Rock mal ganz anders

31.12.2011, 00:00 Uhr
Rock mal ganz anders

© Unterburger

Gerlinde Grüner, Leiterin des Verkehrsamtes Markt Allersberg, bewies mit dem Engagement von „Vocalipur“ ein glückliches Händchen. Sie sprach von einer „Sternstunde“ – und damit hatte sie den Nagel auf den Kopf getroffen.

Unter der Leitung von Wolfgang Kellendorfer erarbeiteten sich über 40 Sängerinnen und Sänger, ausnahmslos Amateure, ein mitreißendes Bühnenprogramm. 2001 als „Junger Chor Freystadt“ mit anfangs 20 Sängern gegründet, folgten 2002 die Vereinsgründung, der Beitritt zum Deutschen Chorverband und die Umbenennung in „Vocalipur“. Der Name steht für den Anspruch mit „puren Stimmen“, also a cappella, zu singen.

Chorleiter Wolfgang Kellendorfer absolvierte die Fortbildung zum Jazz- und Popchorleiter Stufe B, und der Chor war 2009 beim Wettbewerb „Cantemus“ erfolgreich: Ein Silberdiplom sowie ein Sonderpreis der Jury für die überzeugende Choreografie sprechen für sich.

Ungewöhnlich gleich zu Beginn das gemeinsame Einsingen mit dem Publikum. Während die Zuhörer im Stehen Lockerungsübungen zu Elvis Presleys „Can’t Help Falling In Love“ machten und kräftig sangen, traten die Chormitglieder unbemerkt von zwei Seiten hinter das Publikum und begleiteten dessen Gesang durch mehrstimmiges Summen.

Dann aber betrat der Chor die Bühne und legte los. Die sauberen Einsätze, die wunderbaren Stimmen und der harmonische Zusammenklang, wobei der Spaß nicht zu kurz kam, begeisterten die Zuhörer. Mit sichtlicher Freude am Gesang folgten die Sängerinnen und Sänger den präzisen Vorgaben ihres humorvollen Dirigenten, mal leise und verhalten, dann wieder voller Dynamik.

Über einem schwebenden Grundton erklang mehrstimmig „Only You“ von den Flying Pickets. Als siebenstimmiger Chorsatz wurde Leonard Cohens feierliches „Hallelujah“ angekündigt. Doch Handygeklingel unterbrach den Hymnus: „Ein wichtiger Koffer ist nicht angekommen am Bahnhof Allersberg!“  Das Geklingel war das Signal für eine kabarettistische Einlage über Warteschleifen beim Telefonieren. Danach wurde das Hallelujah in vollendeter Weise zu Ende geführt.

Zu sentimental für die Jungs

Beim sentimental-wehmütigen „Kiss from a Rose“ von „Seal“ waren nur die „Moila” gefragt und die „Buam“ verließen fluchtartig die Bühne, „weil des Gefühlvolle is nix für uns“. Als endlich der vermisste Koffer am „Hauptbahnhof in Allerschberch“ eingetroffen war, versteckte sich der Chorleiter hinter den Mädels, zog sich auf offener Bühne um und tauchte als „Backstreet Boy“ wieder auf. Zusammen mit 14 weiteren rappenden Backstreet Boys sorgte er mit „Quit Playing Games“ für Furore. Auch diese kabarettistische Einlage kam bestens an.

Nach dem Kampfruf „Oans, zwoa, drei!“ wurde es kernig bayerisch. Im Quartett sang man das Gstanzl „Springt der Hirsch übern Bach – hupft der Hos übern Zaun“, das Publikum lachte Tränen über die schrägen Texte. Deftig wurde es, als das Männerquartett den Song „Nightshift“ der „Commodores“ kurzerhand umdichtete in „nei’gschifft“. Dabei stand ein voller Maßkrug auf der Bühne, aus dem zuvor ein Sänger noch einen kräftigen Schluck genommen hatte …

 „Nothing Else Matters“, der erfolgreichste Song der Rockgruppe „Metallica“, wurde in origineller Form von vier Männerstimmen interpretiert, unterstützt von der Sopranistin Anita. Mit wunderbarer Mehrstimmigkeit interpretierte man die Gospelballade „Wherever you are, whatever you do, he’s always close to you“ von Martin Carbowe: Der Chor stellte noch einmal seine stimmlichen Qualitäten bis hin zum Fortissimo unter Beweis und ließ den Song mit einem Pianissimo enden.

Den Song „Alkohol“ von Herbert Grönemeyers Album „Bochum“ (1984) hatte der Chor schon in Büchenbach bei „cantamus 2010“ mit großem Erfolg präsentiert und Grönemeyers Thesen („Alkohol ist dein Fallschirm und dein Rettungsboot“) mit erschreckenden Zahlen über Alkoholmissbrauch in Deutschland untermauert.

Eine der stärksten Interpretationen des Abends war der Song „Engel“ der Deutschrockergruppe „Rammstein“. Mit einer berührenden A-Cappella-Version des Songs „Weit weit weg“ von Hubert von Goisern und dem fetzigen „It’s my life“ von Bon Jovi endete der gelungene Konzertabend. Dafür gab’s tosenden Applaus.

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