Landkreis Roth: Was vom Sturm im August 2019 übrig ist

11.4.2020, 17:43 Uhr
Landkreis Roth: Was vom Sturm im August 2019 übrig ist

© Foto: Robert Gerner

Wie dem auch sei: Der Spuk mit extremen Windgeschwindigkeiten und sintflutartigem Regen dauerte kaum zehn Minuten. Doch diese Minuten hatten es in sic:. In den Wäldern brachen Bäume entweder in ein oder zwei Meter Höhe wie Streichhölzer ab oder wurden mitsamt ihrer Wurzeln aus dem Boden gerissen. Südlich von Georgensgmünd fiel ein Baum auf einen ICE. Der Zug konnte erst nach Stunden evakuiert werden, weil sich die Helfer den Weg erst mühsam freischneiden mussten.

Im Spalter Land wurden die Hopfengärten regelrecht umgemäht. Die Kreisklinik Roth war vorübergehend von der Außenwelt abgeschnitten. Im Schwabacher Stadtteil Obermainbach flog das Dach eines Kuhstalls auf die Straße, in Pruppach krachte die namensgebende Linde des Gasthauses in den Biergarten, in dem noch eine Minute zuvor Dutzende von Menschen gesessen hatten. In Roth wurden die Dächer zweier Schulen teilweise abgedeckt.


August 2019: Millionenschäden durch Unwetter, keine Verletzten


Das vielleicht größte Glück im Unglück: Die Schäden waren zwar enorm, vermutlich gehen sie in die Millionen. Doch wie durch ein Wunder gab es weder Tote noch Verletzte. Und dieses Glück im Unglück setzte sich in den vergangenen Monaten fort. "Nach solch massiven Schäden im Wald gibt es bei den folgenden Aufräumarbeiten eigentlich immer Verletzte, wenn nicht Schlimmeres", sagt Peter Tretter, der Abteilungsleiter Forst am Rother Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF). "Das war nach dem August-Sturm glücklicherweise anders."

Es war anders, weil die Waldbesitzer ganz offenbar sehr behutsam vorgegangen sind. Und weil sie sich angesichts der kreuz und quer übereinander gestapelten Baumstämme professionelle Hilfe geholt haben. "Teilweise waren bis zu zwölf Harvester gleichzeitig im Einsatz", erinnert sich Tretter. 90 Prozent der Schäden, so schätzt der Fachmann, sind inzwischen aufgearbeitet. Doch noch immer rattern rund um Georgensgmünd, Büchenbach, Rednitzhembach und Roth in den Wäldern die Motorsägen. Denn die restlichen zehn Prozent wollen ja auch noch in Ordnung gebracht werden.

Drei Forstreviere schwer getroffen

160 Hektar Wald, so schätzen die Forstexperten, wurden am Abend des 18. August 2019 entweder schwer in Mitleidenschaft gezogen oder sogar ganz zerstört. Zu Beginn hatte das AELF vermutet, dass 20.000 Festmeter Sturmholz im Wald liegen. Doch schon nach ein paar Tagen war klar, dass die Zahl nicht zu halten sein würde. Peter Tretter korrigierte sie auf 75.000 Festmeter nach oben – und sieht sich jetzt darin bestätigt. "Die 75.000 Festmeter scheinen eine Punktlandung zu werden." Damit sind die Schäden auf lokaler Ebene größer als in den 1990-er- und 2000-er-Jahren durch die Orkane Wiebke (1990), Lothar (1999) und Kyrill (2007).

Und: Richtig schwer getroffen waren ja "nur" die drei Forstreviere Roth (zuständig für Roth, Rednitzhembach und Büchenbach), Georgensgmünd (zuständig für Georgensgmünd und Hilpoltstein) und Spalt (zuständig für Spalt und Abenberg). Die anderen zehn Reviere des AELF blieben, bis auf wenige Ausnahmen wie eine größere Waldfläche bei Kammerstein, weitgehend verschont. Verglichen damit waren die Schäden durch die Winterstürme im Januar und Februar mit etwa 10.000 Festmeter Sturmholz, allerdings verteilt auf alle 13 Reviere, sehr überschaubar.

Noch Nachholbedarf

So zufrieden Abteilungsleiter Peter Tretter mit der Aufarbeitung der Sturmschäden ist, in einem Punkt sieht er noch Nachholbedarf: "Es ist im zeitigen Frühjahr noch zu wenig nachgepflanzt worden." Tretter hat allerdings Verständnis dafür: "Viele Privatwaldbesitzer haben die Nase voll vom Wald", sagt er. Jahrelang hätten sie gegen Trocken- und Käferschäden gekämpft, dann sei der Sturm gekommen. Jetzt müssten sie wieder viel Zeit investieren.

Wobei das "Jetzt" eigentlich schon vorbei ist. Bis vor zwei oder drei Wochen wäre die Pflanzzeit optimal gewesen. Doch aktuell ist es, wie in den Vorjahren, schon wieder viel zu trocken. Immerhin: Die Sturmschäden bieten prinzipiell die Chance, den Wald schneller klimagerecht umzubauen. Aus Kiefer-Monokulturen soll ja nach und nach ein gesunder Mischwald werden, der wärmeren Temperaturen und längeren Trockenphasen besser standhält. Doch davon muss man viele Waldbesitzer überzeugen. Und die für das Frühjahr angekündigte Sammelberatung musste abgesagt beziehungsweise verschoben werden. Wegen eines ganz anderen Sturms, der über die ganze Welt hinweggefegt ist: Corona.


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