Pfiffige Geschäftsidee in Rittersbach

Nach der Eröffnung: Jetzt spricht der fränkische Bratwurst-Hotelier

29.9.2018, 15:59 Uhr
Is’ ja ’n dickes Ding! Erlebnismetzger Claus Böbel hat in Rittersbach ein altes Dorfwirtshaus ins erste Bratwurst-Hotel Frankens umfunktioniert. Damit will er Gäste aus aller Welt in den Georgensgmünder Ortsteil locken.

© Martin Regner Is’ ja ’n dickes Ding! Erlebnismetzger Claus Böbel hat in Rittersbach ein altes Dorfwirtshaus ins erste Bratwurst-Hotel Frankens umfunktioniert. Damit will er Gäste aus aller Welt in den Georgensgmünder Ortsteil locken.

Was erwartet den Gast in Ihrem neuen Hotel?

Claus Böbel: Als erstes gleich im Foyer unsere Bratwurst-Schatzkammer. Da hängen im Bratwurst-Tresor luftgetrocknete Edelschimmel-Bratwürste. Was Italiener oder Franzosen mit Salami können, das können wir Franken mit Bratwurst schon lange. Die riechen auch ein bisschen wie edler Käse. Im Hausflur steht das Wort Wurst in den verschiedensten Sprachen an der Wand, damit sich die Gäste hier gleich wieder finden, zum Beispiel auf Russisch, Japanisch oder Koreanisch. Hoch zu den Zimmern geht‘s dann über eine Bratwursttreppe, auf der von der rohen Bratwurst bis zur Bratwurst-Sülze die verschiedenen Stufen unserer Produkte abgebildet sind. Wir haben auch ein kleines Restaurant dabei, in dem es Bratwürste und sonst nichts gibt.

Das heißt?

Böbel: Der Gast bekommt hier kein Schnitzel, aber eine plattgedrückte panierte Bratwurst als Bratwurst-Schnitzel. Einen Zwiebelrostbraten gibt‘s nicht, aber eine Zwiebelrostbratwurst sehr wohl. Ein Schnitzel ist ein paniertes Stück Fleisch. Wer sagt, dass ich das nicht auch mit Bratwurst machen kann? Die besteht aus zerkleinertem Fleisch. Auf der Speisekarte stehen außerdem Bratwürste in verschiedenen Variationen mit Chili, mit Bärlauch, mit Schokolade oder mit Kaffee drin.

An Kreativität mangelt es Ihnen also schon mal nicht. In den Hotelzimmern stehen überdimensionierte Wurstdosen als Nachttisch und die Seife in den Badezimmern schaut aus wie ein Stück Wurst. Wie kommt man denn — Verzeihung — auf diesen ganzen "Unsinn"?

Böbel: Sie dürfen schon "Unsinn" sagen, das würde ich auch tun. Verrückte Ideen haben viele Leute. Die meisten besitzen nur nicht den Mumm, sie dann auch umzusetzen. Es ist für mich gar nicht die Frage, wie ich drauf komme. Man muss einfach immer wieder mal was ausprobieren. Was machen.

Und es gab keinen, der zu Ihnen gesagt hat: "Das geht nicht, das kann man doch nicht machen"?

Böbel: Doch. Aber wissen Sie: Wenn ich nichts mache, weil ich mich nicht traue, dann hat das auch wirtschaftliche Folgen. Dafür bin ich aber nicht der Typ.

Um zu wissen, ob was funktioniert oder nicht, muss ich‘s probieren. Ich darf als Unternehmer keine Angst davor haben, falsche Entscheidungen zu treffen. Denn Stillstand ist Rückschritt.

Wann fallen Ihnen denn Ihre Ideen ein?

Böbel: Immer. Ich habe mehr Ideen im Kopf, als mein Geldbeutel hergibt. Ich könnte sofort mit dem gleichen Budget die nächste Idee anpacken, wenn ich das Geld hätte. Ideen gibt‘s genügend. Ich stricke da immer dran.

Können Sie sich daran erinnern, wann Sie Ihren ersten verrückten Einfall umgesetzt haben?

Böbel: Im unternehmerischen Bereich war das bestimmt der Wurstbrief im Jahr 2003. Das ist quasi eine "kulinarische Grußkarte". Da wird eine geräucherte Bratwurst in einen transparenten Vakuum-Umschlag eingeschweißt und kann mit der Post verschickt werden.

Wie reagieren die Kunden auf Ihre Vorhaben?

Böbel: Ich habe festgestellt, dass die Kunden Erlebnisse wollen. Mein Weg ist deswegen: Ware erlebbar machen, statt nur verkaufen. Das Verkaufen wird für einen kleinen Betrieb auf dem Dorf immer schwieriger. Die Großen im Internet und vor Ort haben aufgrund ihrer Struktur Vorteile, und dann muss ich eben meine Vorteile in die Waagschale werfen: Wir sind originell, individuell und persönlich.

Für den schnöden Versorgungseinkauf sitzt das Geld nicht bei allen so locker. Ein touristisches Erlebnis ist da schon was anderes. Und die Leute, die als Übernachtungsgäste nach Rittersbach kommen, kaufen dann ja trotzdem was. Die nehmen zum Beispiel eine Wurstdose mit oder ein Paar Geräucherte.

Die Gäste hinterlassen uns bei der Abreise ihre Meinung auf der Gäste-Wand. Da hat zum Beispiel jemand hingeschrieben: "Ein phantastisches Erlebnis rund um die Wurst — Daumen hoch und weiter so."

Daneben steht "Nächstes Projekt: Bratwurst-Strand". Wäre das was?

Böbel: Mein nächstes Projekt wird eher ein Bratwurst-Wanderweg. Das passt mehr hierher ins Fränkische.

A propos: Was sagen die Rittersbacher dazu, dass es jetzt ein internationales Bratwurst-Hotel im Dorf gibt?

Böbel: Also die meisten finden das ganz toll. Für sie ist es cool, wenn Gäste aus der ganzen Welt ins Dorf kommen und Autos mit einem französischen Nummernschild hier stehen.

Und die Oma, die einfach nur einen Zapfen Stadtwurst oder 100 Gramm Lyoner kaufen will?

Böbel: Die kriegt das natürlich. In der Metzgerei gibt‘s das klassische Vollsortiment an Fleisch und Wurst.

Ihr Hotel ist eine innovative Sache, macht aber auch saumäßig viel Arbeit. Wie schaffen Sie das neben der Metzgerei, dem Onlinehandel und den Kursen zum Bratwurst-Selbermachen, die Sie leiten?

Böbel: Wenn‘s Spaß macht, nimmt man sich die Zeit. Und ich kann das mit meinem Hobby verbinden: Reisen und mit fremden Leuten zusammenkommen. Das habe ich inzwischen ein Stück weit zum Beruf gemacht. Die Leute kommen jetzt zu mir. Das hier ist auch keine Riesen-Bettenburg, sondern klein, fein und überschaubar mit sieben Zimmern.


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Was war vorher hier drin?

Böbel: Ein altes, klassisches Dorfwirtshaus. An dem 50 oder 60 Jahre lang nichts mehr gemacht wurde. Wir haben alles komplett erneuert: Elektro, Heizung, Sanitär und so weiter. Die Gäste sollen sich hier rundum wohlfühlen.

Die Gäste kommen aus aller Welt. Wo kommen denn die Schweine her, die Sie zu Bratwurst verarbeiten?

Böbel: Meine Schweine haben fränkisch gegrunzt. Ich arbeite mit einem Schlachtbetrieb aus Aub zusammen, das liegt zwischen Würzburg und Ansbach.

Zusätzlich habe ich noch eine Premium-Linie: Das sind freilaufende Schweine aus Oberlaimbach im Steigerwald. Das sind echte Drecksäue, die sich im Schlamm austoben dürfen — Tierwohl par excellence.

Aber ein Vegetarierer wird sich bei Ihnen nicht so wohl fühlen.

Böbel: Nein, doch anschauen darf sich das hier jeder gerne. Und in meiner Privatwohnung habe ich annähernd tausend "vegetarische Schweine" zusammengesammelt. Die sind aus Porzellan und Plüsch.

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