Thalmässing als schönster Ort

13.3.2020, 06:00 Uhr
Thalmässing als schönster Ort

© Jürgen Leykamm

Dann beginnt in Deutschland die Sommerzeit. Apropos Jahreszeiten: An jene hier musste sich Gima, so der Spitzname der 20-Jährigen, schon sehr gewöhnen. Auf ihrer Halbinsel in der Südsee gäbe es nur zwei von ihnen, mit wenig Temperaturunterschied. 30 Grad und mehr sind dort die Regel. Aber in Deutschland "ist es immer kalt", sagt Gima beim Gemeindeabend vor zwei Dutzend Zuhörer verschmitzt. Die blicken erst einmal etwas verdutzt, erinnern sie sich doch an so manche Tage voller Gluthitze in 2019.

 

Fränkische Lektionen

 

Gima wirkt zurückhaltend, fast schüchtern, wenn sie spricht. Doch das macht sie ausnahmslos auf deutsch. Innerhalb eines Jahres hat sie sich erstaunliche Sprachkenntnisse angeeignet. Auch auf Fränkisch. Das hat sie bei ihrer Gastgeberin Lisbeth Zickler gelernt, bei der sie wohnen durfte. Auf ihr Lieblingsessen angesprochen, antwortet Kitumbing deswegen ganz locker: Schnitzel mit "Äbirn-Salat". Das hat sie nach ihrem Herflug am Flughafen genossen. So können erste Erfahrungen prägen.

Doch das aus der Heimat gewohnte Essen geht ihr schon sehr ab. "Ich vermisse meine Kokosnuss", gibt sie zu. Denn mit dieser Frucht werde in PNG (so das offizielle Kürzel ihres Heimatlandes) "täglich gekocht". Dass es die Frucht hier zu kaufen gibt, ist nur ein schwacher Trost. Nicht nur eine Kokosnuss packt Gima aus ihrer Tasche, sondern gleichfalls so manches in Papua Neuguinea übliche Kleidungsstück. Darunter eines, was hier als Wickelrock bekannt ist. Beim Anziehen ist ihr eine Seniorin behilflich. "Etzala!", ruft die so Eingekleidete, als alles passt.

Dekanatsmissionspfarrerin Beate Krauß hat einen ähnlichen Rock in blau – beide geben ein gut anzusehendes Damenduo ab. Nicht fehlen darf natürlich das "Bilum" – ein universell einsetzbares Tragetuch. Dieses dient als Einkaufsnetz, kommt bei der Ernte im heimischen Garten zum Einsatz. Und auch Babys fühlen sich darin in den ersten Lebensmonaten sehr wohl.

Gerne spricht Gima über ihre Arbeit im Thalmässinger Seniorenhaus Jura. Dort hat sie die Bewohner ein Jahr lang betreut. Mit ihnen gelesen und gespielt, Fotos angesehen, über Sprichwörter geredet. Sie sei sehr gut angenommen worden. In der gesamten Gemeinde und in der Einrichtung habe die Integration problemlos funktioniert. Ihre Hautfarbe habe nie eine Rolle gespielt, betont in Alfershausen Diakon Lothar Michel, der das Haus seelsorgerlich betreut.

Ein Sprung ins kalte Wasser war die Betreuung der Senioren aber deswegen, weil Gima zuvor noch nie mit älteren Menschen gearbeitet hat. Doch das soziale Betätigungsfeld hat sie nun ins Nachdenken gebracht. Die Buchhalterin überlegt, sich vielleicht zur Krankenschwester ausbilden zu lassen. Den Kontakt nach Hause hat sie in all den Monaten über die Internetplattform Facebook und den Smartphone-Nachrichtendienst WhatsApp gehalten.

So weiß sie, was nach ihrer Rückkehr für Fragen auf sie zukommen: "Wie ist das Zugfahren in Deutschland?", lautete eine von ihnen. Denn in PNG gibt es keinen Schienenverkehr, wie Gima erzählt. Was sie denn hier gestört habe, wollen die Besucher des Gemeindeabends natürlich wissen. "Nichts", so die klare Antwort – "es war immer alles in Ordnung". Nach einigen Sekunden fällt der jungen Dame aber doch etwas ein: "Es hat keinen Schnee gegeben" – und das, obwohl ihr die Einheimischen dauernd davon vorgeschwärmt haben.

 

Radeln gelernt

 

Was der schönste Ort in Deutschland ist? "Thalmässing!", kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen. Nicht selbstverständlich. Denn Gima war während ihres Freiwilligenjahres auch in Bad Staffelstein, Dortmund, Berlin und Dresden. Das Fahrradfahren hat sie bei ihrem Aufenthalt gelernt. Nutzen kann sie diese Fähigkeit in ihrem Heimatland aber eher nicht: "Dafür sind die Straßen zu schlecht".

Das Einzige, was ihr an Thalmässing nicht so richtig passt, ist "das kleine Becken im Freibad". Kein Wunder – denn in Papua-Neuguinea lebt Gima in einer Küstenstadt mit dem Meer vor der Haustür. Sie freue sich zwar auf zuhause, würde aber gerne wiederkommen, betont die Freiwillige. Jetzt aber heißt es erst einmal schweren Herzens von allen Liebgewonnen Abschied zu nehmen.

Am Sonntag, 22. März, findet deshalb ein Abschiedsgottesdienst in der Thalmässinger Michaelskirche statt; Beginn ist um 19 Uhr. Neben Krauß und Michel ist dann auch Dekanin Ingrid Gottwald-Weber mit von der Partie, um der Dame vom anderen Ende der Welt den Segen zu spenden. Ebenso werden etliche Gruppen und Einrichtungen an der Liturgie mitwirken.

Zu Beginn der Sommerzeit geht es dann zurück. Dorthin, wo es wirklich warm ist.