Selbstläufer in Farbe

28.9.2012, 17:51 Uhr
Selbstläufer in Farbe

© Bittner

„Hochinteressant“ findet Frank Hegewald das Ganze. Wenn da beispielsweise die Stoßzähne eines Elefanten von oben herab plastisch gen Kunst zielten, dann brächte das schon „eine außergewöhnliche Atmosphäre“ mit sich, erklärt er beim Rundgang durch Hilpoltsteins jüngsten Musentempel.

Hegewald muss es wissen. Schließlich ist er Vorstandsmitglied im Berufsverband Bildender Künstler (BBK) Nürnberg/Mittelfranken und hat in dieser Funktion bereits viele Ausstellungsräume gesehen. Doch die in der Residenz Hilpoltstein seien „durch die Einzigartigkeit der dreidimensional gestalteten Decke total reizvoll“ und würden „in dieser Güte“ ihresgleichen suchen.

Wer hätte es gedacht: Heinrich Kuhns historische Stuckdecken als „Herausforderung“ für kreative Zeitgenossen. Im Hier, im Jetzt. Und dieser Herausforderung will sich BBK-Mann Hegewald kommendes Frühjahr gemeinsam mit acht anderen Künstlern „gerne stellen“, um „die Eigentümlichkeit des Raums zu bespielen“.

„Raum/Spiel — Spiel/Raum“ soll sich die erste überregionale Gemeinschaftsausstellung mit Künstlern aus Nürnberg, Ansbach, Neumarkt, Schwabach und natürlich auch dem Landkreis Roth dann bezeichnenderweise nennen. Denn Malerin Erika Goldbrich möchte die Schau ganz bewusst in und für Hilpoltstein initiieren, damit „das Interesse an diesem neuen Ort für Kunst und Kultur“ noch mehr geweckt werde.

Bürgermeister Markus Mahl freut solches Lob natürlich. Nicht zuletzt, weil „der Run auf die Räume“ ja auch ein positives Signal im Hinblick auf die nicht immer unumstrittene Erwerbung, Sanierung und Nutzungskonzeption des Gebäudes wäre.

Dass es dort in Sachen Kunst nun boome, „war zwar nicht sicher, aber wir haben es in einem gewissen Umfang erwartet“, sagt Mahl und glaubt, dass man auch „durch solche Geschichten wie unsere Eingangstreppe“ für Aufsehen gesorgt hätte. Über den Landkreis hinaus.

Doch worin immer die Gründe auch zu suchen seien: Christoph Raithel, zuständiger Mitarbeiter im Hilpoltsteiner Amt für Kultur und Tourismus, kann so oder so eine stattliche Liste vorweisen – von der Weihnachtsausstellung des Kunst.Treff Hip über die „Duett-Exposition“ des Nürnberger Künstlerehepaars Strelau-Rückel, eine Kopatschek-Retrospektive oder Spectrum-Schau bis hin zur Aufbereitung von Friedrich Eibners Werk und der aktuellen Ausstellung des Werbefotografen K.W. Burger. Im Oktober gibt dann Helga Schreeb ihre euphorische Devise „HIP-HIP-orange“ aus.

Varietät macht den Reiz

Unterschiedliche Künstler, unterschiedliche Spielarten von Kunst. Genau das mache den Reiz aus, meint Raithel — „jedes Mal etwas Neues, etwas Anderes präsentieren zu können“. Zumal ja auch „jeder ausstellende Künstler ein Motor für die Stadt“ sei, selbst „wenn sich das finanziell nicht rechnen lässt“.

Dabei versteht Raithel die Residenz in erster Linie als „komplettierendes Element“ mit Blick auf das kulturelle Leben Hilpoltsteins. Sie sei keinesfalls als „Konkurrenz“ zu Kreuzwirtskeller, Volkshochschule oder anderen Anbietern am Ort zu verstehen, sondern vielmehr als „Lückenschluss in einem Netzwerk“ betont Raithel — wohlwissend, dass die Residenzarchitektur in Bezug auf bildende Kunst aber doch einen entscheidenden Vorteil berge: „Die Leute gehen unverbindlich rein und wollen vielleicht ,nur‘ in die Bücherei. Dabei dürfen sie quasi ganz nebenbei Kunstwerke konsumieren“.

Denn bei Bedarf kann nahezu das gesamte Haus plus Außenanlagen in ein „Kreativdomizil“ verwandelt werden. Selbst der Bauhof habe sich diesbezüglich schon auf „Spezialtransporte“ eingestellt.

Das lässt die Nürnberger Steinbildhauerin Michaela Biet, die ebenfalls bei der Gemeinschaftsausstellung im April nächsten Jahres mit von der Partie sein wird, leise aufatmen. Schließlich hätte sie der ansprechende Residenzhof schon auf eine Idee gebracht: „Könnte ich nicht auch während der Ausstellung an einem Objekt arbeiten – da draußen vielleicht...?

„Geht nicht, gibt’s nicht“

Christoph Raithel nickt: „Geht nicht, gibt’s bei uns hier kaum“, lacht er und ist schon unterwegs nach nebenan, wo Ilse Feiner gerade ein paar Ideen zu ihrem Präsentationskonzept durch den Kopf spuken.

„Es arbeitet in uns“, lächelt Erika Goldbrich im Namen der Neun, die’s im April wissen möchten — auch, wenn bis dahin noch ein Weilchen hin ist. Doch die Räume hätten ihn bereits herausgefordert, meint Bildhauer Hubert Lackner — „und uns den Auftrag gegeben“, ergänzt Frank Hegewald, „in Harmonie mit ihnen zu treten“. Darauf, so versichert der Fotokünstler und BBK-Vorsitzende, dürfe man gespannt sein...

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