Steffi Hübner: Nur der Zehnmeterturm ist mittlerweile tabu

9.1.2015, 15:49 Uhr
Steffi Hübner: Nur der Zehnmeterturm ist mittlerweile tabu

© Fotos: oh

„Wenn die Enkel sportlich sind, dann lacht mein Herz“, erklärt die Hilpoltsteiner Sportlehrerin, die auch mit 58 Jahren noch jeden Tag an ihrer körperlichen Fitness arbeitet. Neben Laufen, Radeln und Fitnessstudio gehören dazu natürlich auch die regelmäßigen Trainingseinheiten im Nürnberger Südbad, das die Wasserspringer (der offizielle Oberbegriff für das Kunstspringen vom Brett und das Turmspringen) ihres Vereins, der Schwimmerbund Bayern 07 Nürnberg, am Samstagvormittag für sich haben. Deshalb klingelt nach wie vor am Samstag um 5.30 Uhr der Wecker, damit Steffi Hübner um 7 Uhr auf dem Sprungturm steht.

Konsequentes Training ist auch dringend nötig, wenn man bei internationalen Wettkämpfen der Masters-Klassen aufs Siegerpodium spekuliert. Für die Weltmeisterschaft im kanadischen Montréal hatte die einstige Kadersportlerin und mehrfache Jugendmeisterin der DDR vom Schwierigkeitsgrad der gezeigten Sprünge sogar gegenüber der vorangegangenen WM noch ein wenig was draufgepackt, um ihr Ziel – mindestens eine Goldmedaille – auch sicher zu erreichen.

Mit der Ausbeute (einmal Gold, einmal Silber und einmal Bronze) war Steffi Hübner durchaus zufrieden, nur die Reihenfolge, in der die 58-Jährige ihre umfangreiche Medaillensammlung erweiterte, war komplett anders als ursprünglich geplant. So musste sie sich beim Springen vom Einmeterbrett. ihrer Paradedisziplin, diesmal mit dem zweiten Platz begnügen. „Da wollte ich es ganz besonders gut machen“, berichtet Steffi Hübner, die sich dann aber bei einen Schraube einen kleinen Patzer erlaubt. Somit gewann die US-Amerikanerin Karla Helder, die laut ihrer deutschen Konkurrentin an diesem Tag allerdings auch richtig stark gewesen sei.

Trotzdem war die geschlagene Titelverteidigerin nach dem ersten Wettkampftag ein wenig frustriert, und tags darauf lief es beim Springen vom Dreimeterbrett ebenfalls nicht optimal. Steffi Hübner lag in Führung, überzockte dann aber beim fünften und letzten Sprung. Wieder war es ein Fehler bei einer Schraube („dabei liebe ich Schraubensprünge“), der sie auf den dritten Platz zurückwarf.

Beim Springen vom sieben Meter hohen Turm klappte es dann aber mit dem ersehnten WM-Titel – ausgerechnet in jener Disziplin, in der es die Hilpoltsteiner Wasserspringen am allerwenigsten erwartet hätte. „Da habe ich einen perfekten Tag erwischt“, freut sich Steffi Hübner über den versöhnlichen WM-Abschluss. Auch hier hatte sie den Schwierigkeitsgrad ihrer fünf Sprünge noch ein wenig erhöht – „zum Glück, denn sonst hätte es nicht gereicht“.

2015 finden zwar auch wieder die Senioren-WM im Wasserspringen statt, und zwar direkt im Anschluss an die Schwimmweltmeisterschaft im russischen Kasan, doch die sportliche Großmutter wird aller Wahrscheinlichkeit nach einem Familienurlaub den Vorzug geben. „Da zieht’s mich überhaupt nicht hin, auch wenn die Sportstätten wirklich toll sein müssen“, gesteht die 58-Jährige, die auch alles selbst zahlen muss. Wasserspringen ist eine Randsportart, und weder der Verband noch Hübners Nürnberger Verein haben das Geld, um die „Masters“-Athletin zu unterstützen.

Wer rastet, der rostet

Sie will ihr Trainingsprogramm aber genauso durchziehen, als wenn sie starten würde. „Ich tue das alles ja auch für meine Gesundheit, und wenn man einmal aussetzt, ist es ganz schwer, sich später wieder aufzuraffen“, weiß die Sportlehrerin des Gymnasiums Hilpoltstein. 2016 bei der EM in London will sie dann auf alle Fälle wieder mit von der Partie sein.

Eine offizielle Altersbeschränkung für die Masters-Wettkämpfe existiert übrigens nicht. „In Kanada gab es auch einige Teilnehmer mit über 80 Jahren, und die sind auch noch vom Fünfmeterturm gesprungen“, erzählt Steffi Hübner. Starter über 50 Jahre dürfen allerdings nur noch vom Zehnmeterturm hüpfen, wenn sie mit den Füßen voran ins Wasser eintauchen. Diese Disziplin boykottiert die 58-Jährige jedoch. „Das schaut einfach nicht schön aus“, meint sie. Da ist ihr die Ästhetik ihres geliebten Sports wichtiger als eine weitere Medaillenchance.

 

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