Nicht zu bremsen

12.5.2021, 16:57 Uhr
Nicht zu bremsen

© Foto: Manfred Marr.

Zur gelungenen Premiere hatte damals auch der unvergessene Tourenklub-Chef Manfred "Mecki" Wagner, der am Himmelfahrtstag 85 Jahre alt geworden wäre, ganz wesentlich beigetragen. Als Bezirksvorsitzender des Bayerischen Radsport-Verbandes staunte Manfred Wagner nicht schlecht als er im Herbst 1987 ein Schreiben der Stadt Nürnberg erhielt, in dem Oberbürgermeister Dr. Peter Schönlein vorschlug, ein Radrennen "Rund um die Nürnberger Altstadt" durchzuführen.

Bei "Mecki" Wagner rannte Schönlein damals offene Türen ein, als er ihn um die Mitarbeit des Radsport-Bezirkes bei der Vorbereitung und Planung einer solchen Veranstaltung bat. Manfred Wagner war davon sofort restlos begeistert, denn im Organisieren, Planen und Delegieren war er ein wahrer Meister. OB Schönlein erhielt von Wagner umgehend einen positiven Bescheid. Bald fanden erste gemeinsame Beratungen im Nürnberger Rathaus statt.

Premiere vor 50 000 Fans

Nicht zu bremsen

© Archiv: Manfred Marr.

Nun war Manfred Wagner nicht mehr zu bremsen. Zusammen mit bewährten Funktionären der mittelfränkischen Radsport-Vereine bildete er ein kompetentes Organisations-Team. In der knapp 3-jährigen Vorbereitungsphase wurde ganze Arbeit geleistet. Am 8. September 1991 wurde die Premiere vor rund 50 000 Zuschauern auf Anhieb ein sensationeller Erfolg. Ein wesentlicher Grund hierfür war sicher auch das umfangreiche Rahmenprogramm, das Sport, Unterhaltung und Show optimal miteinander verband, wie man es bei einem Radrennen in Franken bis dahin noch nicht erlebt hatte.

Hinzu kam die hochkarätige Starterliste mit rund 200 Radamateuren aus sieben Nationen. Prominentester Teilnehmer war der Leipziger Jens Lehmann, der wenige Tage vorher bei der Bahn-WM in Stuttgart als Doppelweltmeister gefeiert worden war. Mit am Start waren neben den starken Lokalmatadoren der RSG Nürnberg unter anderem auch der 21-jährige deutsche Vizemeister Erik Zabel (Olympia Dortmund) und der 19-jährige Jens Voigt (TC Berlin) der das Rennen auf Rang 22 beendete.

Nicht zu bremsen

© Archiv: Manfred Marr.

Strahlender Sieger der ersten Austragung wurde nach 25 Runden (125 Kilometer) überraschend der 24-jährige Magdeburger Stephan Gottschling, der seit 1990 das Trikot der "RSG Nürnberg" trug. Gottschling siegte nach prächtigem Finale in 2:52,0 Stunden mit 30 Metern Vorsprung vor dem tschechischen Nationalfahrer Ottokar Fiala und dem Cottbuser Achmed Wolke, der eineinhalb Minuten später das Feld der Verfolger anführte. "Das erste Rennen um die Nürnberger Altstadt war mein Durchbruch zur absoluten Spitzenklasse und neben meinen beiden Deutschen Meistertiteln mein größter und schönster Sieg", sagt Stephan Gottschling heute rückblickend.

Große Worte und Taten

Zu Recht sehr optimistisch war nach der rundum gelungenen Premiere OB Dr. Peter Schönlein, der bei der Siegerehrung spontan erklärte: "Diese Veranstaltung wird nun jedes Jahr stattfinden, um zu einem der bedeutendsten Rennen in Deutschland zu werden!" Große Worte, denen jedoch auch die entsprechende Taten folgten. In den nächsten Jahren entwickelte sich die neue Radsportveranstaltung kontinuierlich zu einem sportlichen Highlight mit hohem Stellenwert im Terminkalender der Stadt Nürnberg, wozu auch die beiden Deutschen Meister und Lokalmatadore Bert Dietz und Steffen Rein als strahlende Sieger 1992 und 1993 beitrugen.

Mit Ulrich und Co.

Die enorme Popularität der erfolgreichen RSG Nürnberg trug ganz wesentlich zur erfolgreichen Entwicklung der Veranstaltung mit immer mehr Zuschauern bei, zumal die beiden Altmeister Dieter Burkhardt und Dieter Flögel alljährlich erlesene Felder mit prominenten Fahrern an den Start brachten. Eine regelrechte Explosion der Zuschauerzahlen gab es ab 1995, als nach neuem UCI-Reglement erstmals auch Profis starteten. In den Jahren 1996, 1997 und 1998 brausten als die jeweiligen Tour-de-France-Sieger Bjarne Riis, Jan Ullrich und Marco Pantani um die Stadtmauern. 150 000 Radsportfans aus dem gesamten Bundesgebiet säumten die Fünf-Kilometer-Runde!

1994 kam zum bewährten Programm mit einem Nachwuchsrennen, dem Jedermann-Rennen und dem Rennen der Amateure erstmals ein Wettbewerb der Frauen hinzu, der sich sehr schnell zum zweiten Höhepunkt der Veranstaltung entwickelte. Durch die Verlängerung der Runde auf knapp 13 Kilometer erreichte das Rennen ab dem Jahr 2000 zwar eine Höherstufung in der Kategorie des Weltverbandes, doch der bisherige rasante Rennverlauf ging damit verloren.

Auch die Austragung eines Frauen-Weltcup-Rennens, das nun auf der Zwölf-Kilometer-Runde möglich wurde, brachte den Reiz und die Spannung der früheren Jahre bei den Fans nicht mehr zurück. Daran änderten in den Jahren 2001 bis 2009 auch die eindrucksvollen Siege von Erik Zabel, Olaf Pollack, Kai Hundertmarck, Sebastian Siedler, Ronny Scholz, Gerald Ciolek , Fabian Wegmann, André Greipel und Francesco Gavazzi nichts mehr. Nach dem Ausstieg der Nürnberger Versicherung als Hauptsponsor wurde es ab 2010 extrem schwierig, die Veranstaltung zu erhalten. Doch dafür kämpfte Jürgen Thielemann vom Sport-Service der Stadt Nürnberg unermüdlich und erfolgreich. 2010, 2011 und 2012 fand das Rennen mit sehr bescheidenem Budget und ohne prominente Stars statt. Erik Baumann, Helmut Trettwer und Andreas Schillinger gewannen nach spannenden Rennen auf einer extrem gekürzten Runde.

Finale der "Bayern-Tour"

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© Foto: Manfred Marr.

Neue Hoffnung für eine erfolgreiche Fortsetzung des "Nürnberger Klassikers" kam auf, als 2013 mit dem Veranstalter der Bayern-Rundfahrt vereinbart wurde, dass in den folgenden drei Jahren das Finale der beliebten "Bayern-Tour" auf dem traditionellen Fünf-Kilometer-Rundkurs um die Nürnberger Altstadt stattfinden sollte. Heinrich Haussler, Sam Benett und John Degenkolb begeisterten nun mit herrlichen Sprints als Sieger der jeweiligen Schluss-Etappen. Frankens Radsport-Fans waren wieder begeistert und freuten sich auf weitere große Finals. Doch im Jahr 2016 kam für die "Bayern Rundfahrt" das endgültige Aus, nachdem sich deren Hauptsponsor verabschiedet hatte. Nach 25 Austragungen endete damit auch das bisher größte und schönste Radrennen Frankens.

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