Stammzellspender gesucht für Leo aus Wendelstein

18.10.2020, 19:00 Uhr
Stammzellspender gesucht für Leo aus Wendelstein

© Foto: privat

Stammzellspender gesucht für Leo aus Wendelstein

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Über Leo reden. Das ist, als hätte man sich Schokoladenpudding mit bitteren Mandeln auf die Zunge geladen. Ein "Strahlemann" sei er, dieser Kleine. Aufgeweckt, interessiert, verständig – "auch so hübsch, wirklich süß", schwärmt seine Nürnberger Oma, Petra Zucker. Und Leos Tante, Verena Fuchs aus Pruppach, nickt – nachdenklich ...

Die Bitterkeit nämlich, die stellte sich Ende Juni dieses Jahres ein. Da wurde Leo Reiß krank. Ein Magen-Darm-Infekt, wie er häufig vorkommt bei fast Zweijährigen. Leos Immunsystem bäumte sich kurz auf – doch wenig später lag er erneut im Bettchen. Diesmal mit Fieber.

Der Gang zur Kinderärztin war unvermeidlich – diese Routine, bei der man eine Praxis sorgenvoll betritt, um sie anschließend mit aufmunternden Worten und einem Rezept wieder zu verlassen. Daran dachten Leos Mama Gianna und Papa Robin wohl im Stillen. Oder hofften es zumindest.

Unfassbare Werte

Doch mit dem Praxisbesuch beginnt eine Leidensgeschichte. Und zugleich die eines Kämpfers. Es sei die von "Leo Löwe", wie seine Oma sagt. Denn die Erstuntersuchung von Leos Blut fördert "unfassbare Werte" zutage.

Werte, die der Kinderärztin zunächst suggerieren, ihre Gerätschaften seien defekt. Rasch überweist sie die kleine Familie aus Wendelstein ans Nürnberger Südklinikum. Dort wird der Bub erneut zur Ader gelassen – und dann ganz schnell mit seiner Mutter im Sanka nach Erlangen in die Uni-Klinik befördert.

Es folgt: eine weitere Blutentnahme. Danach, so habe es ihre Schwiegertochter Gianna geschildert, "ist das Personal plötzlich gelaufen und gerannt", berichtet Petra Zucker. In der Nacht zum 7. Juli wird schließlich klar warum: Leo hat akute Leukämie.

Ärzte waren von den Socken

14 000 Leukozyten pro Mikroliter sind bei gesunden Kleinkindern im Normbereich, bei kranken liege das Aufkommen bisweilen doppelt so hoch. "Leo hatte 680 000", erklärt seine Tante Verena, "die Ärzte in Erlangen waren regelrecht von den Socken, dass er sich überhaupt noch auf den Beinen halten konnte."

Blutkrebs also. Überall verteilt in diesem kleinen Körper. "Warum?" – Natürlich habe man sich die Frage unter vielen Tränen gestellt. "Aber wir sind keine Familie, die der Angst das Ruder überlasst", meint Petra Zucker energisch. Selbst als der physische Kontakt zu Leo und seinen Eltern bis auf Null heruntergefahren werden muss, versucht man, nach vorne zu schauen – "obwohl das für niemanden von uns leicht ist ...".

Langwierige Therapie

Derweil startet die Therapiemaschine: Mehr als einen Monat lang wird getestet, ob die gängige Behandlung bei dem Kind greift – Chemo, Kortison, Punktionen, Transfusionen, Kontrollen. Und immer wieder: Warten, warten, warten – auf Ärzte, auf Ergebnisse.

Dem Jungen wird ein Katheter implantiert, ihm fallen die Haare aus, er ist appetitlos und müde. "Aber er macht das alles mit", berichtet seine Oma voller Hochachtung. Trotzdem ist nach 33 Tagen klar: Die Therapie bringt nicht den gewünschten Erfolg. Selbst wenn sie zwei Jahre konsequent weitergeführt würde, bliebe bei Leo eine Rückfallquote von 70 Prozent bestehen, wird den Eltern beschieden.

Wummm! Der nächste Schlag in die Magengrube. Doch die Mediziner federn ihn mit einem alternativen Lösungsansatz ab: Ein Stammzellspender könnte helfen. Physisch und psychisch gesund; mindestens 18, höchstens 55 Jahre alt. Ein genetischer Zwilling von Leo, der bereit ist, diese lebensrettende Spende zu leisten. Irgendwo auf dieser Welt ...

Fundament der Hoffnung

Das ist Leos vorläufige Geschichte. Eine Story, die bislang zwar noch kein Happy End gefunden hat, inzwischen aber auf einem Fundament der Hoffnung fußt. Denn nachdem Verena Fuchs und die gesamte Familie über Social Media bei Freunden und Bekannten den Aufruf gestartet hatten, sich doch "bitte, bitte" bei der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) wegen etwaiger "Zwillingsqualitäten" typisieren zu lassen, sei ein "überwältigendes Echo" zurückgekommen. Bis aus den USA.

Das Wendelsteiner Gemeindeblatt sowie die Homepage des Marktes machten zudem auf Leos Schicksal aufmerksam und warben um Typisierungswillige. Im Pfarrbrief von Weiherhaus, wo Petra Zucker wohnt, tat man´s ebenso. Ein Freund der Familie hat mittlerweile eine Website erstellt: www.rette-leo.de heißt sie. Dort finden sich Berichte, Bilder und ein Button. Über Letzteren gelangt man mit nur einem Klick auf die DKMS-Seite, wo ein entsprechendes Testset angefordert werden kann.

Weil wegen Corona derzeit keine breit angelegten Typisierungsaktionen der DKMS stattfinden, sei man umso mehr auf die Eigeninitiative der Leute angewiesen, betont Petra Zucker und setzt auf die Solidarität ihrer Mitbürger. Denn die Rechnung gehe so: "Je mehr Menschen sich in der Spenderkartei listen lassen, desto größer die Chance, dass diesen Kranken geholfen werden kann." Kranken wie Leo. Oder wie der Weißenburgerin Alina, über die hier kürzlich berichtet wurde.

Kein großer Eingriff

Finde sich übrigens ein passender Spender, so bestehe für den überhaupt kein Anlass zu Furcht und Sorge, räumt man etwaige Vorbehalte aus dem Weg: Die benötigten Stammzellen würden entweder aus dem Blut extrahiert oder – seltener – aus dem Hüftknochen. Doch selbst das sei "kein großer Eingriff", zitiert Petra Zucker die DKMS.

Einen Tag vor seinem zweiten Geburtstag, am 11. August, durfte Leo übrigens wieder nach Hause. Seine Geschenke hat man mittels Seil in den ersten Stock der elterlichen Wohnung hochgezogen. "Der Bagger war der Hit", weiß seine Oma noch gut, die, wie alle anderen, nur von unten zusehen durfte. Noch immer ist kein direkter Kontakt zu dem Jungen möglich, der jetzt regelmäßig in einer speziellen Tagesklinik behandelt wird. Wenn sich aber bis Ende November der richtige Spender gefunden haben sollte, erfolgt im Januar die Transplantation. Danach würde endlich wieder ein Quantum Normalität auf Leo warten – und im September vielleicht auch der Kindergarten ...

Weitere Infos:

 

Alle 15 Minuten erhält ein Mensch in Deutschland die Diagnose Blutkrebs. Viele Patienten seien Kinder und Jugendliche, deren einzige Chance auf Heilung eine Stammzellspende ist.

 

Seit 1991 arbeitet die Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS) daran, für Patienten weltweit den passenden Spender zu finden. Zwar hätten sich der DKMS bislang etwa fünf Millionen Menschen angeschlossen, doch finde jeder zehnte Blutkrebspatient allein in Deutschland keinen "Zwilling". Denn für eine Stammzellspende müssen die Gewebemerkmale des Spenders mit denen des Patienten zu 100 Prozent übereinstimmen. Dabei gelte die Devise: Jede/r könnte der/die Richtige sein und mit seiner Spende Leben retten.

 

Funktionieren tut´s so: Einfach online ein Registrierungs-Set bei der DKMS anfordern (alternativ in der Apotheke besorgen oder den Test beim Hausarzt veranlassen). In diesem Set befindet sich ein Wattestäbchen zwecks Wangenabstrich, der schließlich portofrei an die DKMS zurückgeschickt wird. Ein Labor analysiert die entsprechenden Gewebemerkmale und registriert sie in der Datei.

 

Die Daten stehen ab da der weltweiten Suche nach Stammzellspendern zur Verfügung. Für den Fall, dass man als Spender infrage komme, melde sich die DKMS umgehend, heißt´s.

www.rette-leo.de

 

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