Weihnachtsbäckerei:

Mittelfrankens Oberbäcker verrät: So gelingen Plätzchen & Co.

29.11.2021, 06:04 Uhr
Mit Profi-Hilfe gibt es künftig auch im Hause Graff Backwerk, das auch optisch höheren Ansprüchen genügt.  

© Stefanie Graff, NN Mit Profi-Hilfe gibt es künftig auch im Hause Graff Backwerk, das auch optisch höheren Ansprüchen genügt.  

Denn geht es Ihnen vielleicht wie mir? Die Plätzchen, die ich im Advent vom Blech hole, sehen selten so perfekt aus, wie ich sie mir gedacht habe. Vanillekipferl mit braunen Spitzen, klapperharte Zimtsterne und krüppelkrummes Butterzeug. Das kann ich. Von purem Genuss und Augenweide meilenweit entfernt.

Damit es heuer klappt in der Weihnachtsbäckerei, habe ich mir rechtzeitig zum Start in die erste Adventswoche Tipps vom Profi geholt. Wer sollte sich besser auskennen mit Plätzchenteig und Stollenrezept als der Obermeister der Bäckerei-Innung Mittelfranken Süd Gerhard Paul? Also habe ich den Bäckermeister aus Leidenschaft in seiner Backstube in Büchenbach besucht und ihm über die Schulter und ganz genau auf die Finger geschaut.

Viel Zeit und gute Zutaten

Erkenntnis: Das Geheimnis gelungener Plätzchen und Stollen ist ganz viel Zeit, gute Zutaten, die richtige Temperatur und jede Menge Erfahrung. Mal eben schnell einen Teig zusammenrühren – das kann nix werden. „Zeit ist Qualität“, sagt der Profi. Und selbstverständlich feine Butter, gutes Mehl und natürliche Zutaten. Gut durchgekühlt – am besten über Nacht – muss der Plätzchenteig sein, bevor es ans Ausstechen geht.

Bei Gerhard Paul kommen ganz andere Mengen auf die Waage als daheim.  

Bei Gerhard Paul kommen ganz andere Mengen auf die Waage als daheim.   © Stefanie Graff, NN

Seit Ende September geht es in der Backstube vorweihnachtlich zu. „Ja, ich hab’ schon ein paar Plätzchen gemacht“, lacht der Bäckermeister. Auch Lebkuchen und Stollen. Wöchentlich brauche es Nachschub, und je näher Weihnachten kommt, desto größer ist die Nachfrage: „14 Tage vor dem Fest kommt der Endspurt, spätestens dann wollen die Leute was G’scheits und finden es beim handwerklichen Bäcker.“

Am liebsten Butterzeug

Liebevoll verpackt, auch das mit Muße und in Handarbeit. In der Backstube liegen viele verschiedene Plätzchen auf Blechen. Darunter Butterzeug wie gemalt. „Meine Lieblingsplätzchen“, sagt der Bäckermeister, der es gerne klassisch mag. „Nur mit Zucker und Zimt bestreut.“ Alle schön gleichmäßig dick und ohne jeden braunen Rand.

Betriebsgeheimnis gelüftet: Ein Rezept für Butterzeug.  

Betriebsgeheimnis gelüftet: Ein Rezept für Butterzeug.   © Stefanie Graff, NN

„Einer der Hauptfehler in der heimischen Küche ist, dass die Leute zu lange und zu heiß backen“, lässt mich Gerhard Paul wissen. Wenn man denkt, sie sind nach der angegebenen Backzeit noch zu weich, sind die Plätzchen wahrscheinlich grade richtig, lerne ich. „Jede Minute mehr ist dann eine zu viel.“ Das klärt auch mein Problem mit den Zimtsternen. „Die werden eigentlich gar nicht gebacken, sondern getrocknet.“ Beim Ausrollen des Teigs hat der Profi Vorteile: „Das macht bei mir eine Maschine millimetergenau und gleichmäßig.“ Für daheim gilt: „Nicht mit Mehl auf der Arbeitsfläche sparen, sonst klebt der Teig fest“.

Meditatives Kneten

Nebenan finde ich auf einem Blech glänzende kleine Kunstwerke: Feinstes Teegebäck mit hausgemachtem Kirschwasser-Marzipan. Da schlägt beim bodenständigen Bäckermeister das Konditorenherz höher.

Heute aber wird Quarkstollen gebacken. Beinah meditativ arbeitet der elektrische Knetarm die per Hand abgewogenen Zutaten des Teigs in einem riesigen Topf ganz langsam ineinander. Der Bäckermeister hat den Vorgang ganz genau im Blick, gibt nach Gefühl mal einen Schluck Milch, mal eine Hand Mehl dazu, bis der Teig glänzt, weich und glatt ist: „Das gibt den guten Geschmack und die Haltbarkeit“.

Hübsch verpackt gehen Lebkuchen und Co. in den Verkauf.

Hübsch verpackt gehen Lebkuchen und Co. in den Verkauf. © Stefanie Graff, NN

Ganz am Schluss kommen die Früchte dazu und werden wieder „ganz vorsichtig“ untergerührt. Aus der Schüssel riecht es verführerisch. „Zwei Tage liegen die Früchte im Rum, bevor sie in den Stollenteig kommen. Das gibt das richtige Aroma.“ So weich kann der Teig nur mit der Hand weiterverarbeitet werden. Mit sicherem Griff teilt der Bäckermeister Pfundstücke ab, knetet sie noch einmal durch und legt sie aufs Blech. Ruhen muss der Teig jetzt erstmal. Dann wird er nochmal per Hand aufgearbeitet und wieder weggestellt. Vier bis fünf Stunden braucht ein Stollenteig gut und gerne.

Daheim angerührt, beim Bäcker gebacken

„Auf Gare gelegt“ erkennt der Bäcker den optimalen Zeitpunkt, wann der Teig in den Ofen kann. „Dafür lernen wir ja schließlich drei Jahre.“ Auch deshalb sei es früher üblich gewesen, dass Hausfrauen ihren Stollenteig daheim angerührt haben und dann dem Bäcker am Ort zum Backen gebracht haben. „Manchmal kommt das auch heute noch vor.“

In der Backstube entdecke ich einen etwas mitgenommen aussehenden Hefter mit handgeschriebenen Rezepturen. „Mein Betriebsgeheimnis“, sagt der Bäckermeister. Hier notiert er seit Jahren die unterschiedlichsten Rezepte und probiert immer wieder Abwandlungen aus. Ein Rezept für Butterzeug darf ich mir anschauen. „Ich kann Ihnen aber trotzdem nicht versprechen, dass Ihres genau so wird wie meins.“ Denn für gelungene Weihnachtsleckereien braucht es, wie ich jetzt weiß, viel mehr als das richtige Rezept und ein Stündchen Zeit.

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