Rother Kaserne: Asylbewerber-Unterkünfte sollen entstehen

8.9.2014, 20:50 Uhr
Wird die Otto-Lilienthal-Kaserne in Roth bald Unterkunft für Flüchtlinge sein?

© Stefan Hippel Wird die Otto-Lilienthal-Kaserne in Roth bald Unterkunft für Flüchtlinge sein?

Das ist das Ergebnis eines Vor-Ort-Termins, bei dem die Bayerische Sozialministerin Emilia Müller (CSU) gestern mit Entscheidungsträgern des Bundesverteidigungsministeriums und der Bundeswehr, der Regierung von Mittelfranken sowie der Stadt und des Kreises Roth in der Kaserne zusammen kam.

Das Treffen ging nicht zuletzt auf des Engagement des Bundeslandwirtschaftsministers Christian Schmidt (CSU) zurück, der als ehemaliger Staatssekretär im Verteidigungsministerium über entsprechende Kontakte verfügt. Und auch Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer forderte gestern Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) dazu auf, leerstehende Kasernen rasch zur Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung zu stellen. Anders sei der Flüchtlingsstrom kaum zu bewältigen.

Einer der Hauptwiderstände im Fall der Rother Kaserne ist allerdings, dass diese eben nicht – wie häufig angenommen – leer steht. Neben einem Ausbildungsbataillon der Heeresflieger befinden sich noch zahlreicher kleine Dienststellen auf dem Areal.

Das FlaRak-Areal kann nicht genutzt werden

Außerdem plane die Bundeswehr am Standort die Offiziersschule der Luftwaffe weiter auszubauen, erklärte Alice Greyer-Wieninger, Ministerialdirektorin im Bundesverteidigungsministerium schließlich nach Abschluss der Besichtigung: „Wir haben vier verschiedene Varianten einer Unterbringung von 500 bis 600 Flüchtlingen auf dem Gelände der Kaserne vor Ort diskutiert, eine Entscheidung ist noch nicht gefallen.“

Immerhin könne eine der Varianten bereits sicher ausgeschlossen werden: Dabei handelt es sich um die mehrfach diskutierte und auch von SPD-Landrat Herbert Eckstein immer wieder ins Gespräch gebrachte vorgelagerte FlaRak-Stellung in Richtung Eckersmühlen. Eckstein, der unlängst angedroht hatte, das Areal notfalls zu „beschlagnahmen“, erhielt gestern bei seiner Forderung nach einer Umnutzung Unterstützung durch SPD-Bundestagsabgeordnete.

Das Gebäude stehe zwar leer, räumte Greyer-Wieninger ein – doch befinde es sich nur 400 Meter vom Schießplatz entfernt, der nach wie vor intensiv genutzt werde. Das sei zu gefährlich. Abgesehen davon biete das FlaRak-Areal zudem nicht genug Platz für die geforderte Zahl an Personen. Denkbar bleibe aber eine Umnutzung von Flächen auf dem eigentlichen Kasernengebiet. In diesem Fall müssten betreffende Gebäude „ausgezäunt“ und so aus dem Sicherheitsbereich herausgelöst werden. Grundsätzlich sei dieses Prozedere möglich, versicherte Greyer-Wieninger – in Fürstenfeldbruck, Sonthofen und Erding seien entsprechende Maßnahmen in „aktiven“ Kasernen erfolgt oder würden angestrebt. Einfacher sei es, wenn Liegenschaften umgenutzt werden, die vollständig aufgegeben wurden, wie dies in München bereits der Fall war. Dennoch scheint hinter dem Stacheldraht in Roth etwas in Bewegung zu kommen. Für heute sind erneute Fachgespräche vor Ort anberaumt.

Seehofer erklärte derweil, er wolle einen Runden Tisch unter seiner Leitung mit Kommunalpolitikern, Kirchenvertretern, Flüchtlings- und Wohlfahrtsorganisationen ins Leben rufen. Ein Kabinettsausschuss mit Innenminister Joachim Herrmann, Sozialministerin Emilia Müller, Finanzminister Markus Söder und Staatskanzleichef Marcel Huber werde dem Ministerrat fortan auf jeder Sitzung über die aktuelle Lage berichten.

Die Diskussion um die Nutzung der Kaserne in Roth war in Gang gekommen, nachdem die Zentrale Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber in Zirndorf (ZAE) im Kreis Fürth immer mehr aus den Nähten platzte. Der starke Anstieg hängt mit dem Aufnahmestopp in der Münchner Bayernkaserne zusammen. In der Aufnahmeeinrichtung waren Ende August Fälle von Masern festgestellt worden. Die Regierung von Oberbayern verhängte daraufhin einen Aufnahmestopp. Alle Asylbewerber wurden seitdem nach Zirndorf geschickt. Wie sich mittlerweile herausstellte gab es auch dort Fälle von Masern – ohne jedoch die Einrichtung zu schließen. Auf Anfrage der NZ teilte die Regierung von Mittelfranken mit, dass es seit Anfang Juli insgesamt zehn Masernfälle gegeben habe. Der letzte Masernerkrankte sei am 30. August stationär aufgenommen worden.

Eine Sprecherin der Regierung von Mittelfranken begründete den Schritt, Zirndorf nicht zu schließen, mit der besonderen Funktion der ZAE innerhalb Bayerns und Deutschlands. „Die ZAE muss zum einen dann einspringen, wenn die zweite in Bayern vorhandene Aufnahmeeinrichtung in München aus irgendwelchen Gründen nicht zur Verfügung steht. Zum anderen muss sie dafür Sorge tragen, dass stets die Aufnahme von Asylbewerbern gewährleistet bleibt, für deren Herkunftsland (z.B. Ukraine) ausschließlich Bayern zuständig ist. Aus diesem Grund kommt eine Schließung der ZAE Zirndorf in jedem Fall nur als letztes Mittel in Betracht, wenn keinerlei andere Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.“

Eine Schließung sei auch deshalb nicht erforderlich gewesen, weil Erkrankte in anderen Dependancen von Zirndorf abgetrennt untergebracht werden konnten.

Dieser Artikel wurde am 8. September um 20.49 aktualisiert.

 

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