Teilhabe: Langzeitarbeitslose erfolgreich in Jobs vermittelt

19.10.2019, 18:07 Uhr
Teilhabe: Langzeitarbeitslose erfolgreich in Jobs vermittelt

© Foto: Jürgen Leykamm

Seit Januar eröffnet das neue Teilhabechancengesetz Langzeitarbeitslosen Möglichkeiten für den Wiedereinstieg in die Erwerbstätigkeit. Die Umsetzung liegt in den Händen der Jobcenter. Jenes in Roth hat die Gelegenheit beim Schopf gepackt und rege Aufklärungs-, Werbe- sowie Vermittlungstätigkeit an den Tag gelegt. So kann es ein erstes positives Zwischenfazit ziehen.

"Aus administrativer Sicht bietet uns die Neuregelung wesentlich mehr Spielraum", erklärt der Geschäftsführer der Einrichtung, Stefan Lohmüller. Die Erfolgsquote sei respektabel: Bis dato könnten 21 Einstellungen verbucht werden, die sich auf 14 Arbeitgeber verteilen.

Das Potenzial liege aber deutlich höher – für etwa 160 Erwerbslose käme diese Förderoption infrage. In den zugehörigen Fördertopf hat der Bund jüngst zusätzliche vier Milliarden hineingekippt.

Die sollen in beide Instrumente fließen, die das Gesetz bereithält: "Eingliederung von Langzeitsarbeitslosen" und "Teilnahme am Arbeitsmarkt". Bei letzterer beträgt die Förderdauer fünf Jahre, für die ersten zwei gibt’s einen Lohnkostenzuschuss von 100 Prozent, danach senkt er sich jährlich um zehn Prozentpunkte ab.

Über 25-Jährige, die seit mindestens sechs Jahren Arbeitslosengeld II (Hartz IV) beziehen, sind die Zielgruppe. Diese besteht bezüglich der "Eingliederung" aus jenen, die eine mindestens zweijährige Phase der Arbeitslosigkeit durchlaufen haben. Hier beträgt die Dauer der Förderung zwei Jahre, im ersten gibt es 75 Prozent der Lohnkosten erstattet, im zweiten 50.

Betreuung und Weiterbildung

Unter bestimmten Voraussetzungen ist auch die Förderung von Qualifizierungen möglich. Bei der "Teilhabe" werden Weiterbildungskosten bis zu 3000 Euro übernommen. Was bei beiden Förderwegen zum Tragen kommt: Während der gesamten Förderdauer gibt es eine "ganzheitliche, beschäftigungsbegleitende Betreuung", auf neudeutsch "Coach".

Der sei etwa im Falle von alleinerziehenden Müttern wichtig, so Lohmüller. Mit neuer Arbeitsstelle müssten die Frauen schließlich auch ihren Alltag neu organisieren. Hier dürfte der Betreuer eine große Hilfe sein – ebenso für den Arbeitgeber, der sich in so manchen Belangen des Gesetzes noch unsicher ist.

Für den gelte es, "sich auf das neue Programm auch einzulassen, da braucht’s etwas Manpower." Auch hier sei das Coaching hilfreich, ebenso bei der sozialen Eingliederung.

Auch Praktika eine Option

Zudem gebe es die Möglichkeit, der Maßnahme ein Praktikum vorzuschalten. Wichtig sei natürlich, im Vorfeld abzugleichen, welcher Jobcenter-Kunde zu welchem Unternehmen passt.

Darum kümmert sich Arbeitsvermittlerin Kerstin Hesse, Telefon (0 91 71) 85 08 24 oder E-Mail kerstin.hesse2@jobcenter-ge.de. Ist sie fündig geworden, klingeln die Telefone. Sechzehn Mal war sie im Teilprogramm "Teilhabe" erfolgreich (das Potenzial liegt bei 100 Vermittlungen), fünfmal unter dem Stichwort "Eingliederung" (60). Lehnt ein Arbeitsloser eine Vermittlung nach dem neuen Förderprogramm ab, muss er übrigens keine Sanktionen befürchten – "es lebt von der Freiwilligkeit!", so Lohmüller.

Von Arbeitgeberseite sind bislang das Landratsamt und die Gemeinde Röttenbach im Boot. Ebenso wie diverse Büros, Logistiker, Dienstleister sowie karitative und öffentliche Einrichtungen. Auch das Handwerk wagt erste Schritte.

Fünf Vermittlungen in einem Betrieb

Erfreulich sei das Interesse einer Supermarktkette gewesen, bei der zwei Personen eine Chance durch die Förderung vermittelt bekamen. Auch dank Hesse, die bei den Auswahlgesprächen dabei war: "Dort waren alle Beteiligten sehr aufgeschlossen", ist sie erfreut.

Spitzenreiter bei den Arbeitgebern ist derzeit der "Werkhof Regenbogen" in Roth, mit ihm kamen fünf Vermittlungen zustande. "Etwas mehr Bewegung", so Stefan Lohmüller, erhoffe er sich seitens der Landkreisgemeinden. Angeschrieben wurden alle Bürgermeister. "Wenn jeder von ihnen einem Langzeitsarbeitslosen eine Chance gibt, ist schon viel erreicht", so Lohmüller.

Für diese ergäbe sich bei Vermittlung ein besonderer Trumpf: "Über die Maßnahme lässt sich der Führerschein erwerben". Einen technischen Vorteil gibt es auch für das Jobcenter. Der sogenannte "Passiv-Aktiv-Transfer" ermöglicht es, durch erfolgreiche Vermittlungen eingespartes Hartz-IV-Geld wieder in die Integration von Langzeitarbeitslosen zu investieren.

Ein Wermutstropfen bleibt

Doch es gibt auch etwas an dem Teilhabechancengesetz, was dem Geschäftsführer nicht schmeckt: In den Arbeitsverträgen sind keine Beiträge für die Arbeitslosenversicherung vorgesehen. Was den Bezug von Arbeitslosengeld verhindert, wenn nach der Förderdauer kein Arbeitsverhältnis zustande kommt.

Umso mehr hofft man auf den "Klebeeffekt", der im Idealfall eine unbefristete Beschäftigung nach sich zieht. In jedem Fall aber lasse sich Gewinn aus dieser Maßnahme ziehen, betont Anja Hausch, Leitern des Jobcenter-Teams für Markt und Integration:

Eingeübt in einer Tagesstruktur und mit einem Arbeitszeugnis in der Hand "hat man bei einer Bewerbung doch viel bessere Voraussetzungen als wenn man sich als Langzeitsarbeitsloser vorstellen müsste."

Aus administrativer Sicht bietet die Neuregelung wesentlich mehr Spielraum.

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