Strand und Skaterplatz dank Europa

17.5.2019, 06:00 Uhr
Strand und Skaterplatz dank Europa

© Foto: Landratsamt

Was hat ein Skaterplatz oder ein Dorfstrand mit Europapolitik zu tun? Wie ist ein Mühlenradweg an Entscheidungen in Brüssel gekoppelt? Europa ist gar nicht so weit weg und gar nicht so abstrakt, wie wir hie und da schimpfen. Viel von Europa lässt sich direkt vor der Haustür finden. Damit ist nicht die ordnungsgemäß gekrümmte Gurke im Supermarktregal gemeint, sondern zum Beispiel ein Fahrradweg, ein Dorfprojekt, ein Jugendplatz.

Der Verein ErLebenswelt Roth wurde 2003 gegründet. Seitdem hat er ein besonders schönes Ziel, nämlich im Landkreis Roth Geld zu verteilen. Geld für mehrere Dutzend LEADER-Projekte, die die Entwicklung, das Vernetzen und Verbinden vor allem auf dem Land fördern.

"Wir sind gerade in der dritten Förderperiode", erklärt Nadine Menchen, die die Geschäftsstelle des Vereins (oder der Lokalen Aktionsgruppe, wie die ErLebenswelt auch genannt wird) von Anfang an führt. Pro Förderperiode öffnet die Europäische Kommission ihre Geldkasse und vergibt fünf Prozent des Landwirtschaftsfonds an die Leader-Projekte.

Für die Zeit von 2014 bis 2020 hat Menchen für die Lokale Aktionsgruppe (mit 15 der 16 Landkreisgemeinden außer Greding, das in der Jura-Gruppe ist) also insgesamt 1,158 Millionen Euro zur Verfügung. Dazu kommen noch 400 000 Euro für besondere Kooperationsprojekte.

Das ist viel und wenig. Viel, weil man mit mehr als einer Million Euro ja schon einiges anleiern kann. Wenig, weil in 15 Gemeinden in sechs bis sieben Jahren natürlich mehr als nur ein paar Zuschusswünsche laut werden.

Der Job von Nadine Menchen und ihrer Mitstreiterin Sina Mixdorf ist es, die lokalen Projektträger – in der Regel sind das Vereine oder Gemeinden — zunächst zu beraten, was überhaupt förderfähig ist.

Meist kommen die Organisatoren zu Menchen und Mixdorf ins Landratsamt nach Roth, weil sie zum Beispiel im Jugendtreff eine Aktion veranstalten oder einen thematischen Wanderweg einführen wollen. Wie können sie ihr Projekt anlegen, damit es überhaupt förderfähig ist? Welche Formalien müssen sie beachten? Wie und was müssen sie wann beantragen?

Wenn alle formalen Fragen bejaht sind, kommt der Antrag vor das 33-köpfige Vorstandsgremium der ErLebenswelt Roth. Vorsitzender ist – ebenfalls schon seit 2003 – Bernhard Böckeler, der damalige und jetzt ehemalige Bürgermeister von Allersberg. Er und seine Mitvorstandsmitglieder freuen sich über alle Anträge.

Bei einem "Ja" für ihr Projekt fließen 50, inzwischen sogar 60 Prozent Zuschüsse.

Da war zum Beispiel das Gilardi-Anwesen, das mithilfe von gut 80 000 Euro aus dem EU-Topf seine museale Ausstellung realisieren konnte. Oder der Familienerlebnispfad am Schloßberg bei Heideck: Auch dafür wurden gut 80 000 Euro bewilligt. Für einen Wohnmobilstellplatz in Thalmässing hat der Verein 7200 Euro locker gemacht. Ein Garten der Begegnung in Allersberg ist nicht nur für die Senioren der Wolfsteiner Altenstiftung, sondern für alle alten und jungen Menschen geöffnet. Und der Dorfstrand in Regelsbach hat sich an warmen Tagen zum Renner gemausert. Geld aus dem LEADER-Topf gab es auch für den Bewegungspark im Rother Stadtgarten. Und die Erlebnis-Rollsportanlage, die am Jugendplatz in Hilpoltstein geplant ist, hat ebenfalls Zuschüsse beantragt.

Aber nicht nur Plätze, Anlagen und Infotafeln oder regionenübergreifende Rad- und Wanderwege werden gefördert. "Design your future" heißt zum Beispiel ein Programm von Jugendzukunftswerkstätten, die im Landkreis Roth stattfinden. Auch dafür gibt es Geld aus dem Fördertopf.

Es sind nicht unbedingt immer große Vorhaben, "aber es ist uns wichtig, Projekte in unserer Region zu realisieren", sagt Menchen. Nach vier Handlungszielen: Erstens sollen das touristische Profil und die regionale Identität gestärkt werden, zweitens kulturelle und natürliche Besonderheiten erhalten und erlebbar werden, drittens will man den demografischen Wandel aktiv gestalten sowie das Miteinander aller Menschen fördern, und viertens wird die Beteiligung von Jugendlichen unterstützt.

Dazu kommen tatsächlich grenzüberschreitende Vorhaben wie das Projekt "Verwurzelt" mit niederösterreichischen Exulanten. Es wurde von Schülern in Kammerstein präsentiert, wo die Exulanten eine neue Heimat gefunden hatten. Die Gruppe war dann gemeinsam in Österreich, "und ganz schnell war nicht mehr zu bemerken, wer woher kam. Alle waren beieinander", erinnert sich Nadine Menchen.

Neben der Hilfe zur Finanzierung findet Bernhard Böckeler aber auch etwas anderes bedeutsam. "Die LEADER-Projekte helfen dabei, die Vernetzung mehr in den Blick zu bekommen." Der Fördertopf sei wichtig, "aber die Arbeit der Vernetzung kann man mit Geld gar nicht messen", glaubt er.

Die regionale Identität zu stärken, sei ein Ziel des LEADER-Programms. Denn: "Europa ist nicht nur für die großen Dinge da, sondern auch für das Zusammenleben vor Ort. Wir sind in Europa daheim."

Keine Kommentare