Taxi in Zeiten von Corona: Mehr Fragen, weniger Fahrten

18.1.2021, 06:00 Uhr
Taxi in Zeiten von Corona: Mehr Fragen, weniger Fahrten

© Foto: Yevheniia Frömter

Gleiches gelte für die Beförderung von Geschäftsreisenden. Auch Fahrten im Rahmen der Schülerbeförderung seien momentan auf einen totalen Nullpunkt gesunken. Besonders das "Nachtgeschäft" bereite ihm immer mehr Kummer: "Wir haben eine Betriebspflicht und müssen rund um die Uhr zur Verfügung stehen – doch: ab 21 Uhr geht nichts mehr."

Über Arbeit können sich Manuel und Michael Butscheck allerdings nicht beklagen: "Das Telefon läuft heiß, und der bürokratische Aufwand ist durch Corona immens gestiegen", berichtet Michael Butscheck.


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Selbst "Routinefahrten" gestalten sich nun zu einem regelrechten Abenteuer: "Die Menschen sind verunsichert und überhäufen uns mit Fragen." Vor einer Auftragserteilung müsse zunächst nicht selten geklärt werden, ob – und vor allem wie – Fahrten erfolgen können. "Ich hänge oftmals bis zu drei Stunden an der Strippe, bis eine situationsbedingte Frage geklärt werden kann."

Verschiedene Verordnungen

Auch offizielle Stellen würden regelmäßig um Rat bei der Taxizentrale bitten. Die tägliche Arbeit werde dadurch stark erschwert: "Die richtige Auskunft zu geben ist schwer, da es verschiedene Verordnungen von unterschiedlichen Stellen gibt."

Unter "normalen Bedingungen" stünden beim Taxiunternehmen Butscheck rund 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter "in Lohn und Brot". Aber weniger als die Hälfte der Fahrerinnen und Fahrer werde momentan beschäftigt. "Wir sind gezwungen, einen Großteil unserer Beschäftigten in die Kurzarbeit zu schicken. Die Aushilfskräfte kommen gar nicht mehr zum Zuge."

 

Im Durchschnitt wären für die beiden Brüder eigentlich bis zu zehn Fahrer im Einsatz: "Wir decken das Rother Stadtgebiet jetzt aber mit nur einem Fahrer ab." Lediglich ein weiteres Taxifahrzeug rollt für den restlichen Landkreis. Sollte darüber hinaus eine Fahrt erforderlich werden, würde die Familie einspringen: "Wir kompensieren die Arbeit."


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Ein Großteil der Fahrgäste reagiere zudem schneller gereizt als unter normalen Bedingungen, berichtet Manuel Butschek aus seinem Berufsalltag. "Man merkt den Leuten schon an, dass sie in diesen Zeiten nicht entspannt sind."

Zudem sei eine Taxifahrt für viele das "Highlight der Woche" geworden. "Kommen wir nur wenige Minuten zu spät, wird entsprechend reagiert." Lediglich die Krankentransporte laufen weiterhin wie gewohnt – obgleich mit sehr viel mehr Aufwand. "Jedes Fahrzeug muss vor und nach einer Nutzung komplett gereinigt werden. Bei Patienten mit einem schwachen Immunsystem darf nichts schiefgehen."

Der Situation kann er aber auch etwas Positives abgewinnen: "Wir fahren Corona-Proben von den Teststationen direkt in die Labore."

Guter Draht zu Behörden

Ein guter Draht zu den Behörden bestünde ebenfalls: "Wir haben eine Regelung mit dem Rother Landratsamt getroffen, dass Personen auf dem Beifahrersitz befördert werden dürfen." Eine Vorgabe der Regierung untersage dies zwar, aber: "Viele Regelungen sind einfach nicht praxisgerecht."

Die Taxifahrer seien für diesen Kompromiss mehr als dankbar: "Es besteht in diesem Fall mehr Abstand zwischen Fahrer und Fahrgast. Das Nebeneinandersitzen ist viel besser, als wenn dem Fahrer von der Rückbank aus in den Nacken gehustet wird."

Wie es mit der gesamten Taxibranche weitergeht, stünde komplett in den Sternen. "Sollte beschlossen werden, dass der öffentliche Personennahverkehr eingestellt oder stark eingeschränkt werden soll, müssen wir zumachen. Wir haben nicht die Möglichkeit, mit einem Online-Shop oder über Click & Collect zu arbeiten." Das Taxigeschäft sei ein "Service direkt am Menschen: Da gibt es keinen Plan B."

Ob dann auf Hilfemaßnahmen seitens der Regierung zurückgegriffen werden könne, bliebe abzuwarten: "Es ist für unseren Bereich sehr schwer, entsprechende Unterstützung zu erhalten".

 

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