Während Corona: Einmal "Reli" für alle

24.11.2020, 06:00 Uhr
Was vor Corona undenkbar war, ist jetzt möglich: Konfessionsübergreifender Religionsunterricht.

© Friso Gentsch, NN Was vor Corona undenkbar war, ist jetzt möglich: Konfessionsübergreifender Religionsunterricht.

Die Ökumene schreitet voran, zumindest in Coronazeiten und zumindest im Klassenzimmer: Solange das Virus wütet, kann der Religionsunterricht an bayerischen Schulen im Klassenverbund, also gemischt stattfinden. In Schwabach und im Landkreis machen manche, aber keineswegs alle Schulen davon Gebrauch.

Im Fach Religionsunterricht gehen die Schülerinnen und Schüler einer Klasse – bisher – getrennte Wege. Die Katholiken, die Protestanten und die, die den Ethikunterricht besuchen. Angesichts der pandemischen Lage mit hohem Ansteckungsrisiko, aber gleichzeitig mit dem Ziel, die Schulen unbedingt offen zu halten, soll jetzt konfessionsübergreifender Unterricht möglich sein. Ein Novum in Bayern, worauf die Schulen mit unterschiedlicher Akzeptanz reagieren.

Für Anja Hilbert ist klar: „Alles, was ich entkoppeln kann, hilft.“ Die Leiterin des Hilpoltsteiner Gymnasiums ist mit ihrem Team gerade dabei, das neue Modell umzusetzen. Die Klassen sollen beieinander bleiben, und die Lehrkräfte für Religion werden aus dem jeweiligen Lehrplan „eher weltanschauliche Themen“ aufgreifen. Toll, findet Hilbert, dass alle Kolleg*innen dazu bereit sind. Und wenn Noten gemacht werden müssen, dann „mit Augenmaß und auf den Stoff bezogen“.

Das Klassenverbandsmodell gilt übrigens auch für den Sportunterricht. Das Gegenargument, dass die Kinder zum Beispiel in Französisch doch auch getrennt werden, ist für die Schulleiterin sogar ein weiterer Grund für das neue Modell: „Die Kopplungen sind ja nicht alle gleich, und sie sind nicht jeden Tag gleich. Jede Kopplung, die vermieden wird, reduziert die Ausbreitungsgefahr und erleichtert die Rückverfolgung.“

Natürlich sei das Ganze „ein Riesenaufwand“, weil für jede Schülerin, jeden Schüler von der fünften bis zur zehnten Klasse auch abgefragt werden muss, ob die Eltern einverstanden sind. „Das verstehe ich auch, denn die Freiheit der Religionsausübung ist ein hohes Gut“, sagt Hilbert, die alle Eltern eindringlich um Rückmeldung gebeten hat.

Ausweichen ins Extra-Zimmer?

Doch was passiert, wenn sich eine/einer oder mehrere dem Modell verweigern? „Dann muss ich mir was überlegen“, gibt die Oberstudiendirektorin freimütig zu. Ähnlich wie beim Homeschooling würden diejenigen dann in einem abgetrennten Raum wohl Arbeitsaufträge der zuständigen Lehrkraft erhalten.


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Aber sie steht voll und ganz hinter dem Modell, denn Hilbert ist ein gebranntes Kind: Der Unterricht am Gymnasium musste schon komplett ausfallen, weil die Quarantäne für so viele Lehrkräfte galt, dass gar kein Präsenz-Unterricht mehr möglich war. Erst am Montag startete der Präsenzbetrieb wieder, denn durch eine Ausnahmeregelung dürfen einige Lehrer die Quarantänezeit etwas verkürzen.

Auch an der Realschule in Schwabach stecken Schulleitung und Lehrkräfte gerade noch mittendrin in der Planung für den Religions- und Sportunterricht im Klassenverbund – und auf die Frage nach dem Start kann Konrektorin Kerstin Prowinsky-Prell nur ein „Bald“ nennen.
Dagegen haben sich andere Schulen fürs Beibehalten des bisherigen Unterrichts entschieden. Am Rother Gymnasium habe man für Ethik, katholische und evangelische Religion ebenso wie für den Fremdsprachenunterricht „geteilte Klassen, das geht gar nicht anders“, sagt der stellvertretende Schulleiter Studiendirektor Manfred Kohl auf Anfrage.

Auch an der Realschule in Hilpoltstein bleibt es beim bisherigen Modell, weil in der neuen Form „keine Entspannung der Klassenproblematik zu erkennen“ sei, sagt Rektor Stefan Bindner. Jeweils zwei bis drei Klassen bilden hier einen Verbund, der durch den Sportunterricht gegeben sei.

Viel Organisationsarbeit

Innerhalb dieses Verbundes werde auch für den Religionsunterricht getrennt und gekoppelt. Eine Neuorientierung würde, so Bindner, „für uns unheimlich viel Umarbeitung bedeuten“. Davon habe man doch schon genug: Der Rahmenhygieneplan für die Schulen wird alle zwei bis drei Wochen aktualisiert. Aktuell, so Bindner, umfasst er 43 Seiten.

In der Anton-Seitz-Mittelschule in Roth „sitzen die Klassen blockweise zusammen“, erklärt Rektorin Andrea Droglauer. Das heißt, dass weiterhin zum Beispiel die Katholiken der Klasse 7a ihren katholischen Unterricht erleben, ein Stück entfernt sitzen aber auch die Katholiken der Parallelklasse 7b und ein weiteres Stück entfernt die dritte Gruppe aus der 7c. Für die Gruppen im evangelischen und im Ethikunterricht gilt dasselbe – so können auf Abstand mehrere Klassengruppen von einer Lehrkraft unterrichtet werden.

Das Konzept funktioniere gut – und beim Gedanken daran, dass mit der gemischtkonfessionellen Form alle Eltern einverstanden sein müssen, war diese Alternative für Droglauer keine Option.