüllt sich bekanntlich in Wendelstein mit dem Bau eines dritten Gymnasiums einen langgehegten Wunsch. Unabhängig davon befürchtet der scheidende Kämmerer, dass die fetten Jahre vorbei sein könnten.

Rudolf Rossmeissl dürfte aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme nach einem Oberschenkelhalsbruch nicht gerade unglücklich sein, dass er als künftiger Hausmann in etwas ruhigeres Fahrwasser gerät. Doch ohne Wenn und Aber verabschieden will sich der zweifache Großvater dennoch nicht. «Schließlich bin ich ja noch Kreispilzberater.»

Vier Semester hatte der Rother an der VHS Nürnberg gepaukt, ehe er vor gut 30 Jahren die Pilzberaterprüfung der Deutschen Gesellschaft für Mykologie ablegte. Inzwischen ist Rossmeissl auf diesem Gebiet längst eine Koryphäe. Über 70 Mal bereits musste der Rother Experte bei Giftnotrufen, die aus ganz Deutschland eintreffen können, oft schwierwiegende Entscheidungen treffen. Bislang lag er zum Glück stets richtig.

Gallenröhrling statt Steinpilz

Was die Beratung von Pilzsammlern betrifft, wird Rossmeissl vielleicht noch in den kommenden Monaten die Zahl von 5000 übertreffen. Weil der 63-Jährige gewohnt ist, genau Buch zu führen, kann er belegen, dass im Landkreis Roth giftige Pilze durchaus ein Thema sind. Bei insgesamt 12 150 Pilzproben entdeckte er 1480 giftige Exemplare (12,18 Prozent). 287 davon auf einen Schlag, als zwei Studenten aus Schwabach statt der erhofften Steinpilze zwei Säcke voll Gallenröhrlinge anschleppten.

Für Pilzsammler gilt der Landkreis Roth aufgrund der Beschaffenheit der Böden zwischen Wendelstein und Greding als gutes Pflaster. Auf Sand-, Letten-, Humus- oder Kalkboden gedeihen nicht weniger als 3200 verschiedene Pilzsorten. Einige davon gelten als europaweite Erstfunde. Doch Achtung, sagt Rudolf Rossmeissl. Die essbaren Pilze seien in der Minderzahl. Deshalb nur solche Pilze ins Körbchen, bei denen man sich absolut sicher sei. Schließlich gibt es auch in der Region 13 Pilzsorten, die von den Experten als «tödlich giftig» eingestuft werden. Besonders gefährdet seien Hunde und Katzen, weiß Rossmeissl.

Aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme kann der Experte nur noch selten Pilzlehrwanderungen anbieten. Die Beratungen dagegen führt er weiter durch. Wenn auch nicht mehr im Landratsamt, sondern bei sich zu Hause in der Von-Vollmar-Straße 49. «Vorher anrufen», bittet Rossmeissl, dann würde er jederzeit zur Verfügung stehen (Telefon 0 91 71/16 04).

Der scheidende Kämmerer ist im übrigen fest überzeugt davon, dass es ihm ohne Finanzplanung und Investitionsprogramm nicht langweilig wird. Zum einen bleiben die Pilze sein großes Hobby und zum anderen will er verstärkt Heimat- und Ahnenforschung betreiben.

Instandhaltungsarbeiten beschäftigten Rossmeissl in den vergangenen Jahren hauptsächlich als Kostenstelle im Haushalt. Jetzt ruft offensichtlich die Praxis. «Meine Frau dürfte das Eine oder Andere schon im Hinterkopf haben». HANS PÜHN