Nein-Sagen ist mutig

20.10.2012, 00:00 Uhr
Nein-Sagen ist mutig

© tts

Schulleiterin Anita Müller freute sich, so viele Gäste begrüßen zu dürfen, darunter unter anderen Mitglieder des Stadtrates und den Leiter des Rother Gesundheitsamtes, Dr. Fritz Oberparleiter. In der Tat kamen so viele Besucher am Donnerstagabend in die Aula der Realschule, dass die Gruppe aufgeteilt werden musste. Die eine schaute sich die Schauspieldarbietung der Realschüler an, die andere die Fotoausstellung der DAK zum Thema Alkoholmissbrauch.

Bei dieser Wanderausstellung mit dem vielsagenden Titel „BLAU“ zeigten 29 zum Teil großformatige Bilder unter anderem Portraits von Menschen, die ihre intimen Alkoholerfahrungen öffentlich machten. Dabei begab sich der Betrachter auf eine Zeitreise, die bis ins weinbrandgetränkte Familienidyll der 1960-er Jahre führte. Produziert wurden die Bilder im Rahmen eines Wettbewerbes von DesignStudenten aus Hamburg, Berlin und Düsseldorf.

Derweil sah sich die andere Besuchergruppe das in den vergangenen Tagen einstudierte Theaterstück „Tube“ an, welches auf einer Geburtstagsfeier eines 16-Jährigen begann, die aber ordentlich aus dem Ruder laufen sollte. Nach dem Konsum einiger Biere zogen die Jugendlichen weiter zur nächsten Tankstelle, um „nachzutanken“, allerdings nicht ihre Mofas, sondern sich selber, und zwar mit Hochprozentigem.

Die Situation eskalierte mit jeder neuen Szene, ein Gemisch aus Spirituosen und süßen Getränken wurde mit Kanister und Schlauch konsumiert, es wurde sich in Papierkörbe erleichtert und am Schluss endete die Party für manchen Beteiligten bäuchlings auf der Straße in totaler Bewusstlosigkeit.

Wie gut, das alles nur gespielt war. Den Zuschauern wurden die verschiedenen Etappen des „Komasaufens“ Jugendlicher vor Augen geführt, keine Seltenheit in Deutschland, auch in unserer Region. Aufgabe des Publikums nach jeder Szene dieses interaktiven Theaterstückes war, jeweils gelbe oder rote Karten zu verteilen, je nach dem man es für angemessen hielt, den Geschehnissen Einhalt zu gebieten. Wegen der raschen Eskalation des Alkoholkonsums waren diese Karten jedoch schon bald ausgespielt.

Als äußerst interessant entpuppte sich das anschließende Gespräch zwischen Publikum und Schauspieler. Deutlich wurde die Schwierigkeit, sich dem Gruppenzwang zu entziehen. Mutiges und selbstbewusstes Auftreten den Mitschülern gegenüber sei deshalb gefragt, machte einer der Schauspieler deutlich, der auch bekannte, durch die Mitarbeit an diesem Projekt „Selbstbewusstsein ge-tankt zu haben“.

Im Publikum saß unter anderem Thomas Schwarz, Geschäftsführer des Landesjugendwerks der Arbeiterwohlfahrt. Er war dermaßen angetan von Konzept und Durchführung unter der Leitung von Jean-Francois Droczak von der Nürnberger Kulturagentur „Kunstdünger“, dass daraus eine bayernweite Kampage folgen soll. Auch für die Rother Realschule ist klar, nur mit einem Theaterstück allein könne dem Alkoholmissbrauch nicht entgegengetreten werden. Dazu bedarf es mehr. „Positive Vorbilder“, auch unter den Jugendlichen, seien gefragt. Deshalb will die Schule weitere Aktionen und Projekte zum Thema folgen lassen. /dg

 

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