Umsatzminus wegen Corona: Stadtbrauerei Spalt schlägt Alarm

23.2.2021, 09:00 Uhr
Umsatzminus wegen Corona: Stadtbrauerei Spalt schlägt Alarm

© Archivfoto: Jürgen Leykamm

In den Sozialen Netzwerken sorgt eine "Stellenanzeige" bundesweit für Furore. Darin heißt es, die Brauerei suche 450-Euro-Aushilfskräfte, die nicht nur übriggebliebenes Fassbier in Flaschen umfüllen, sondern höchstselbst auch Reste austrinken. Trinkfestigkeit sei für den Job von Vorteil. BR, dpa und Spiegel Online berichteten, unzählige Mails und Bewerbungsschreiben gingen daraufhin bei der Stadtbrauerei ein. Ursprünglich handelte es sich hierbei um eine Fake-Anzeige, veröffentlicht in der Faschingszeitung "Razet-Bote" (Auflage knapp über 1000 Exemplare).

So weit so lustig. Aktuell lenkt die Stadtbrauerei Spalt den Blick eher auf die corona-bedingt immer dramatischere wirtschaftliche und finanzielle Situation der von mittelständischen Familienbetrieben geprägten Bierproduzenten als traditionell engster Partner der Gastronomie. Im März 2020 hatte die Deutsche UNESCO-Kommission das traditionsreiche Brauhandwerk sogar auf die Liste des Immateriellen Kulturerbes gesetzt und damit die enorme Vielfalt an Braustätten gewürdigt, "die das Land, seine Kultur und seine Feste prägen". Diese Vielfalt sehen die Brauereibetriebe nun akut bedroht.


Brauereien: Bier wird teilweise weggeschüttet


Im vergangenen Jahr waren alle Gaststätten, Restaurants, Kneipen und Bars bereits vier Monate lang geschlossen. Ein Ende des nunmehr seit Anfang November 2020 bestehenden erneuten Lockdowns ist weiterhin nicht in Sicht. Ganz abgesehen von Festveranstaltungen – ein traditionell wichtiges Geschäftsfeld der Brauereien – , die sogar seit März 2020 durchgehend verboten sind. 

In einem offenen Brief der deutschen Brauereien, den die Stadtbrauerei Spalt zusammen mit anderen Braubetrieben und dem Bayerischen Brauerbund mitunterschrieben hat, wird die Sorge um die Zukunft dieser Unternehmen drastisch verdeutlicht. Speziell in Franken tragen rund 600 Brauereien wesentlich zur Kultur und Versorgung der gesamten Gesellschaft bei. Für die Mittelstands- und Kleinstruktur der gesamten Branche steht unter anderem die Stadtbrauerei Spalt.

Perspektive fehlt

Beklagt wird unter anderem, dass es weiterhin keine Öffnungsperspektive für Gaststätten, Restaurants, Hotels, Kneipen, Bars und Clubs gibt.

Auch seien die bisher beschlossenen Wirtschaftshilfen für die von der erzwungenen Schließung der gastgewerblichen Absatzstätten mittelbar betroffenen Betriebe seit jeher völlig unzureichend. So stünden von Woche zu Woche immer mehr Betriebe mit dem Rücken zur Wand. Deshalb müssten zusätzliche Belastungen der Brauwirtschaft durch Steuern und Abgaben unbedingt unterbleiben.

In dem von Bürgermeister Udo Weingart in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Stadtbrauerei Spalt unterschriebenen Brief heißt es abschließend: "Die Politik ist sich nicht im Klaren, wie die tatsächliche Situation der gesamten Branche ist".

Nach einer vor Kurzem veröffentlichten Umfrage der Branchenverbandes des Gastgewerbes ("Dehoga") würden bereits mehr als 75 Prozent der Gaststätten und Hotels um ihre Existenz bangen. "Das wird dann die Brauwirtschaft erheblich treffen".

Beispielsweise auch die Stadtbrauerei Spalt mit ihrer Sonderstellung. Dieser Betrieb ist mittlerweile die einzige kommunale Brauerei Deutschlands mit 5000 Spalter Bürgern als stolze Brauerei-Eigentümer. Allerdings sei das Kommunalunternehmen bislang durch geschicktes Krisen-Management "mit einem hellblauen Auge davongekommen", sagte Weingart. Beispielsweise konnten die Spalter "vieles mit dem Handel im Kerngebiet ausgleichen".


Spalter Stadtbrauerei wird unbeabsichtigt zum Internet-Star


Und man freut sich über jedes noch so kleines Licht am Horizont. Vor allem, wenn es aus der Nachbarschaft kommt. So will Pleinfelds Bürgermeister Stefan Frühwald allen Ortsteilen seiner Gemeinde ein Fass Bier spendieren. Und zwar zum jeweils ersten Fest, das nach der Pandemie in den Orten wieder möglich ist. So wurde es jedenfalls dieser Tage in einem Facebook-Post bekanntgegeben. Eine konkrete Bestellung bei seinem Spalter Bürgermeisterkollegen Weingart in seiner Eigenschaft als Brauerei-Geschäftsführer sollte ebenfalls schon erfolgt sein.

Weingart hofft, dass der von ihm unterzeichnete "offene Brief" eine ebenso große Resonanz findet wie die lustig gemeinte Anzeige in dem Spalter Faschingsblatt "Razet-Bote – Coronoausgabe", mit der die Stadtbrauerei damit übrigens nur am Rande zu tun hatte. Sie hatte als Beitrag für den Razet-Boten lediglich einen Fließtext für eine tatsächliche Bewerbung abgegeben, der dann von den närrischen Zeitungsmachern in einen "charmanten Beitrag" umgewandelt worden war.


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"Unglaublich, wie aus Nichts etwas gemacht wurde", sagte Weingart, der durch diese Geschichte mittlerweile in jedem Radiosender in der Gegend zu hören war. Aber auch Radio Zürich hatte schon angeklopft. Gestern beispielsweise war zudem in dieser Sache Pro7 mit einem TV-Team in Spalt zu Gast, heute die ARD.

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