Laubwald statt Kiefer: Klimawandel erzwingt Umbau

22.1.2019, 16:05 Uhr
Laubwald statt Kiefer: Klimawandel erzwingt Umbau

© Foto: Robert Schmitt

Seit April 2018 läuft im nördlichen Landkreis Roth das gegenwärtig größte Projekt Bayerns im Privatwald. Angeregt und zum Laufen gebracht hat es der Abenberger Förster Peter Helmstetter. Sein Kollege Lukas Ullrich überwacht die Arbeiten vor Ort. An vier Standorten werden bis April 400 000 junge Bäume neu gepflanzt sein. Rotbuchen, Traubeneiche, Esskastanie, Hainbuche und Spitzahorn sollen einen kräftigen Laub-Mischwald entstehen lassen, wie er im historischen Deutschland der germanischen Stämme ausschließlich zu finden war. Er wird den prognostizierten höheren Durchschnittstemperaturen viel eher gewachsen sein als die Kiefer. Dafür fließen über 500 000 Euro Förderung in den Landkreis.

Ende der Kieferwälder

Das Ende der flächendeckenden Kiefernwälder im Landkreis Roth ist absehbar. Sie werden in den kommenden 150 Jahren massiv zurückgehen. Vereinzelt ist sogar zu hören, die Kiefer werde vollständig aussterben.

Doch nicht nur für neue Nachwuchsbäume gibt es Geld aus München, auch für junge Eichen zahlt der Freistaat. "Unser bester Mitarbeiter ist der Eichelhäher", sagt Bereichsleiter und Forstwirt Dr. Christian Kölling. Er spricht damit jene Bäume an, die sich aus den vergrabenen Vorräten des Vogels entwickeln. Sobald sich eine bestimmte Anzahl von Eichen pro Hektar nachweisen lässt, wird deren Pflege mit 300 Euro Staatsgeld pro Hektar unterstützt.

Besonders gut hat sich der Inbegriff des deutschen Laubbaums in den vergangenen Jahren auf den Flächen von Richard Gußner aus Walpersdorf und Hans Erlbacher aus Büchenbach entwickelt. Nicht zufällig. "Vor 15 Jahren ist hier durchforstet worden", sagt Richard Gußner. Denn das ist die Voraussetzung für die gute Entwicklung neu gepflanzter Bäume: ausreichend Licht und Wasser.

Umbau lohnt sich

Deshalb ist die Durchforstung, also die Holzernte, der erste Schritt beim Waldumbau. Zwischen Büchenbach und Walpersdorf beteiligen sich 20 Waldbesitzer mit etwa 45 Hektar daran. Dort sind 6300 Festmeter Holz geschlagen worden. In etwa drei Wochen wird die Firma Gracklauer auf 42 Hektar davon 144 000 junge Pflanzen eingebracht haben. 34 Förderanträge haben 210 000 Euro aus der Landeshauptstadt erbracht. Pro Hektar fällt für jeden Waldbesitzer noch ein Eigenanteil von 600 bis 700 Euro an. Dennoch lohnt es sich für alle Beteiligten. "Die Kiefer bringt pro Hektar zwischen 2000 und 3000 Euro ein", sagt Franz Gmelch von der Forstbetriebsgemeinschaft Schwabach-Heideck (FBG), die sich um Abtransport und Vermarktung der geschlagenen Bäume kümmert. Drei Viertel des Holzes gehen in die Produktion. Ein Viertel sorgt als Sägemehl und Hackschnitzel für Wärme. Rechnet man die geschlagenen Bäume aller vier Gebiete zusammen, kommt man auf geerntetes Holz im Umfang von knapp 17 000 Festmetern.

Neben den Waldstücken zwischen Büchenbach und Walpersdorf waren es seit April 2018 weitere Wälder im Landkreis-Norden, die fit gemacht wurden für die Folgen des Klimawandels. Zwischen Albersreuth und Günzersreuth hat die FBG 45 Hektar durchforstet. Dort sind für 18 Eigentümer 5300 Festmeter Holz geerntet und anschließend auf 42 Hektar 150 000 junge Bäume gepflanzt worden. Nach 25 Förderanträgen flossen dafür über 210 000 Euro aus München in die beiden Ortsteile der Gemeinde Kammerstein.

Am Prünster Weg zwischen dem Rohrer Ortsteil Prünst und dem Hauptort der Gemeinde sind für acht Waldbesitzer auf 20 Hektar 4000 Festmeter Holz gefällt worden. Gepflanzt hat man danach auf derselben Fläche etwa 70 000 Bäumchen. Zehn Anträge auf Förderung spülten über 100 000 Euro in die Kassen der Prünster Waldbauern. Im Frohnholz, ebenfalls zwischen Prünst und Rohr, sind zehn Hektar von fünf Waldeigentümern durchforstet worden. Dabei konnte die Forstbetriebsgemeinschaft 1000 Festmeter Holz abschöpfen. Im Anschluss sind auf acht Hektar 28 000 junge Bäume eingebracht worden. Sechs Förderanträge ergaben dafür Zuschüsse von über 40 000 Euro.

Keine Zäune

Aufgrund der großen Menge neuer Pflanzen ist die Gefahr des Verbisses durch Rehe nicht so bedeutend. Entsprechend wird kein Zaun gebraucht, dessen Kosten anderenfalls den Gewinn der Waldbesitzer auffressen würden. Ferner sind auch die Jagdgenossenschaften in die Umbau-Aktionen miteinbezogen. Denn das Landratsamt legt als Untere Jagdbehörde je nach Verbiss Abschussquoten fest, die dann jeder Revierjäger in seinem Gebiet umsetzen soll. Für Rehe sind junge Laubbäume besonders lecker.

Die Aktion des Rother Amts für Landwirtschaft und Forsten ist nicht die erste dieser Art in den Wäldern des nördlichen Landkreises Roth. 2011 hat Peter Helmstetter bereits einmal Waldbauern und Jäger aus Rohr für ein Pilotprojekt in Bayern gemeinsam an den Tisch der Forstverwaltung geholt. Dabei konnten auf 60 Hektar 200 000 junge Laubbäume in den Wäldern um Rohr angesiedelt werden. Selbst der damalige Landwirtschaftsminister Helmut Brunner war bei einem Besuch beeindruckt.

Mit von der Partie war auch der Waldreferent des Bund Naturschutz (BN) in Bayern. Ralf Straußberger wohnt in Rohr und hat die Initiative das Amts damals für seine eigenen Waldflächen in Göddeldorf und Seitendorf unterstützt. Diesmal ist er als Waldbesitzer in Prünst betroffen. "Ausschließlich gemischte Laubwälder werden die Folgen des Klimawandels verkraften", so der Straußberger. Nach seinen Beobachtungen stirbt die Kiefer schon jetzt an vielen Stellen in Mittelfranken großflächig ab.

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