Familien-Entdeckungstour:

Mit einer Schwertlänge Abstand durch Hilpoltstein

16.6.2021, 06:04 Uhr
Es geht wieder los: Franka Elsbett-Klumpers nimmt als Burgmagd verkleidet ihre großen und kleinen Gäste wieder auf eine abenteuerliche Tour durch die Stadt und zur Burg mit.

© Tobias Tschapka, NN Es geht wieder los: Franka Elsbett-Klumpers nimmt als Burgmagd verkleidet ihre großen und kleinen Gäste wieder auf eine abenteuerliche Tour durch die Stadt und zur Burg mit.

"Um die Abstände zu wahren dürfen leider nur 15 Personen mitkommen", bedauert Franka Elsbett-Klumpers, die als Burgmagd verkleidet ihre Gäste auf eine abenteuerliche Tour mitnimmt. 15 Personen, das ist nicht viel, und so sind es dann auch nur drei Familien, die in den Genuss dieser ersten Führung seit September 2020 kommen.

Die größte "Fraktion" stellt die Hilpoltsteiner Familie Balazs, die mit ihren beiden Kindern Luisa und David und mit ihrem drei Monate alten Baby an der Führung teilnehmen. "Seitdem wir unseren jüngsten Nachwuchs haben, ist es das erste Mal, dass wir wieder was gemeinsam unternehmen", so Mutter Johanna, die den Kinderwagen schiebt. Sie freut sich genau so wie der Rest der Familie, dass endlich wieder was geboten wird.

Mit einer Schwertlänge Abstand durch Hilpoltstein

© Foto: Tobias Tschapka

"Meine beiden Großen sind mit drei und fünf Jahren vielleicht noch ein bisschen zu klein für die Führung, aber sie wollten auch mal wieder etwas anderes sehen als immer nur Spielplatz und Garten", so Balazs. Außerdem seien sie ein großer Fan der Burg. "Wir waren während des Lockdowns oft hier, meine Kinder lieben das alte Gemäuer, und freuen sich, dass sie jetzt endlich auch mal wieder rein dürfen".

Resolutes Brunnenmännla

Bevor Burgmagd Elsbett-Klumpers ihre kleine Gruppe hinauf zur Burg führt, die jetzt auch wieder für Besucher offen steht, macht sie zunächst einmal Halt am "Brunnenmännla" beim Rathaus auf dem Marktplatz. Dieses steht dort schon lange und wacht über das kühle Nass. "Vor langer Zeit, als es noch nicht erlaubt war, nachts Wasser zu schöpfen, setzte sich ein Handwerksbursche über dieses Verbot hinweg und wollte dort um Mitternacht seinen Durst stillen", erzählt Elsbett-Klumpers. "Das ließ sich das Brunnenmännla nicht bieten und rannte dem jungen Mann hinterher, und pikste ihn mit seiner Lanze in die Schulter".


Zieht bald wieder Leben auf der Hilpoltsteiner Burg ein?


Und auch heute soll das renitente Männchen, was Beobachtungen zufolge mal Richtung Marktplatz, mal Richtung Residenz blicken soll, Leuten, die nachts ihre Hände nicht vom Brunnenwasser lassen können, in die Schulter piksen. "Ihr könnt ja mal bei eurem Papa, Onkel oder Opa schauen, ob sie dort eine kleine Narbe haben", regt die Stadtführerin an.

Dann verteilt sie an die Kinder kleine Holzschwerter und dazu passende Überwürfe mit verschiedenen Wappen. "Jetzt könnt ihr darüber wachen, dass alle Teilnehmer der Führung mindestens eine Schwertlänge Abstand zueinander halten", scherzt Elsbett-Klumpers, fügt aber ganz im Ernst hinzu, dass die Führung nur dann ohne Maske durchgeführt werden kann, wenn sich alle an die geltenden Abstandsregeln halten.

Eine moderne Burgherrin

Bei nur drei Familien (die untereinander natürlich keinen Abstand halten müssen) ist das aber nicht schwer, und so geht die Gruppe anschließend zur Burg hinauf. 1606 sei dort die Pfalzgräfin Dorothea-Maria eingezogen, nicht ohne die Burg vorher komplett renovieren zu lassen. "Sie war eine sehr moderne Frau mit hohen Ansprüchen, und hat die Burg nach ihren Vorstellungen komplett umbauen lassen", so Elsbett-Klumpers. Zu den gewünschten Annehmlichkeiten gehörte zum Beispiel eine Badestube, Kachelöfen sowie Holzvertäfelungen und wertvolle Wandteppiche. Die Pfalzgräfin ließ sich auch eine gut ausgestattete Apothekenküche einbauen. Vielleicht war das der Grund, dass sie fast 80 Jahre alt wurde, für die damalige Zeit mehr als hochbetagt.

Nach vielen Treppenstufen erreicht die Gruppe den Innenraum der Burg, in der sich neben den Führungsteilnehmern auch einige private Besucher umsehen. Kein Wunder bei dem traumhaften Wetter, und so nimmt sich auch unsere Gruppe Zeit, den Blick über Hilpoltstein schweifen zu lassen. Noch schöner wäre der Ausblick natürlich vom 22 Meter hohen Burgturm. "Aber das ist leider derzeit noch nicht möglich - dort drin ist es so eng, dass man unmöglich die notwendigen Abstände wahren kann", bedauert die Burgmagd. Dafür zeigt sie ihren Gästen unter anderem die ehemalige Küche und das Schlafgemach der Pfalzgräfin.

Dann endet die erste touristische Führung in Hilpoltstein seit Langem. Weitere Termine gibt es noch nicht. "Es läuft jetzt langsam Stück für Stück wieder an", so Elsbett-Klumpers. "Wir schauen mal, wie sich die Situation weiter entwickelt, und einige der anderen Stadtführer wollen sicherheitshalber noch warten, bis sie doppelt geimpft sind". Aber immerhin stünde die Burg jetzt endlich wieder allen Besuchern offen. Täglich von 10.30 bis 17 Uhr können kleine und große Mittelalterfans das alte Gemäuer auch wieder auf eigene Faust erforschen.

Keine Kommentare