Nur Martin Schulz hat einen Effekt — auf die SPD

6.3.2017, 16:16 Uhr
Nur Martin Schulz hat einen Effekt — auf die SPD

© Foto: Daniel Karmann/dpa

Seit Donald Trump am 8. November zum Präsidenten der USA gewählt wurde, verzeichnen bundesweit linke Parteien und FDP mehr neue Mitglieder als üblich. Dieser "Trump-Effekt" soll widerspiegeln, dass dessen Politik abgelehnt wird. Als Signal zu politischem Engagement könnten jedoch alle Parteien (indirekt) profitieren. Auf der anderen Seite gibt es den sogenannten "Schulz-Effekt": Seitdem er Ende Januar zum Kanzlerkandidaten nominiert wurde, zählt die SPD viele neue Mitglieder und hat in manchen Umfragen die Union überflügelt.

Doch wie sieht es im Landkreis Roth aus? Wir haben die CSU, SPD, Linke, Grünen, FDP, Partei für Franken, AfD und Piraten nach ihrem Mitgliederstand im jeweiligen Kreisverband zu den Jahreswechseln 2017, 2016 und 2012 sowie Veränderungen seit Oktober 2016 gefragt. Die Piraten haben darauf nicht reagiert.

Stabile CSU

Die CSU stellt demnach mit 1202 Mitgliedern (31.12.2016) die mitgliederstärkste Partei im Landkreis. In den Arbeitskreisen und -gemeinschaften wie Junge Union (139) oder Frauen-Union (251) sind 720 Personen organisiert — sie können, müssen aber nicht gleichzeitig Mitglied der CSU sein. Die Entwicklung der Mitgliederzahlen in den Ortsverbänden sei sehr unterschiedlich und bisweilen von Wahlereignissen und deren mobilisierender Wirkung abhängig, so Kreisgeschäftsführer Heinz Bieberle. Die Daten könnten daher nur gegliedert und in Absprache mit den Ortsvorsitzenden veröffentlicht werden.

"Um die Selbstbestimmung der Ortsverbände nicht zu beschneiden", will er deshalb keine Zahlen aus der Vergangenheit nennen. "Besondere personenbedingte Effekte auf die seit Jahren relativ stabile Mitgliederzahl etwa durch populistische Heils- oder Hassgestalten sind unserem Bundeswahlkreisgeschäftsführer jedoch nicht bekannt", so Bieberle.

Aufbruchstimmung bei der SPD

Anders dagegen bei der SPD. Einen "Trump-Effekt" gab es für den Kreisvorsitzenden Sven Ehrhardt bei jeweils einem Neueintritt in den Monaten Oktober, November und Dezember nicht. Zum Jahreswechsel hatte die SPD 803, 2015 831 und 2012 891 Mitglieder. Aber: "Wir haben einen deutlichen Schulz-Effekt", sagt Ehrhardt. So verzeichnete die Kreis-SPD 2016 acht Neueintritte (drei seit Trump), seit der Bekanntgabe der Schulz-Kandidatur waren es 14, davon vier Wiedereintritte. In den vergangenen Wochen sei keine Veranstaltung vergangen, bei der kein neues Mitglied gewonnen worden sei.

Mitgliederschwund umkehren

Mit Schulz und dessen Biografie könne die Partei ihr Kernthema, die soziale Gerechtigkeit, wieder glaubwürdig vertreten. Dies habe sie mit der Agenda 2010 — mit ihr sei Ehrhardt nicht ganz zufrieden — verloren. So herrscht nun Aufbruchstimmung, weil Ehrhardt auf einen nachhaltigen Effekt hofft, der den Mitgliederschwund der vergangenen Jahre stoppen oder sogar umkehren könnte. Bundesweit hat das anscheinend in der Momentaufnahme schon gewirkt: Mit mehr als 432 000 Personen sei die SPD wieder mitgliederstärkste Partei vor der CDU (knapp 432 000).

Die Freien Wähler wiederum verspüren keinen Effekt, der auf die beiden Politiker zurückzuführen wäre. "Wir Freie Wähler sind ja hauptsächlich im kommunalen Bereich tätig", sagt Kreisgeschäftsführer Franz Miehling. Aktuell zählt er 585 Mitglieder, zum Jahreswechsel waren es 592. Ein Jahr zuvor kamen die Freien Wähler noch auf zirka 622 Mitglieder. Als Miehling 2014 seinen Posten antrat, hatte der Kreisverband Roth noch rund 700 Mitglieder. In dieser Zeit kamen etwa zehn bis 15 neue Freie hinzu. Die rund 115 Austritte, die Miehling verzeichnen musste — allerdings sind davon knapp 40 Personen verstorben — führt er nicht auf Trump oder Schulz zurück: Sie haben "definitiv nichts mit diesem Effekt zu tun". Wie bei der FDP lagen bei den Freien Wählern für 2012 keine Zahlen mehr vor.

Eigene Anziehungskraft

Die Grünen sind eine der Parteien, die vom "Trump-Effekt" direkt profitieren könnten. Mit bundesweit 61 596 Mitgliedern gaben sie kürzlich einen neuen Rekord bekannt. Auch im Kreis sind sie gewachsen: 2012 verzeichneten die Grünen 50 Mitglieder, 2016 waren es 62, 2017 68 Mitglieder. Im Oktober gründeten sie in Hilpoltstein den ersten Ortsverband im südlichen Landkreis. In diesem Monat registrierten sie vier Eintritte, im November zwei und im Februar zwei weitere. Die Motivation zum Eintritt habe jedoch "nichts mit Trump (oder Schulz) zu tun", so Vorstandsmitglied Ursula Burkhardt. Vielmehr habe sich das Engagement und die Arbeit der Grünen vor Ort, Personen aus dem Sympathisantenkreis zum Eintritt zu bewegen, ausgezahlt.

Für die FDP war 2016 ein schwieriges Jahr, Todesfälle auf Bundesebene und im Kreisverband (Michael Scheler, Dieter Maul) waren zu verkraften. Anfang 2016 zählten die Liberalen 36 Mitglieder, sagt die Kreisvorsitzende Marina Schuster. Im Frühjahr kamen drei weitere hinzu, im Dezember meldete sich noch eines, sodass die FDP zum Jahreswechsel 41 Mitglieder zählte. Auch wenn heuer schon zwei Bürger einen Aufnahmeantrag gestellt haben, Schulz und Trump ziehen vorbei: Einige der Neumitglieder hätten schon immer FDP gewählt, andere gaben an, eine vernünftige Kraft in der Mitte oder eine richtige Opposition im Bundestag zu vermissen, so Schuster.

Die AfD zählte im Kreisverband Lauf-Roth zum Jahreswechsel 2017 100 Mitglieder, so der Vorsitzende Norbert Closmann. Der Zulauf sei ungebrochen, allerdings weniger wegen Trump oder Schulz, sondern weil die Partei neu sei und die Leute neugierig seinen und dabei sein wollten. Die zeitliche Entwicklung der Mitgliederzahlen nannte die AfD trotz mehrfacher Zusicherung nicht.

Konstante Linke

Die Linke spürt wie die Grünen nichts von einem Trump-Effekt, sollte bei letzterem "eine Verrohung der politischen Auseinandersetzung und Abwanderung nach rechts gemeint sein", so Helmut Johach, Vorsitzender des Kreises Schwabach-Roth. Auch Schulz ziehe nicht. "Wir sind ja auch eine andere Partei." In den vergangenen Wochen hat sich die Mitgliederzahl nicht groß verändert. Zwar wuchs bei einem Austritt und einer Streichung sowie acht Eintritten die Partei im vergangenen Jahr von 30 auf 36 Mitglieder, allerdings schon vor der Präsidenten-Wahl. In den Jahren davor lag sie relativ konstant bei um die 30.

31 Mitglieder, seit Jahren unverändert, zählt der Kreisverband Roth/Schwabach der Partei für Franken, meint der Parteivorsitzende Robert Gattenlöhner. Von "Trump- oder Schulz-Effekten" merke man nichts. "Wir sind als Regionalpartei davon losgelöst."

Beide Effekte, so sie denn eine Wirkung hinterlassen, reichen im Übrigen nicht aus, um die verstorbenen Mitglieder auszugleichen. In Bayern verzeichneten im Jahresvergleich 2016 SPD, Linke, CSU und Freie Wähler sinkende Mitgliederzahlen, Grüne, FDP und AfD legten zu.

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