Roth: Mit dem Auto zur eigenen Entbindung

7.3.2017, 16:53 Uhr
Roth: Mit dem Auto zur eigenen Entbindung

© Foto: Carola Scherbel

Der Geburtstermin war erst am 31. März angesetzt, also noch fast vier Wochen Zeit bis dahin. Und die schwangere 36-Jährige kam eigentlich nur deshalb in die Frauenarztpraxis von Dr. Indira Runau nach Roth, weil sie sichergehen wollte, dass auch alles in Ordnung ist. Sie hatte ein kleines bisschen Blut verloren. Natürlich fuhr sie mit dem Auto von Wendelstein nach Roth, ihr Mann war in Nürnberg bei der Arbeit, ihr "Großer" im Kindergarten.

Bei Dr. Runau saß die Frau dann gerade "nichtsahnend" auf einem Stuhl am Wehenschreibergerät, als sie plötzlich klagte, "dass ihr Bauch ordentlich weh tut", erzählte die Ärztin später. Dr. Runau untersuchte die Patientin: Der Muttermund war zwei Zentimeter weit geöffnet, "das ist noch nicht die Welt".

"Noch nie so erlebt"

Trotzdem empfahl die Gynäkologin der Frau gleich den direkten Weg in die Rother Kreisklinik. "Sie wollte eigentlich in Nürnberg entbinden und dorthin fahren, das hielt ich aber nicht mehr für eine so gute Idee."

Die Schwangere legte sich also auf eine Liege, um auf die Sanitäter zu warten, die sie ins Krankenhaus bringen sollten, da wurde es plötzlich ernst: "Auf einmal hat sie so sehr gestöhnt, dass ich wusste, das Kind kommt jetzt", sagt Dr. Runau. Dass das aber mit solchem Karacho passieren würde, das hat auch die Gynäkologin "noch nie erlebt". Sie konnte der Gebärenden "gerade noch die Jeans und den Slip runterreißen, da ist mir das Baby schon in die Hände geflutscht". Welch ein Glück: Der Kleine wog schon knapp 3000 Gramm, sah rosig aus "und hat auch gleich gequakt", war also ganz gesund und munter, als Dr. Runau das kleine Bündel Mensch der glücklichen und völlig überwältigten Mutter in die Arme legte. Als Notarzt und Sanitäter schließlich in der Praxis eintrafen, war ihr Auftrag leicht verändert: Jetzt mussten Mutter und Kind ins Krankenhaus gebracht werden.

Aber nicht nur für die junge Mutter, auch für die wartenden Patientinnen in der Praxis ("die nachfolgenden Termine verschieben sich ein bisschen") und für Frauenärztin Runau war dieser Einsatz höchst ungewöhnlich. Sowohl das Tempo der Niederkunft nannte Runau "einmalig" als auch den Auftrag an sie: "Es ist mindestens 15 Jahre her, dass ich im Rahmen meiner Facharztausbildung das letzte Mal bei einer Geburt dabei war — wohlgemerkt dabei. Die Ärzte stehen bei der Geburt ja eigentlich nur lächelnd daneben." Aber eine Hebamme war in dem Moment weit und breit nicht in Sicht. "Da wusste ich, wir machen das jetzt zu zweit und es wird gut."

Es wurde alles gut, Mutter und Kind sind wohlauf, der Vater wurde nachträglich benachrichtigt, dass sein Sohn schon in Mamas Armen liegt. Der augenzwinkernde Kommentar des glücklichen Papas: "Von Beginn an setzt er halt seinen Kopf durch." Alle drei sind heilfroh, dass der neue Erdenbürger sich für seine Durchsetzungskraft die gynäkologische Praxis ausgesucht hatte. Vier Wochen vor dem Geburtstermin hätte die junge Frau ja auch gerade "im Auto sitzen oder allein im Wald spazierengehen können".

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