Michael Heinloth: "Einzigartig, was man da mitnehmen kann"

17.9.2019, 18:01 Uhr
Michael Heinloth:

Herr Heinloth, wissen Sie noch, wo Sie das Finale der WM 2014 gesehen haben?

Das ist eine gute Frage, da müsste ich aber erst einmal eine Weile nachdenken.

Ich frage, weil Sie mit dem Torschützen, Mario Götze, in der Jugendnationalmannschaft gemeinsam auf dem Platz standen. Blickt man auch mal mit Neid darauf, was er in seiner Karriere geschafft hat?

Nein, mit Neid blicke ich da nicht drauf. Klar habe ich jetzt keine Welt-Karriere hingelegt wie Mario Götze, aber ich bin mit meiner Karriere, so wie sie bisher verlaufen ist, absolut zufrieden und ich glaube sogar, dass einige auch gerne mit mir tauschen würden, die es gar nicht erst zum Profi geschafft haben.

Hat man das Potenzial von Götze in der Jugend schon erkannt?

Von Mario auf jeden Fall. Ich habe ja zwei Jugendländerspiele in der U16 gemacht. Zweimal gegen Frankreich. Einmal ging das Spiel 0:0 aus und das andere Mal haben wir 3:0 gewonnen. Mario hat alle drei Tore geschossen und hat sich dann nach etwa 60 Minuten auswechseln lassen. Also, der hat damals schon echt auf einem sehr guten Niveau gespielt, das hat man definitiv erkannt.

Sie haben mal gesagt, dass es in der Jugend talentiertere Spieler gab als Sie. Wie haben Sie es trotzdem zum Profifußballer geschafft?

Meine größte Tugend ist einfach die Leidenschaft und das Arbeiten auf dem Platz. Wenn mir etwas gesagt wird, versuche ich das bestmöglich umzusetzen, mich zu verbessern und auch mal Extra-Schichten zu machen. In der Jugend bei Nürnberg war es so, dass zwei, drei Spieler dabei waren, die damals als große Talente gegolten haben aber mittlerweile ihre Karriere schon beendet haben. Meine Stärke war das Durchhaltevermögen und dass ich mich auf das beschränkte, was ich kann.

In der Bundesliga sind Sie später nochmal auf Mario Götze und Bayern München getroffen. Waren die 21 Bundesligaspiele die schönste Zeit ihrer Karriere?

Es war auf jeden Fall eine super Zeit, ganz klar. Ich bin aus der Regionalliga hochgekommen und habe gleich 25 Spiele in der 2. Bundesliga gemacht. Das war der Anfang einer super schönen Zeit, weil wir plötzlich das Gefühl hatten, kein Spiel mehr verlieren zu können. Am Ende gipfelte es im Aufstieg. Das Jahr in der Bundesliga war zwar sportlich nicht mehr ganz so erfolgreich, aber die Stadien dort mal zu erleben war toll. Es ist einzigartig, was man da mitnehmen kann. Gegen Bayern oder Dortmund und gegen richtig hochkarätige Spieler zu spielen. Das war ganz klar ein Highlight meiner Karriere.

Wie haben Sie den Bundesliga-Aufstieg damals erlebt?

Es war mein erstes Profijahr. Das war nicht nur für mich persönlich ein bisschen schwer zu realisieren, auch für die Stadt. Es war ja der erste Bundesliga-Aufstieg für den SCP. Man hat sich zwei Tage lang in der Stadt nicht mehr bewegen können vor lauter Menschen. Da wurde ordentlich gefeiert. Es war für Paderborn und auch für mich persönlich ein Wahnsinns-Jahr.

Sie haben bei Ihrem Profidebüt gleich eine Torvorlage gegeben. Torschütze war Markus Krösche, heute Sportdirektor in Leipzig. Haben Sie schon Pläne für die Zeit nach dem Fußball?

Mein Hauptgeschäft ist für die nächsten Jahre auf jeden Fall noch Fußball. Natürlich macht man sich ab und zu Gedanken. Ich habe eine Ausbildung gemacht, weiß aber nicht, ob ich in dem Bereich arbeiten will. Mein Vater hat zudem eine Firma, wo es die Möglichkeit gäbe, einzusteigen. Auch im Fußball gibt es interessante Möglichkeiten. Aber ob ich in der Fußballbranche bleibe, weiß ich noch nicht. Das lasse ich mal auf mich zukommen.

Zurück zu ihrer Zeit in Paderborn. Für Sie ging es dort 2016 nicht mehr weiter. Was waren die Gründe?

Wir sind aus der Bundesliga in die 2. Bundesliga und dann direkt weiter in die 3. Liga abgestiegen. Ich wollte aber noch nicht in der 3. Liga spielen, weil ich damals an mich einfach den Anspruch hatte, noch höherklassiger zu spielen. Deshalb habe ich meinen Vertrag damals in Paderborn nicht verlängert.

Gibt es nach so einer langen Zeit eigentlich noch Kontakt zu ehemaligen Mitspielern? Gibt es eine Paderborner WhatsApp-Gruppe?

Es gibt natürlich noch ein, zwei, drei Spieler, mit denen ich noch in Kontakt stehe, die aber auch nicht mehr in Paderborn spielen. Patrick Ziegler, einer meiner besten Freunde, spielt jetzt unter Markus Babbel bei den Western Sydney Wanderers in Australien und Nick Proschwitz, der mit Braunschweig auch in der Dritten Liga spielt, werde ich demnächst wieder sehen. Auch mit Uwe Hünemeier oder Christian Strohdiek habe ich noch guten Kontakt. Das sind die letzten, die noch in Paderborn sind. Es gab ja damals einen riesigen Umbruch.

Sie selbst zog es nach ihrer Zeit beim SC Paderborn nach Holland zum NEC Nijmegen. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

Das Niveau der Eredevisie, der ersten holländischen Liga, ist sehr hoch. Im Ausland läuft natürlich alles ein bisschen anders. Man wächst auf jeden Fall in seiner Persönlichkeit. Sportlich hatte ich ein Jahr mit Höhen und Tiefen. Ich hatte einen deutschen Trainer, das hat alles ganz gut gepasst, aber am Ende sind wir leider abgestiegen.

Für Sie ging es nach dem Jahr in der zweiten holländischen Liga nach Polen. Wie darf man sich den Fußball dort vorstellen?

Der Unterschied zwischen der ersten und der zweiten holländischen Liga ist ziemlich groß, sportlich war die polnische erste Liga auf jeden Fall ein Schritt nach vorne. Du hast dort Top-Teams wie Legia Warschau oder Lech Posen, die eine Riesenqualität haben. Auch die Leute sind total fußballverrückt, es geht immer richtig rund in den Stadien. Ich habe einige Spiele gemacht, die Sprache zu verstehen war aber schwierig. Mein Coach war zum Glück Valdas Ivanauskas. Er hat in den 90er Jahren beim HSV gespielt und eigentlich mehr deutsch gesprochen als irgendeine andere Sprache, das kam mir sehr entgegen.

Haben die polnischen Spieler ihren Trainer dann überhaupt verstanden?

Es war ganz witzig, er hat die Besprechungen auf deutsch gehalten. Der Co-Trainer, der auch Deutsch konnte, hat es dann auf polnisch übersetzt und ich habe es dann für die anderen Ausländer ins Englische übersetzt. So haben es am Ende alle verstanden.

Zeitweise war auch Dariusz Dudek, der Bruder der Liverpool-Legende Jerzy Dudek, ihr Trainer. Haben Sie den dort in ihrer Zeit auch mal zu Gesicht bekommen?

Aktuell steht Michael Heinloth beim Drittligisten FC Ingolstadt unter Vertrag. Bei der DJK Allersberg begann er einst das Fußballspielen.

Aktuell steht Michael Heinloth beim Drittligisten FC Ingolstadt unter Vertrag. Bei der DJK Allersberg begann er einst das Fußballspielen.

Er war ein, zweimal bei uns im Stadion und hat sich die Spiele angeschaut, aber persönlichen Kontakt gab es keinen.

Am Ende der Saison sind Sie wieder abgestiegen. Nun sind Sie zurück in Ingolstadt, in der 3. Liga. Hadern Sie manchmal, weil Sie schon an der Bundesliga geschnuppert hatten?

Ich habe ja nicht nur geschnuppert, sondern dort gespielt. Aber hier in Ingolstadt sind die Möglichkeiten sehr gut. Ich will eine gute Rolle spielen und etwas bewegen. Das Gesamtpaket hat hier gepasst. Ich bin super glücklich hier sein zu dürfen.

Ist ein Rückkehr zum 1. FC Nürnberg irgendwann mal denkbar?

Ich habe zehn Jahre dort gespielt, sage niemals nie. Aber das kann man im Fußball immer schwer sagen. Natürlich ist es eine Option, eines Tages mal wieder zurückzugehen

Haben Sie eigentlich noch Kontakt zu ihrem Heimatverein DJK Allersberg?

Die meisten Jungs von damals spielen natürlich auch nicht mehr dort, aber natürlich gibt es noch Bekannte. Hin und wieder schaue ich auf dem Sportplatz vorbei. Ich bin auch noch passives Mitglied dort. Man kennt sich untereinander und ganz klar hat man auch noch ein bisschen Kontakt.

Zum Schluss: Welche Ziele haben Sie noch?

Kurzfristig will ich erst einmal wieder voll fit werden und ins Team zurück kommen. Ich will der Mannschaft weiterhelfen. Und dann will ich einfach noch vier, fünf Jahre auf richtig hohem Niveau spielen und das machen wir hier in Ingolstadt auch. Unabhängig von der Liga will ich auf jeden Fall noch so lange wie möglich auf hohem Niveau Fußball spielen.

 

Der gebürtige Rother Michael Heinloth begann das Fußballspielen bei der DJK Allersberg. 2003 wechselte er in die Nachwuchsabteilung des 1. FC Nürnberg. Den Sprung zum Profi schaffte er über den Umweg Paderborn. Mit den Ostwestfalen stieg er unter dem Trainer André Breitenreiter in die Bundesliga auf, insgesamt absolvierte er in der Saison 2014/15 21 Bundesliga-Spiele. Über die Stationen NEC Nijmegen in Holland und den polnischen Verein Zaglebie Sosnowiec landete der Abwehrspieler zu Beginn dieser Saison beim Drittligisten FC Ingolstadt. An der Seite von Marc André ter Stegen (FC Barcelona) und Mario Götze (Borussia Dortmund) absolvierte Heinloth auch zwei Länderspiele für die deutsche U16-Nationalmannschaft.

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