Präsidentin des Zonta-Clubs über die Pläne von Olaf Scholz

17.11.2019, 06:01 Uhr
Brigitte Reinard vom Zonta-Club vertritt die Rechte von Frauen - und sieht im Interview beide Seiten.

© Petra Bittner Brigitte Reinard vom Zonta-Club vertritt die Rechte von Frauen - und sieht im Interview beide Seiten.


Olaf Scholz: Reine Männer-Vereine sollen keine Steuervorteile haben.


Mein lieber Herr Gesangverein, da hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz aber so manch‘ treuem Vereinsmeier einen Schrecken eingejagt! Mit dem Argument "Vereine, die grundsätzlich keine Frauen aufnehmen, sind aus meiner Sicht nicht gemeinnützig" will Olaf Scholz reinen Männer-e.V.s geltende Steuervorteile aberkennen. Astreine Damenorganisationen dürfte dann freilich dasselbe Schicksal ereilen. Im Augenblick bläst dem Mann, der an die SPD-Spitze möchte, für seinen Vorstoß reichlich Gegenwind ins Gesicht. Dennoch bleibt die Frage: Sollten Männer und Frauen denn manchmal wirklich lieber "draußen bleiben" – oder eben nicht? Brigitte Reinard, Präsidentin des ausschließlich weiblich besetzten "Zonta-Clubs Fränkisches Seenland", kann beide Positionen nachvollziehen.

Frau Reinard, Olaf Scholz hat ja ganz schön an den Grundfesten der Vereinslandschaft gerüttelt. Mit Erfolg? Werden Sie bei Zonta demnächst Männer aufnehmen?

Reinard: In der Satzung unseres Service-Clubs steht schon immer, dass auch männliche Mitglieder Zugang haben. Ich sehe darin sogar einen Vorteil: Auf diese Weise würden Männer mehr für spezifische Frauenproblematiken sensibilisiert.

Aber Sie haben im Moment keine männlichen Mitglieder?

Reinard: Nein. Das liegt zum einen sicher daran, dass wir bei den Männern nie direkt angefragt haben. Zum anderen hielten die uns anfangs wohl eher für einen Hausfrauenverein, in dem gebacken und gekocht wird. Mittlerweile dürfte sich allerdings herumgesprochen haben, dass wir politisch sehr aktiv sind – beispielsweise was die Themen "Emanzipation", "Gewalt gegen Frauen" oder generell "Menschenwürde" angeht. Ich denke, das Bild hat sich gewandelt.

Bleibt also abzuwarten, wann der erste Mann anklopft. Aber sehen Sie denn gar keinen Mehrwert in einer gleichgeschlechtlichen Gemeinschaft, wie ihn die Gegner von Olaf Scholz propagieren?

Reinard: Persönlich bin ich eine Verfechterin gemischter Gruppen. Und ich finde es kritisch, wenn Männervereine aus Prinzip keine Frauen reinlassen. Auf der anderen Seite ist es schon so, dass Frauen oder Männer sich untereinander anders besprechen, als wenn Vertreter des jeweils anderen Geschlechts mit dabei sind. Außerdem gibt es manchmal triftige Gründe für die geschlechtliche Homogenität: Ein Männergesangverein ist stimmlich zum Beispiel ganz anders aufgestellt.

… und kann deshalb nicht gemeinnützig sein?

Reinard: Das mit dem Entzug der Gemeinnützigkeit geht gar nicht! Damit schade ich doch auch der Gesellschaft. Bleiben wir beim Männergesangverein: Da werden super Konzerte für die Allgemeinheit gegeben, man(n) erfreut die Menschen. Damit wird doch nicht gleich gegen die Prinzipien der Gleichberechtigung verstoßen.

Weil Sie das sagen: Passt ein reiner Männer- oder Frauenverein überhaupt noch in unsere Zeit?

Reinard: Männer und Frauen sind zwar vor dem Gesetz gleich, aber dann eben doch wieder nicht so gleich. Nehmen wir den Katholische Frauenbund: Der gilt als einer der ältesten Frauenverbände überhaupt und hat vielen Mitgliedern auf ihrem Weg zu mehr Selbstbestimmung geholfen.

Dann brauchen wir ihn heute ja nicht mehr, oder?

Reinard: Doch! Wir Frauen dürfen uns auf den Erfolgen der Emanzipation nicht ausruhen, sonst fallen wir zurück. Wir müssen uns auf die Hinterbeine stellen und für unsere Rechte kämpfen. Vielleicht braucht es Frauenvereinigungen, um daran zu erinnern. Trotzdem finde ich, dass Frauen und Männer bei solchen Anliegen auch miteinander arbeiten können.

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