Mojib Latif warnt in Roth vor dem Klimawandel

8.3.2017, 15:36 Uhr
Mojib Latif warnt in Roth vor dem Klimawandel

© Foto: Leykamm

"Spüren wir den Klimawandel schon?" war denn auch der Abend überschrieben. Die Antwort des Meteorologen aus dem Kieler Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Geomar ist eindeutig: "Ja!" Allerdings nicht in linearem Sinn. Wer den Klimawandel spüren wolle, müsse ihn global und in langen Zeiträumen betrachten, "dann werden Sie ihn nicht missen", so der Referent, der dazu beeindruckende Animationen und Schaubilder an die Wand warf.

Die Entwicklung verlaufe chaotisch, deswegen gäbe es nicht jedes Jahr einen neuen Wärmerekord, so dass man sich quasi sukzessive auf die Erderwärmung einstellen könne. Die durchschnittliche Welttemperatur aber steige immer weiter, auch wenn es zwischenzeitlich mal kalte Winter gebe. "Bitte schicken Sie mir keine bösen E-Mails, wenn mal Schnee liegt", bat der Redner.

"Heute haben wir noch keine Klimakatastrophe", beruhigte er. Um dann umso eindringlicher davor zu warnen, dass die Menschheit genau darauf zusteuere, wenn das Ruder nicht herumgerissen werde. So habe sich die Meereisfläche seit 1979 um satte 40 Prozent verkleinert. Das Schmelzen der Gletscher erreiche immer bedrohlichere Ausmaße und habe schon die Antarktis erreicht. Am Nordpol stehe ein ganzes Ökosystem auf dem Spiel. "Wenn Grönlands Eispanzer im Wasser versinkt, steigt der Meeresspiegel um sieben Meter an", schockte der Experte das Publikum.

Eine sich über Jahrhunderte streckende Entwicklung, die aber aufgrund selbstverstärkender Effekte ab einem gewissen Grad nicht mehr aufzuhalten sei. Existenziell sei die Lage etwa für die Südseeinseln - "da zählt jeder Zentimeter". Die Agrarflächen dort könnten der Überspülung mit salzigem Meerwasser zum Opfer fallen.

Auch Deutschland betroffen

Auch in Deutschland ändere sich einiges mit der globalen Erwärmung. Extreme Temperaturphänomene seien auf dem Vormarsch. Hitzesommer, die es früher zweimal im Jahrhundert gab, seien nun zweimal im Jahrzehnt zu beobachten. Starkniederschläge nähmen immer mehr zu, gerade bei lokalen Gewittern müsse man sich auf stärkere Wassermassen gefasst machen. "Darauf sind wir nicht gut vorbereitet", warnte Latif.

Ob die Klimakonferenzen seit 1990 den ersehnten "historischen Durchbruch" bringen, ließ der Redner offen. Den Begriff habe er schon oft gehört, allerdings sei seit Beginn der Treffen der weltweite Kohlendioxidausstoß um 63 Prozent angestiegen, 2016 aber habe er nahezu stagniert.

"Haben wir den Scheitelpunkt erreicht?" fragte Latif und nannte den Grund für den erfreulichen Trend: "China verbrennt weniger Kohle." Weltweit sei die Volksrepublik für 30 Prozent des CO2-Ausstoßes verantwortlich, also mache sich diese Änderung bemerkbar.

Latif zeigte sich optimistisch: "Wir können die Kurve kriegen", es gebe allerdings ein Umsetzungsproblem. Deutschland habe schon eine Vorreiterrolle eingenommen, in vergangener Zeit aber nachgelassen.

Es solle weiterhin auf erneuerbare Energien setzen, denn "ihnen gehört die Zukunft". Unabhängig vom Klimawandel könne das Land, wenn es dabei die Führung einnimmt, den Boden für den Wohlstand kommender Generationen bereiten.

Außerdem gelte es, von Energieimporten unabhängiger zu werden. Und den Nachkommen zu erklären, warum die Menschen den wertvollen Rohstoff Öl "durch den Schornstein" jagen. Seine persönliche These: "Eine CO2-freie Wirtschaft ist möglich!"

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