SPD-Mitglieder im Landkreis überwiegend erleichtert

5.3.2018, 10:24 Uhr
SPD-Mitglieder im Landkreis überwiegend erleichtert

© Foto: Gregor Fischer/dpa

SPD-Mitglieder im Landkreis überwiegend erleichtert

Er war schon vorher positiv gestimmt und wurde trotzdem positiv überrascht: Martin Burkert, SPD-Bundestagsabgeordneter für Nürnberg-Süd und Schwabach, hat auf 62 Prozent Zustimmung für die GroKo getippt. Dass nun eine Zwei-Drittel-Mehrheit herausgekommen ist, "erleichtert" ihn. Für Burkert, der im Bereich Verkehr den Koalitionsvertrag mit verhandelt hat, gilt jetzt Fairness: "Dass ich mein Abstimmungsverhalten auch entsprechend dem Koalitionsvertrag ausrichte." Martin Burkert mahnt aber auch, dass der Erneuerungsprozess fortgeführt werden muss "und wir unsere Erfolge besser kommunizieren müssen". Wird der Wortführer der GroKo-Gegner eingebunden in die Parteispitze? "Führende Jusos haben immer ihren Weg gemacht", sagt Burkert, das gelte sicher auch für "den Kevin". Jetzt hoffe er aber erstmal, "dass alle sich einreihen und zusammenstehen". 

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Ja, mit zwei Drittel Zustimmung habe er gerechnet, sagt der stellvertretende SPD-Bezirksvorsitzende Marcel Schneider aus Rednitzhembach. "Und ich bin sehr glücklich darüber", gesteht der Landtagskandidat, weil es "keine Alternative dazu gibt". Neuwahlen hätten seiner Meinung nach "den rechten Rand gestärkt". Womit Schneider nicht gerechnet hat: Mit 78 Prozent Beteiligung. "Ich bin stolz auf meine Partei." Zu einer Spaltung führe das sicher nicht, denn gerade das sei doch "echte Demokratie". "Endlich haben wir wieder eine Streitkultur in Deutschland", findet Schneider, und die solle die Partei auch beibehalten. Vor allem aber solle die SPD sich beim vielzitierten Erneuerungsprozess wieder auf sozialdemokratische Werte besinnen — also zum Beispiel die Agendapolitik ("Stichwort Hartz IV") überdenken. Viele Menschen seien abgehängt, "das merkt man doch schon bei der Diskussion über die Tafeln — warum haben wir überhaupt so viele Tafeln?", fragt er.

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Er hat gegen die GroKo-Neuauflage gestimmt, sagt dagegen Sven Ehrhardt, der SPD-Vorsitzende im Landkreis Roth, weil die Partei "eine personelle und inhaltliche Erneuerung bisher verschlafen hat" und weil auch die Hinterzimmerpolitik der vergangenen Wochen um Vorsitz und Ministerposten gezeigt habe: "Die haben nicht viel verstanden." Auch im Koalitionsvertrag würden, so Ehrhardt, "Antworten eher vertagt", und er nennt die Pflege oder die Digitalisierung als Beispiele, "dass da der Mut fehlt". Ihm würde gefallen, wenn — wie jüngst in Bayern — der Vorsitzende in einer Urwahl gewählt wird oder auch ein Wahlprogramm im basisdemokratischen Prozess entsteht. "Es darf kein ,Weiter so‘ geben", hofft er und wünscht sich, "dass die Parteispitze die Zeichen der Zeit erkennt".

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Auch für den Hilpoltsteiner (SPD-)Bürgermeister Markus Mahl ist eine große Koalition nach eigener Aussage und mit Blick nicht nur auf die eigene Partei, sondern aufs gesamte Land ganz generell "auf so eine lange Zeit nicht das Beste für die Demokratie". Der Grund: Wer immer eine klare Mehrheit habe, vernachlässige diejenigen, die nicht mit in der Regierung seien. Mahl war also gegen die Groko, auch wenn in "seinem" Hilpoltsteiner Ortsverein die Mehrheit dafür war. Dies hatte, wie berichtet, eine Art Probeabstimmung ergeben.

Nun haben sich auch bundesweit die Befürworter durchgesetzt, und als Demokrat akzeptiere er diese Entscheidung natürlich. Die hohe Wahlbeteiligung und das deutliche Votum sieht er als gute Basis für die weitere Arbeit. Allerdings hofft auch er, dass es jetzt kein einfaches "Weiter so" gibt, sondern die Partei es schafft, in der großen Koalition mehr Profil zu zeigen und zu verdeutlichen, dass es SPD-Themen seien, die da umgesetzt werden. Das Ganze hoffentlich auch "mit neuen, fähigen Köpfen", die man nicht nur im Bund, sondern auch in den Ländern finde und die dann auch neue Gedanken mitbringen würden.

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Sein Bürgermeisterkollege Ben Schwarz aus Georgensgmünd dagegen hatte sich die Zustimmung zur neuerlichen Koalition mit der CDU/CSU gewünscht. Trotzdem ist er "positiv überrascht", dass die Mehrheit so deutlich ausgefallen ist. Wichtig ist ihm das kräftige Ja zur GroKo, weil die SPD damit ein Signal setzt, Verantwortung zu übernehmen, "und das kann sie gerade in einer Regierung tun". Aber auch die Diskussion darüber sei "wichtig und spannend" gewesen: "Endlich wurde wieder über Inhalte diskutiert." Spalten werde das die Partei sicher nicht, denn jede Seite habe ja gute Argumente gehabt und könne jetzt auch mit der Entscheidung gut leben. Nun soll die Partei den Blick darauf richten, "in der Regierung so viele sozialdemokratische Ziele umzusetzen wie möglich". Von denen habe man übrigens auch in der vorigen GroKo schon viele umgesetzt, "aber das müssen wir noch selbstbewusster verkörpern". Personelle Erneuerung und frische Gestaltung seien nötig. Aber diesen Bedarf haben laut Schwarz "auch die anderen Parteien".

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Eine "gewisse Erleichterung" verspürte die CSU-Bundestagsabgeordnete Marlene Mortler nach der Zustimmung der SPD zur Großen Koalition. Die SPD-Mitglieder hätten vernünftig entschieden und die Interessen des Staates vor die Interessen der Partei gestellt, "bald können wir also wieder ordentlich regieren". Die Zustimmung sei überfällig gewesen, "aber nicht selbstverständlich". Allerdings, so die Lauferin, die seit 2002 für die CSU im Bundestag sitzt, sei es ein Irrtum, zu glauben, dass sich die Sozialdemokraten nur in der Opposition erneuern könnten. "Wenn man nicht die richtigen Themen hat, dann wird man auch in der Opposition nicht zu Kraft kommen." Es sei jedenfalls zu einfach, stets zu sagen, dass man seine Erfolge nicht richtig verkauft habe, und die Schuld auf die Bundeskanzlerin zu schieben. Die CSU "musste sich auch in der Regierung erneuern", und habe es genauso geschafft wie jetzt die CDU.

Und wenn die SPD-Basis nicht zugestimmt hätte? Dann hätte es laut Mortler für eine kurze Zeit eine Minderheitsregierung gegeben, aber dann sicher eine Neuwahl, "und vor der hätten wir keine Angst gehabt". Diese Wahl wäre wohl eher für die Sozialdemokratie ein "Experiment mit ungewissem Ausgang" gewesen, und vielleicht sei die Angst, dann erst recht abgewählt zu werden, für einige der Grund für ihre Zustimmung gewesen.

Zu ihrer eigenen Zukunft in der neuen Regierung will sich Marlene Mortler übrigens noch nicht äußern. Sie ist seit 2014 Drogenbeauftragte der Bundesregierung und hat in den vergangenen Jahren für ihre Arbeit sowohl Lob erhalten als auch Kritik einstecken müssen. Diese Arbeit werde sie in den nächsten Jahren "nur unter bestimmten Bedingungen" weiterführen, so die vage Aussage.

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