Adresse für leidende Seele
Neue Tagesklinik für psychisch Kranke in Roth
25.6.2021, 12:47 Uhr„Es ist kein Problem, wenn man sich helfen lässt. Das ist nichts, wofür man sich schämen müsste. Vielmehr ist es ein Problem, wenn man sich nicht helfen lässt.“ Raus aus der Stigmatisierung und mitten hinein in den Alltag der Gesellschaft. So will Mittelfrankens Bezirkstagspräsident, zugleich Vorsitzender der mittelfränkischen Bezirkskliniken, Armin Kroder das jüngste Klinikprojekt Ansbachs verstanden wissen: am Donnerstagnachmittag nahm die psychiatrische Tagesklinik in Roth offiziell ihre Arbeit auf.
Kroder, zugleich von Amts wegen Vorsitzender des Verwaltungsrates der Bezirkskliniken, betonte in seinem Grußwort, dass man als Bauherr ganz bewusst in unmittelbarer Nachbarschaft von Kreisklinik und den angegliederten Gesundheitszentren gebaut habe. Und bemühte dazu den altrömischen Dichter Juvenal. Schon dieser habe darauf hingewiesen, wie wichtig es sei, dass Körper, Geist und Seele eine gesunde Einheit bildeten. Die Tagesklinik ermögliche es, Menschen mit psychischen Problemen disziplinübergreifend zu behandeln - wohnortnah und damit auch inmitten ihres gewohnten sozialen Umfelds.
Das tägliche Umfeld einbeziehen
Denn auch das spiele in der modernen Psychotherapie eine wesentliche Rolle, führte Prof. Dr. Mathias Zink, der ärztliche Leiter aller mittelfränkischen Bezirkskliniken, zur fachlichen Arbeit aus. Neben der Einbeziehung des sozialen Umfelds des Patienten spiele die Psychotherapie in der Tagesklinik eine größere Rolle als die pharmazeutische Therapie. Darum auch der Einsatz eines multiprofessionellen Teams (dazu mehr im Infoteil).
Im Wesentlichen würden die 24 Betreuungsplätze auf drei Patientengruppen verteilt: In Gruppe eins stünden Menschen im fortgeschrittenen Alter im Mittelpunkt, die beispielsweise Verluste, Trennungen, Krankheit oder Tod bewältigen lernen müssten. Gruppe zwei konzentriert sich auf psychisch chronisch Kranke, die, soweit als möglich, aus der Isolation hinein ins Leben geführt werden sollten. Und in Gruppe drei haben Patienten mit „affektiven Störungen“, wie Burn-out oder Depressionen, ihren Platz.
An der Tatsache, dass der Bedarf an professioneller psychotherapeutischer Betreuung schon seit Jahren wächst, wollte keiner der Grußredner rütteln. Im Gegenteil: Alle machten deutlich, dass die Pandemie mit all ihren Einschränkungen nur eine schon seit Jahren zu beobachtende Entwicklung „deutlicher als vielleicht zuvor ans Tageslicht gebracht hat“.
So sieht es Landrat Herbert Eckstein, der in diesem Zusammenhang den Fokus besonders auf Kinder und Jugendliche richten wollte: „Die Wirkung, die Corona bei dieser jungen Generation zeigt, werden wir als Gesellschaft noch Jahre später zu spüren bekommen.“ Und: „Wir müssen es schaffen, diese Menschen, sobald es geht, wieder stark zu machen.“
An Kinder und Jugendliche denken
Aber: Es fehlt an entsprechenden (Tages-)Pflegeplätzen, wie sie jetzt in Roth entstanden sind - die aber durch die Bank Erwachsenen vorbehalten sind. Darum auch Ecksteins Appell in Richtung Bezirk, die Bemühungen für eine jugendliche Klientel für weitere Therapieplätze zu verstärken.
Grundsätzlich rannte er damit bei den Verantwortlichen offene Türen ein. Dr. Matthias Keilen, Vorstand der Bezirkskliniken, stimmte dem Landkreischef in dessen Einschätzung zu. Zugleich betonte er, dass es erklärtes Ziel des Bezirks sei, die teilstationäre Versorgung über Tageskliniken, wie die in Roth, zu forcieren. Das sei finanziell sinnvoll. Genauso aber auch medizinisch, „Menschen mit psychischen Erkrankungen inmitten der Gesellschaft zu therapieren und sie gut wie möglich zu integrieren“.
Daten und Fakten
Die psychiatrische Tagesklinik in Roth, Weinbergweg 12a, bietet 24 Behandlungsplätze für Erwachsene. Sie ist die jüngste von jetzt insgesamt zwölf psychiatrischen Institutsambulanzen der Bezirkskliniken Mittelfranken. Diese sind in der Regel die ersten Anlaufstellen für Menschen mit psychiatrischen Erkrankungen.
In einem Erstgespräch werden zunächst alle wichtigen Details, vorherige Therapien und die Lebensumstände erörtert. Dann können, je nach Schwere der Erkrankung und individuellen Faktoren, passende Therapieangebote vermittelt werden. Außerdem sind die Ambulanzen ein weiterführendes Angebot nach einem stationären Aufenthalt in einer Klinik.
Mit verschiedenen Gruppenangeboten und Gesprächstherapien stehen hier die Rückfallprävention sowie die umfassende Nachsorge im Mittelpunkt.in multiprofessionelles Team, bestehend aus Pflegekräften, Psychologen, Spezialtherapeuten, Sozialpädagogen, Ärzten und medizinischen Fachangestellten, betreut die Betroffenen vor Ort. Weitere Informationen zum Thema unter: http://www.bezirkskliniken-mfr.de
Keine Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich zuvor registrieren.
0/1000 Zeichen