Tragischer Kutschunfall setzt Haflinger-Besitzern weiter zu

1.3.2021, 09:17 Uhr
Tragischer Kutschunfall setzt Haflinger-Besitzern weiter zu

© Foto: Cavalluna

Ein lebloser Pferdekörper schwebt – an Rettungsgurten fixiert – zwischen winterlich braunem Schilf über der Schwarzach bei Untermässing. Noch immer wirkt das Tier auf seltsame Weise erhaben, obwohl es soeben tot aus dem kalten Fluss geborgen wurde... Die Aufnahme war Auslöser für jede Menge öffentliches Aufsehen. Und Anteilnahme. Und Entsetzen.

Trauriges Ereignis

Die Nachricht war Anfang des Jahres in etlichen Medien- und Netzwerk-Kanäle berichtet worden. National, international. Auch gedruckt fand das relativ spektakuläre Ereignis Niederschlag – mit bisweilen makabren Impressionen, wie Claus Luber (44) und seine Ehefrau Elke (35) finden. Sie haben die Zeitungsausschnitte trotzdem aufgehoben. "Aber anschauen kann ich davon noch nix. Das braucht Zeit ...", sagt der Oberpfälzer, der seine Zelte vor 20 Jahren im Gredinger Ortsteil Untermässing aufgeschlagen hat.

Nicht nur hier kennt und schätzt man die Lubers. Als Besitzer eines Haflingergestüts und Ausbildungsservice für Reit- sowie Fahrpferde hat sich das Paar nach eigenem Bekunden auch deutschlandweit und im angrenzenden Ausland einen Namen gemacht. Zum einen.

TV-erfahren

Zum anderen ist der Name Luber nach Auftritten in diversen Fernsehsendungen, bei Messen und vor allem bei den Pferdeshows "Cavalluna" und "Ben Hur" durch Europa galoppiert. Als "Legionär" auf dem Streitwagen, so kennt man Claus Luber in der Szene.

1997 hatte sich der hauptberufliche Staplermonteur seinen ersten Haflingerhengst gekauft, heute recken 16 blondbemähnte Füchse ihre Köpfe aus den Boxen. "Unsere Jungs", sagt Luber, als wären’s Söhne. Denn das Credo auf dem Anwesen laute: "Ihr Wohlergehen steht über allem".

"Goldene Plakette" für Pferdehaltung

Dass das keine Floskel ist, können die Lubers seit 2012 glänzend unter Beweis stellen. Damals gab’s eine "Goldene Plakette für hervorragende Leistungen in der Pferdehaltung". Mit anderen Worten: Elke und Claus Luber kennen sich aus mit ihren Tieren.

Umso unbegreiflicher sei es, was am 10. Januar gegen 14 Uhr auf dem Hof passierte: "Meine Frau und ich wollten uns gerade für eine gemütliche Kutschfahrt fertig machen ...", weiß Claus Luber noch gut. Die Pferde wären schon eingespannt gewesen, der Hund habe friedlich auf dem Wagensitz gedöst. Luber selbst wollte noch einmal das Geschirr prüfen, stand vor seinen beiden Hengsten mit den stolzen Namen Liz.Washington und Liz.Nordlicht – erfahrene Rösser, "die seit Jahren im Zehnerzug mitfahren".

Doch "aus heiterem Himmel" und "ohne ersichtlichen Grund" lief plötzlich einer der "Jungs" los. Luber habe noch versucht, die Pferde "durchzuparieren und aufzuhalten", allerdings hätten die – "völlig untypisch" – nicht reagiert. Woran sich Claus Luber nur noch vage erinnert: Er ging zu Boden, wurde von Hufen wie Wagen getroffen und blieb verletzt, sowie vom Schock betäubt, liegen. "Ich war ausgeknockt!"

Rettungsversuche erfolglos

Erst als er die Anwesenheit seiner Frau registriert, kommt wieder Leben in ihn: "Ich hab’ gleich nach den Pferden gefragt. Elke hat mir gesagt, dass alles okay wär´ und dass die beiden mitsamt abgebremster Kutsche kerzengrad´ zur Wiese laufen!" Doch als Elke Luber in Richtung der "Ausreißer" sprintet, sind diese gerade "aus vollkommen unerklärlichen Gründen" in den angrenzenden Fluss gesprungen.

Die Frau springt hinterher, ruft ihrem Mann vorher noch zu, was gerade geschieht. Claus Luber rappelt sich daraufhin auf und eilt zu der etwa 500 Meter entfernt gelegenen Stelle. Er steigt ebenfalls ins zwei Grad kalte und etwa drei Meter tiefe Wasser. Doch in diesem Moment sind Pferde wie Kutsche bereits untergegangen. Alle Rettungsversuche der Lubers bleiben erfolglos.

Zwischenzeitlich hätten die Nachbarn Rettungsdienst und Feuerwehr verständigt, erzählt Claus Luber. Das Aufgebot war groß: Wasserwacht, Taucher, Sanitäter, mehrere Ortsfeuerwehren und sogar eine Abordnung der Berufsfeuerwehr Nürnberg mit Equipment zur Großtier-Rettung rückten an. Die Bergung zog sich schließlich bis in die Nacht. "Wir möchten uns ausdrücklich bei jedem einzelnen Helfer – den Rettungskräften, Feuerwehrlern, Wasserwacht´lern, allen Freunden und Bekannten, die uns unterstützt haben – ganz herzlich bedanken", betonen die Lubers auch im Nachhinein gerührt.

Verlust wiegt schwer

Während Elke Luber mit Unterkühlung davonkam, brachte man ihren völlig entkräfteten Mann ins Südklinikum. Dort wurden mehrere Rippenbrüche, schwere Prellungen an Brustkorb und Kopf sowie eine gebrochene Nase diagnostiziert, woran Claus Luber aktuell noch laboriert. Körperlich sei er zwar "Schritt für Schritt auf dem Weg der Besserung", aber seelisch hänge ihm der Verlust seiner Pferde "bestimmt für sehr lange" nach. Allein die Facebook-Seite des Gestüts vermittelt einen Eindruck davon, wie schwer der Verlust für das Ehepaar wiegen dürfte.

Kurz nach den tragischen Ereignissen habe er nicht in den Stall gehen können, berichtet Claus Luber. Erst als seine Frau ihn darum bat, weil die 16 übrigen Haflinger Unruhe und Appetitlosigkeit an den Tag legten, hätte er sich aufgerafft. "Die haben gemerkt, dass da was nicht stimmt." Nach wie vor wär’s ein "komisches Gefühl", die leeren Boxen zu sehen, gibt Luber zu. "Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass es so schwer werden würde."

Pferde mussten nicht leiden

Ein schwacher Trost sei, dass seine zwei "schmerzlich vermissten" Haflinger offenbar kaum leiden mussten: Mehrere Tierärzte hätten ihm bescheinigt, die Hengste wären wohl nicht ertrunken, sondern hätten viel wahrscheinlicher einen Herzstillstand "wegen dem eiskalten Wasser und dem ausgeschütteten Adrenalin" erlitten, so Claus Luber.

Also wolle man "den Kopf nicht in den Sand stecken", meint er mit einer Spur Zuversicht. "Wir machen weiter mit Training, Shows und Veranstaltungen, sobald es meine Gesundheit und Corona zulassen". Denn: "Das sind wir unseren Pferden schuldig!"

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