Sturheit und Abwerbeversuch? Allersberger CSU geht eigene Räte an

5.8.2021, 17:16 Uhr
Die Stimmung im Allersberger Marktgemeinderat bleibt angespannt - nicht zuletzt auch innerhalb der CSU-Fraktion.

© Reinhold Mücke Die Stimmung im Allersberger Marktgemeinderat bleibt angespannt - nicht zuletzt auch innerhalb der CSU-Fraktion.

Weiterer Paukenschlag um die Realisierung des Sondergebiets „West 1“ in Allersberg: Bei der Hauptversammlung des CSU-Ortsverbands wurde öffentlich, dass angeblich drei der CSU-Marktgemeinderatsmitglieder vor der konstituierenden Sitzung im vergangenen Jahr von den Freien Wählern um Willi Harrer abgeworben werden sollten. In der Folge kritisierten die Parteimitglieder scharf die CSU-Vertreter im Sonderausschuss und deren den politischen Mitbewerber unterstützendes Abstimmungsverhalten. Ordentliche CSU-Mitglieder im Ausschuss sind Anja Haußner und Ernst Rückert.

Man sollte doch bei seiner persönlichen Entscheidung auch die Bürger und die Parteimeinung vertreten und nicht nur die Interessen eines Investors oder multinationalen Konzerns – wobei die Vorgabe, dass nur Logistik auf dieser Fläche möglich sein soll, mehrfach nachgewiesen falsch sei und damit die Beschlussgrundlage entfalle. Dieses starre, unbegründete Festhalten sowie die abschmetternde Stellungnahme in der Abwägung gegenüber dem Landkreis Roth ergäben ein beschämendes Bild, war sich die Versammlung einig.

"Ein Propagandablatt des Bürgermeisters"

Die betreffenden Ratsmitglieder wurden dazu aufgefordert, künftig als Fraktion wieder eng und geschlossen zusammenzuarbeiten. Ebenfalls angesprochen wurde das Thema Kommunalunternehmen (KU). Die Versammlung zeigte sich sowohl von den Entscheidungen als auch bezüglich der Wahl und Entsendung der Mitglieder bestürzt über das Vorgehen von Bürgermeister Daniel Horndasch sowie von Freien Wählern und Allersberger Bürgerforum. Gleiches gilt für das Mitteilungsblatt des Marktes, welches „nur noch ein Propagandablatt von Bürgermeister Horndasch“ und seit der Neuauflage durch ihn das einzige weit und breit sei, das nicht politisch unabhängig sei, so ein Mitglied.

Eine Abstimmung während der Versammlung hatte zuvor eine große Mehrheit von 86 Prozent gegen das geplante Logistik-Gebiet (und damit die potenzielle Ansiedlung des Online-Versandriesen Amazon) sowie für produzierendes Gewerbe ergeben. Nur eine kleine Minderheit der Christsozialen konnte sich mit dem derzeitigen Vorgehen anfreunden.

Steuergeld verschwendet?

Der Bericht der Fraktion hatte mit Kritik an der immer noch ausstehenden Sanierung des Allersberger Freibads begonnen. Gleiches galt für die Sanierung des Gilardi-Anwesens. Durch Umplanung und Nutzungsänderung seien viel Zeit und Geld verspielt worden, hieß es. Ebenfalls sollte der Förderverein des Gilardi-Anwesens wieder mehr in die Planungen einbezogen werden. Dies habe sich über viele Jahre bewährt.

Erfreut zeigte man sich von der Ausweisung der neuen Baugebiete „Im Keinzel“ und an der Eppersdorfer Straße. Ersteres wurde bereits mit Altbürgermeister Bernhard Böckeler beginnend entwickelt, und Zweiteres hätte schon vor rund 30 Jahren begonnen werden können, wenn dies nicht ein Eigentümer und der damalige Marktrat verhindert hätten.

Entwicklung im Hochwassergebiet "unverantwortlich"

Des Weiteren wurde über die Hochwasser-Problematik berichtet und damit verbunden die „unverantwortliche Ausweisung und der Verkauf der Flächen in der Rother Straße zur Entwicklung eines Supermarkts“ kritisiert. Final kam der Umbau der Kindertagesstätte am Hinteren Markt zur Sprache. Rund 1,8 Millionen Euro seien ehedem in eine Bürgerbegegnungsstätte investiert worden, und jetzt solle wieder alles umgebaut werden. Das sei Verschwendung von Steuermitteln und nicht in die Zukunft gedacht. Denn mit den neuen Baugebieten kämen auch mehr Kinder, und dann würden die nun geplanten Lösungen wieder nicht ausreichen, so der Tenor.

Neu gewählt wurde der Vorstand des CSU-Ortsverbands Allersberg. An der Spitze bleiben die beiden Vorsitzenden Thomas Schönfeld und Markus Zurwesten (Dritter und Vierter von links).

Neu gewählt wurde der Vorstand des CSU-Ortsverbands Allersberg. An der Spitze bleiben die beiden Vorsitzenden Thomas Schönfeld und Markus Zurwesten (Dritter und Vierter von links). © CSU Allersberg, NN

Die Vorsitzenden Markus Zurwesten und Thomas Schönfeld genießen indes weiterhin breites Vertrauen im Ortsverband. Die Wahlen bestätigten den Kurs der beiden Fraktionssprecher, die den Ortsverein mit getauschten Rollen weiter führen. Neuer Mann an der Spitze ist Zurwesten, seine Stellvertreter sind der bisherige Vorsitzende Schönfeld und Christine Herdegen. Schatzmeister wird Markus Kobras, Schriftführerin bleibt Annette Körber. Beisitzern sind Siegfried Mücke, Alexander Geist, Jörg Reichmeyer, Thomas Zerkiebel, Josef Schlierf, Walter Noppel, Anja Haußner und Ernst Rückert. Als Kassenprüfer fungieren Lorenz Lehner und Helmut Schnell.

FW-Vorsitzender Willi Harrer ist verärgert über die Vorwürfe aus den Reihen der CSU. 

FW-Vorsitzender Willi Harrer ist verärgert über die Vorwürfe aus den Reihen der CSU.  © Freie Wähler, NN

FW kontern: "Erstunken und erlogen"

„Alles erstunken und erlogen“, war die erste Reaktion von FW-Fraktionssprecher Willibald Harrer auf die Veröffentlichung der CSU, dass seine Fraktion und namentlich er selbst versucht habe, CSU-Marktgemeinderäte abzuwerben. „Das ist eine bodenlose Frechheit“, so Harrer weiter. „Wer mit irgendjemand gesprochen hat, weiß ich nicht. Ich jedenfalls stelle mich auf den Marktplatz hinaus, dann soll mir derjenige, der das behauptet, das ins Gesicht sagen.“ Für ihn habe es keinen Sinn, kurz vor der Konstituierung so eine Aktion zu starten: „Das würde ich nie machen.“