Mal humorvoll, mal hintergründig

24.12.2008, 00:00 Uhr

Er ist Multiinstrumentalist auf allen Tasteninstrumenten, Organist, Chorleiter und Dichter in Personalunion: Hermann Lahm aus Wendelstein. 2001 wurde er mit dem Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten für die Betätigung im Ehrenamt ausgezeichnet, insbesondere für die langjährige Tätigkeit als Organist und Chorleiter, für seinen Einsatz für die Ökumene und die schriftstellerische Tätigkeit.

Noch rechtzeitig vor Weihnachten hat der vielbeschäftigte Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg - im Moment befindet er sich in der Freistellungsphase der Altersteilzeit - ein neues Buch herausgegeben. Es ist sein sechstes und heißt «Trinken mit den Augen».

Ansprechende Aufmachung

Blättert man das neue, sehr ansprechend aufgemachte Buch von Hermann Lahm durch, ist man zunächst begeistert von den stimmungsvollen Farbfotos und Zeichnungen, die alle vom Autor selbst stammen und jeweils einen Bezug nehmen zu einem Text.

Ob fantastische Wolkenformationen, Paraglider, Wildschweinfrischlinge, Sonnenblumen, unberührte Waldlandschaften, Wildbäche, Brücken, kleine Vögel, Gänseblümchen, reife Weintrauben oder Bilder vom alten Ludwigskanal: Stets sind es die kleinen, scheinbar nebensächlichen Dinge des Lebens, die den Autor Lahm zum «Trinken mit den Augen» einladen.

Beschäftigt man sich dann mit den Prosatexten und Gedichten der Neuerscheinung, stellt man sehr schnell fest, dass sich Hermann Lahm treu geblieben ist: Er schreibt Kurz- und Kürzestgedichte in fränkisch-oberpfälzischer Mundart (Lahm stammt aus Weiden/Oberpfalz) und Prosatexte auf unverwechselbare Art und Weise, die einen individuellen Stil erkennen lassen.

«Satierisches»

Das neue Buch enthält - so die in geradezu barocker Fülle verfasste Ankündigung - «kurze und längere, gscheitere und dümmere, breitere und schmälere, schnelle und langsamere Texte zum Trinken mit den Augen in versuchter Struktur der Unordnung: Ich über mich, oder i über mi, Heiteres, Nachdenkliches und Grüblerisches, Hochzeitliches und a weng spater, Satierisches (wohlgemerkt mit ie), Pflanzliches, Jahreszeitliches und aus der Natur, Zeitliches, Restliches und Sonstiges.»

All diesen Stichworten ordnet Hermann Lahm seine neuen, sehr persönlichen Gedichte und Texte zu. Lahm schreibt sehr geradlinig. Seine Sprache ist einfach und klar verständlich. Er versteckt seine Aussagen nicht hinter Metaphern, deren Sinn oft schwer zu ergründen ist.

Hermann Lahm schreibt hintergründig, humorvoll und nachdenklich. «Je mehr i neischau, desto sonderbarer wird´s und rätselhafter, verwunderlicher, schleierhafter, undurchschaubar, dunkel, tief, geheimnisvoll, umwittert, schief», heißt es in einem der Gedichte. Und wohin schaut er? «Halt i mi», schreibt er lakonisch.

Hermann Lahms Gedichte leben von einer Pointe, die meist humorvoll verpackt wird. Es sind kleine Einwürfe zum Geschrei der lauten Welt rings um uns herum, kleine Aphorismen und Weisheiten, aber auch Feststellungen, die mit ihren treffenden Pointen zum Lachen reizen: «Der Unterschied zwischen einer Jubiläums- und einer Grabrede ist der, dass der Betroffene bei der Jubiläumsrede noch stehen muss», so das Gedicht, das Lahm mit «Jubiläum» überschrieben hat.

Trinken von Buchstaben

Hintergründig und augenzwinkernd serviert Hermann Lahm Bonmots wie diese: «Manchmal sind Ausschnitte wirkungsvoller als das Ganze» oder «Was der Pfarrer mir noch erlaubt hat, das hat mir jetzt der Doktor verboten.»

Sehr schön auch die Feststellungen: «Lesen ist das Trinken von Buchstaben mit den Augen» und: «Wer allein mit einsam verwechselt, der hält auch Stille für lautlos.»

Ganz egal, über was Hermann Lahm schreibt, immer tut er das auf eine gewinnende, freundliche und positive Art und Weise, die nie andere verletzt. So etwa, wenn er über die Themen «Steine» und «Spuren» längere, meditative Abhandlungen schreibt: «Viele Spuren haben wir gezeichnet, aber unsere Spuren hat oft der Wind des Alltagsgeschäftes verweht, die Flut des Alltags weggespült. Und oft sind wir es selbst, die die Spuren unserer Vorgänger oder oft auch die eigenen wieder auslöschen, durch neue Spuren ersetzen, nicht immer verbessern.»

Heimatverbunden

Hermann Lahm schreibt heimatverbunden, ohne damit Heimattümelei zu verbreiten. Immer wieder blitzen eine gesunde Prise Humor, Abgeklärtheit und Selbstironie aus seinen Gedichten und Texten auf. Sich selbst nicht so wichtig nehmen, über sich selbst auch mal lachen können, das ist eine der Lebensphilosophien, die in vielen seiner Texte deutlich wird.

Der Wendelsteiner Autor hat bisher fünf Bücher veröffentlicht: «Wennst afwachst, bist net gstorbn» (1999), «Buchstabnsuppn» (2000); «Aufzug zum Himmel» (2003);  «Es gibt Tage, da könntst die ganze Welt umarmen» (1992) und «I wünsch mir» (1993). Sein neues Buch reiht sich nahtlos in das bisherige Werk ein.

Wer entspannende, humorvolle, aber auch nachdenkliche Literatur sucht, ist mit Hermann Lahms neuem Buch «Trinken mit den Augen» bestens bedient. ROBERT UNTERBURGER

Hermann Lahm: Trinken mit den Augen. Kilian Verlag, Pyrbaum, 2008, 96 Seiten, ISBN: 978-3-00-025974-6