Nach Kaltstart Österreich umrunden

10.8.2020, 15:54 Uhr
Nach Kaltstart Österreich umrunden

© Thomas Futterknecht

Vergangenen Donnerstag klingelte nun plötzlich bei Christine Waitz das Telefon. Am anderen Ende der Leitung: Steffi Steinberg. Diesmal sucht sie selbst einen Ersatzfahrer für ein Langstreckenrennen. Steinberg hatte sich Anfang vergangener Woche bei einem Treppensturz das Steißbein gebrochen. Anstatt gemeinsam mit ihrem Mann Gerry ab dem 12. August die Alpenrepublik Österreich zu umrunden, heißt es für die Triathletin aus Bad Honnef seitdem, die Verletzung auskurieren und sich erholen.

"Ich habe sie damals genauso überrascht, wie sie mich gestern", erzählt Waitz im Telefonat mit dieser Zeitung. Was tun? "Ich musste nicht lange nachdenken", sagt sie, "ich bin immer spontan für solche Sachen zu haben. Und natürlich wollte ich sie nicht hängen lassen." Denn einen Rückschlag musste das Ehepaar Steinberg sowieso schon verkraften: Das Race around Austria ist für sie heuer eigentlich nur eine Notlösung. Ursprünglich war die Teilnahme am noch extremeren Race across America geplant, was jedoch wegen Corona nicht geklappt hat.

Im Panic-Mode

In den Stunden nach ihrer Zusage war die Rotherin "aufgrund der Kurzfristigkeit etwas im Panic-Mode". Denn anstatt wie geplant nach dem Wochenende in eine normale Arbeitswoche zu starten, hieß es nun plötzlich: Die anstehende Arbeit vorziehen oder umorganisieren, Rennrad und Ausrüstung überprüfen, wo es geht noch optimieren und startklar machen, sich überhaupt erstmal geistig auf die ganze Sache einstellen.

Zwar hat Waitz dank diverser Triathlon-Langdistanzen sowie erfolgreich absolvierter Rennen wie dem Race across America und dem Race around Ireland bereits Langstreckenerfahrung auf dem Rad gesammelt. Nur konnte sie sich dabei jeweils monatelang im Voraus physisch und psychisch auf diese Extrembelastung einstellen.

Diesmal ist das komplett anders: Die Vorlaufzeit beträgt nicht einmal eine Woche. Das Rennen selbst ist sie "noch nie gefahren, ich weiß nicht, was auf mich zukommt", gibt sie unumwunden zu. Selbst wo das Rennen startet, gibt sie zu, wusste sie Ende vergangener Woche noch nicht genau. "Ich lass mich am Sonntag abholen und schau dann, wo es hin geht!", meinte sie im Interview lachend (Start und Ziel sind übrigens in St. Georgen im Attergau).

Trotzdem: "Ich bin zwar definitiv nicht auf das Rennen vorbereitet", meint sie mit Blick auf ihren Trainingszustand. "Aber ich habe sicherlich eine Grundfitness, die für ein solches Rennen ausreicht." Außerdem hat sie schon Erfahrung mit derartigen Veranstaltungen gesammelt. Und überhaupt, heißt es nicht: Sieger werden im Kopf gemacht.

Ein weiterer großer Vorteil ist: Sie muss die Runde um Österreich, bei der Respekt einflößende 2 200 Kilometer, garniert mit gut 30 000 Höhenmetern, auf die Teilnehmer warten, nicht alleine absolvieren. Zusammen mit Gerry Steinberg startet sie als Zweierteam bei dem Nonstop-Rennen, das auf der Homepage als "härtestes Radrennen Europas" beworben wird. Es wird sich also abgewechselt; während ein Athlet pausiert, fährt der andere auf dem Rad – tags wie nachts, unterstützt von einem Begleitfahrzeug mit Helfern an Bord.

Wohl oder übel improvisieren

Renntaktik, Wechselstrategien, Notfallszenarien und so weiter – was ansonsten fester Bestandteil jeder Rennvorbereitung ist, dafür war diesmal kaum Zeit. "Die groben Sachen habe ich mit Gerry durchgesprochen", meint Waitz, den Rest werde man wohl oder übel improvisieren müssen. Wobei dieser Kaltstart durchaus auch seine Vorteile hat, findet sie. "Einerseits ist es natürlich nicht einfach, weil ich nicht vorbereitet bin. Andererseits ist das aber auch ganz angenehm, dann kann ich mich schon nicht so verrückt machen!"

Am Mittwoch, 12. August, um 10 Uhr fällt der Startschuss für die Zweierteams. Durchkommen ist für die Rotherin erstmal das Hauptziel. Nur eines ist sicher: "Am Sonntagabend muss ich wieder zurück sein", antwortet Waitz lachend, "denn dann hab ich geschäftlich einen Termin!"

Keine Kommentare