Ratibor in Polen: Roths Partnerstadt ist keine "Hass-Zone"

6.8.2020, 05:35 Uhr
Solidarität in Berlin: Die Menschen gingen auf die Straße und machten auch auf die Situation in Polen aufmerksam.

© Annette Riedl, NN Solidarität in Berlin: Die Menschen gingen auf die Straße und machten auch auf die Situation in Polen aufmerksam.

Polnische Aktivisten haben einen "Atlas des Hasses" veröffentlicht. Die rot eingefärbten Gebiete auf der Landkarte Polens zeigen jene Orte, an denen Schwule, Lesben, Transsexuelle und queere Menschen (LGBTQ) nicht willkommen sind. Diese sogenannten "LGBTQ-ideologiefreie Zonen" können von Gemeinden, Landkreisen oder Woiwodschaften ausgerufen werden. Auch wenn sie rechtlich nicht durchsetzbar sind, haben sie doch eine symbolische Strahlkraft. Die EU-Kommissarin für Gleichstellung, Helena Dalli, verurteilt diese Zonen stark.


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Die EU-Kommission lehnte unlängst Anträge auf Förderung von Städtepartnerschaften aus den entsprechenden Gebieten ab. Die Werte seien nicht mit denen der EU vereinbar. Die Diskussion um die Gleichstellung ist 2019 wieder neu aufgeflammt, als der liberale Bürgermeister Warschaus, Rafał Trzaskowski, eine Erklärung zur Unterstützung der LGBTQ-Rechte unterzeichnete.

Auch solle das Wissen darüber im Sexualkundeunterricht in den Schulen gelehrt werden. Das brachte eine Art "Gegenbewegung" mit sich. Politiker der Partei PiS lehnte die Pläne entschieden ab. Der Erzbischof von Krakau, Marek Jędraszewski, sprach im August 2019 in einer Predigt von einer "Regenbogen-Seuche". Viele Menschen gehen deshalb auf die Straßen und protestieren für Gleichberechtigung und ein Leben ohne Vorurteile und Zurückweisung.

Roths Verbindung zu Polen

Doch was bedeutet das eigentlich für die seit 1992 bestehende Städtepartnerschaft Roths mit der Stadt Ratibor im Südwesten Polens? Laut dem "Atlas des Hasses" liegt die Stadt mit fast 55 000 Einwohnern nicht in einer der fraglichen Zonen. Auf Anfrage bestätigt die Stadt Roth das. Die eigenen Recherchen hätten ergeben, dass Ratibor keine diskriminierende Haltung gegenüber der LGBTQ-Gemeinde hat.


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Bürgermeister Ralph Edelhäußer und sein Team vernahmen die Aussagen von Erzbischof Jędraszewski mit "großem Befremden". Die Stadt Roth würde jede Form der Diskriminierung entschieden ablehnen. Deshalb möchten die Verantwortlichen beim nächsten Besuch in Ratibor, der wegen der Corona-Pandemie noch in weiterer Ferne liegt, Gespräche über Grundrechte mit einfließen lassen.

Das Miteinander pflegen

Das Hauptamt der Stadt teilt zudem mit: "Trotz dieser schwerwiegenden Vorwürfe gegen Teile der polnischen Gesellschaft halten wir selbstverständlich an unserer langjährigen Städtepartnerschaft fest."

Ein grenzüberschreitendes Miteinander würde die Offenheit, auch gegenüber der LGBTQ-Gemeinschaft, fördern. "Trotz dieser schwerwiegenden Vorwürfe gegen Teile der polnischen Gesellschaft halten wir selbstverständlich an unserer langjährigen Städtepartnerschaft fest."