Konzert in der Rother Kufa

Von samtig bis rotzig: Stimmen und Beat mit Naturally 7

21.9.2021, 06:04 Uhr
Mal samtig-weich, mal rotzig-rappend. Naturally 7 lässt sich nicht auf ein Genre festlegen...

© Claudia Weinig, NN Mal samtig-weich, mal rotzig-rappend. Naturally 7 lässt sich nicht auf ein Genre festlegen...

Die Stimme als Instrument. Als Ereignis mit Gänsehautfaktor. Mit vielen Überraschungsmomenten und nur wenig elektronischen Soundeffekten. Stimme als Brücke zwischen Rock und Pop, zwischen R‘n’B und Raggae, zwischen Hip-Hop und Gospel. Das Ganze mal Sieben. Das ist Naturally 7. Im vierten (!) Anlauf hat es jetzt endlich geklappt, dass die New Yorker Jungs-Band, die eigentlich schon im Frühjahr 2020 in die Rother Kulturfabrik hätte kommen sollen, auftritt. Zum zweiten Mal, nach ihrer gefeierten Premiere bei den Bluestagen 2018.

...und auch nicht aufs Singen allein. Die sieben stimmstarken „Jungs“ aus New York sind zugleich als Beatboxer ihre eigene Begleitband. 

...und auch nicht aufs Singen allein. Die sieben stimmstarken „Jungs“ aus New York sind zugleich als Beatboxer ihre eigene Begleitband.  © Claudia Weinig, NN

Am Samstag waren sie die Opener für die 31. Spielzeit der Kufa. Einer Spielzeit, die „uns allen pandemiebedingt viel Flexibilität abverlangen wird. Doch dafür gibt`s auch wieder Live-Kultur“, begrüßte Monika Ammerer-Düll, eine der beiden künstlerischen Leiterinnen der Kufa, mit offensichtlicher Spielfreude das Publikum. Etwas, das an diesem Abend auch Naturally 7 unter Beweis stellte.

Doppelkonzert mit halbem Publikum

Die A-cappella-Formation gab bei ihrem Rother Gastspiel, das Teil einer Deutschland-Tour ist, nämlich ein Doppelkonzert. Zu viele Naturally 7-Freunde hätten sonst auf ein Ticket verzichten müssen, nachdem die Kufa deutlich lockerer bestuhlt wird als jenseits von Corona-Zeiten üblich.

Könnte also bedeuten: Band-Energie geteilt durch zwei. Könnte! Tat es aber nicht. Die sieben Gesangsakrobaten ließen sich keine Spur von (Stimmband-)Müdigkeit anmerken. Im Gegenteil: Band-Leader Roger Thomas hatte ein gutes Argument parat, warum „Konzert Part II“ auch eine echte Alternative zu „Part I“ sein kann: „Dann müssen wir uns schon nicht mehr aufs nachfolgende Konzert konzentrieren“, meinte er mit einem schelmischen Grinsen Richtung Publikum.

Damit war es dann auch schon genug mit Rückblick auf 16 Monate konzertfreie Zeit und Ausblick auf alles, was noch kommt. Denn Naturally 7 holt einen mit dem ersten Ton ins Hier und Jetzt. In einen ganzen Klangkosmos; hinein in eine Welt voller Rhythmen und Energie. Genreüberschreitend. Mit Hit-Wiedererkennungswert, wie bei Stings „An Englishman in New York“ oder beim legendären „Stayin‘ alive“ der Bee Gees. Und doch mit unverkennbarer, eigener Handschrift.

Denn Naturally 7 sind nicht nur sieben stimmgewaltige Sänger zwischen Countertenor und tiefstem Bass, zwischen schmusig-weich und rotzig-rappend; allesamt Vokal-Individualisten mit Solisten-Qualitäten und doch kongenial im Zusammenspiel. Nicht umsonst haben Michael Bublé und Coldplay die sieben New Yorker Stimmen-Schwergewichte mit auf Tour genommen. Vor einem tausendfachen Publikum. Aber: Sie singen eben auch vor kleinen Audiencen. Wie das in Roth. Auch das: ungewöhnlich für ein Ensembles diesen Kalibers.

Beatbox-Qualitäten

Weitaus ungewöhnlicher im Sinn von „faszinierend“ ist eine weitere Eigenheit von Naturally 7. Das, was diese ohnehin schon stimmlich hörenswerte A-cappella-Band jenseits vieler anderer, guter Vokal-Ensembles ausmacht, sind ihre Beatbox-Qualitäten.

Von treibenden Percussionbeats über satte Bläserarrangements bis hin zum wimmernden E-Gitarrensound im Stil von Jimmy Hendrix. Kopf ausschalten, Augen schließen, einfach nur zuhören – und die Illusion von Band samt kleiner Bigband ist perfekt. Das geht direkt hinein ins Ohr und unter die Haut. Das macht Laune, überrascht, fasziniert, reißt mit – am Ende das Publikum auch von den Stühlen.

Naturally 7 ist an diesem Abend aber noch mehr als nur ein hörenswertes Konzert: Die Band lässt einen unmittelbar spüren, wie wertvoll, wie emotional, wie mitreißend es ist, Musik wieder direkt von der Bühne aus erleben zu können – noch dazu, wenn sie mit so viel Gefühl, Können und offensichtlicher Lust auf gute Show präsentiert wird. Kunst und Kultur - welcome back auf der Live-Bühne!

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