Legehennen wohnen jetzt im Partyzelt

6.4.2021, 05:00 Uhr
Legehennen wohnen jetzt im Partyzelt

© Foto: Tobias Tschapka

An der Staatsstraße Richtung Freystadt fallen kurz nach dem Hilpoltsteiner Ortsschild links sofort zwei große Partyzelte auf. Wo der landwirtschaftliche Betrieb Harrer aus Altenhofen einen großen Kuhstall, eine gut frequentierte Milchtankstelle zum "Selbstzapfen" sowie zwei mobile Hühnerställe betreibt, sind die weißen Zelte angedockt. Feiert dort das Federvieh eine Party, oder steht gar eine Vogelhochzeit an?

Vogelgrippe

Nein, das Ganze hat einen ernsten Hintergrund. Denn seit in Hofstetten ein Fall von Vogelgrippe unter Gänsen festgestellt wurde, liegt um den Hilpoltsteiner Ortsteil eine Zehn-Kilometer-Beobachtungszone, in der auch das landwirtschaftliche Anwesen der Familie Harrer liegt. Dieses kennen viele, denn dort kann jeder vorbeikommen. Nicht nur, um sich frische Milch oder Eier und andere Erzeugnisse aus dem Automaten im "Milchhäusl" zu ziehen – man kann auch Kälbchen streicheln oder die üblicherweise im umzäunten Bereich frei laufenden Hühner beim Scharren und Picken beobachten.

Vor allem Familien mit Kindern zieht es zum "Harrer-Hof". Um – wie es von behördlicher Seite angeordnet ist – den Bestand vor dem Krankheitserreger zu schützen (sei es durch infektiösen Vogelkot von oben oder Vögel, die sich über das Futter der Hühner hermachen wollen), kam das Familienunternehmen auf die Idee, seinem Federvieh echte, handelsübliche Partyzelte zu spendieren.


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"Zunächst haben wir sie in ihre Hühnermobile eingesperrt, was von der Fläche her den Vorschriften für Bodenhaltung entspricht", berichtet Georg Harrer. Allerdings seien die Hühner Freilauf gewohnt, sodass es schnell Ärger gab im Hühnerstall. "Gerade jetzt, wo der Frühling kommt, wollen sie raus."

Der ursprüngliche Plan, alle 480 Hühner in einer Halle auf dem Hof der Harrers in Altenhofen unterzubringen, wurde schnell wieder verworfen. "Dort ist es zu dunkel und es hat sich als nur schwer umsetzbar erwiesen", erklärt Harrer-Sohn Dominik. Dafür haben man auf dem Hof eine alte Milchkammer zur zertifizierten Packstation umgebaut, denn mit dem Beobachtungsstatus einher ging auch das amtliche Verbot, die Eier unverpackt zu verkaufen. Die geprüften, gestempelten und in Kartons verpackten Eier durften dann – nach Abnahme des Packraums durch die bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft und in Absprache mit dem Veterinäramt – wieder im Automaten verkauft werden.

Guter Kompromiss

Um der Aufstallpflicht nachzukommen, haben sich die Partyzelte als guter Kompromiss aus Freiheit und Sicherheit für die Hühner erwiesen. Diese Pflicht, die Hühner nicht ins Freie zu lassen, bestand schon vor dem Fall in Hofstetten in ganz Mittelfranken und großen Teilen Bayerns seit Anfang März. Denn immer häufiger machen Infektionen Hühnerhaltern das Leben schwer – so auch heuer.

Geliefert wurden die Zelte kurz vor einem Sturm, die ganze Familie war beteiligt, die ungewöhnlich edlen Hühnerställe (Kosten pro Stück rund 1300 Euro) unter Zeitdruck aufzubauen. Zusätzlich wurden sie mit Spanngurten und Extra-Erdnägeln gesichert, damit sie nicht vom Wind mitgerissen werden. "Die Zelte haben gehalten", erinnert sich Georg Harrer. Damit es seinen Schützlingen nicht langweilig wird, gibt es neben Strohballen einen aufgehängten Futtersack. Der erinnert an einen Boxsack, aber da die Hühner jetzt wieder genug Platz haben, muss keine Henne ihre Aggressionen dort abreagieren. "Wir haben mit einem Seil auch eine Art Hühnerschaukel gebastelt, aber die wird kaum genutzt", so Harrer. Wichtig sei es jedenfalls, die Hühner ausreichend zu beschäftigen, "damit sie nicht auf dumme Ideen kommen".

Ihre gewohnte Freiheit vermissen die Hühner trotzdem. Das merkt man auch an ihrer "Produktivität", denn wenn sie sich wie gewohnt im Freien aufhalten können, legen sie ein paar Eier mehr als im Partyzelt. "Unsere Eier sind immer ruck, zuck verkauft, und Ostern ist der Bedarf noch größer", so Harrer, der sich wie Sohn Dominik und der Rest der Familie wünscht, dass die Aufstallpflicht bald wieder fällt. Auch, weil der gesamte Arbeitsaufwand mit dem lieben Federvieh derzeit um ein Vielfaches höher ist als sonst.

Allzu lange dürfte das aber nicht mehr dauern, denn mit dem Frühling und den steigenden Temperaturen verschwindet üblicherweise auch der Erreger. "Dann freuen wir uns darauf, unsere Partyzelte einem anderen, passenderen Zweck zukommen zu lassen."

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