Was die "Thomas-Cook"-Insolvenz für den Landkreis bedeutet

26.9.2019, 06:00 Uhr
Was die

© Foto: Lidia Piechulek

Links neben der Computermaus hat er sie schon vorbereitet, die beiden dicken, schwarzen Ordner mit allen Buchungsunterlagen. 1. bis 14. Oktober 2019, 15. bis 31. Oktober 2019: Dass die Kunden, die im Landkreis Roth in diesem Zeitraum eine Reise bei ihnen gebucht haben, anrufen werden, ist nur eine Frage der Zeit, weiß Dieter Frank.

Seit Montagmorgen schellt das Telefon in der Rother Filiale des Reiseveranstalters Thomas Cook Deutschland "im Sturm", sagt er. Die meisten müsse er, mangels genauer Informationen, vertrösten. "Aber die aktuellen Urlauber haben wir alle schon informiert, Transfers und Rückflüge sind arrangiert", erklärt er. Einige wenige haben am frühen Montagmorgen ihre Reise arglos angetreten – und wurden, kaum am Urlaubsort angekommen, von der Insolvenz-Verkündung des Reiseveranstalters überrascht.

Hundert Reisende im Landkreis

Insgesamt sind etwa zehn Kunden aus dem Landkreis aktuell verreist. "Die sind allerdings das geringste Problem", sagt er, und tippt dann auf die schwarzen Ordner. In den Herbstferien und bis zum Frühjahr haben etwa hundert weitere Reisende gebucht, ob und unter welchen Konditionen diese ihren Urlaub antreten können, ist allerdings noch fraglich. Auch den vier Mitarbeitern aus Roth fehlen bisher die Informationen. "Aktuell wissen wir nur, dass bis Donnerstag alle Abreisen abgesagt sind. Diese Reisen finden also nicht statt." Am Donnerstagnachmittag hofft Frank dann auf weitere Informationen "von oben".

Die aktuellen Zustände sind doch etwas chaotisch: An seinen Telefonanschluss wurden schon irrtümlich Kunden aus Braunschweig und Paderborn weitergeleitet. Auf deren Buchungsdaten habe er aber gar keinen Zugriff. Einige konfuse Anrufe hat Frank auch schon entgegen genommen. Von Menschen, die bei anderen Reiseveranstaltern gebucht haben, wie etwa "Dertour" oder "Et-reisen". "Ihr Veranstalter ist gar nicht betroffen, der hat mit uns nichts zu tun", wiederholt er dann immer wieder, halb ungeduldig, halb amüsiert.


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Dass seine Laune nicht immer so ungezwungen gewesen ist, gibt Dieter Frank dann doch zu: Der Wochenbeginn hat ihn sehr überrascht. Aber nun nimmt er die Situation recht gelassen, er will abwarten, was als nächstes passiert. "Thomas Cook Deutschland" hat

Seit 23 Jahren arbeitet er schon in der Filiale an der Hauptstraße, die Bindung zu seinen Kunden ist gut, sagt er. Einige kennt er schon viele Jahre, und die haben sich jetzt auch schon nach ihm erkundigt – nicht, weil sie von der aktuellen Situation betroffen sind, sondern weil sie ihm beistehen wollten. "Es waren sogar schon einige Jobangebote dabei, falls es unsere Filiale bald nicht mehr gibt", erzählt er augenzwinkernd – in seinem Lachen ist keine Bitterkeit. Um welche Jobs es da zum Beispiel gehe? Gärtner, erklärt er. Ein Kunde hätte ihm auch vorgeschlagen, das Schild einfach herauszureißen. "Er sagte: ,Schreibt einfach Rother Reisebüro drüber – wir kommen nicht wegen dem Namen sondern wegen der Mitarbeiter‘". Manche haben auch Kuchen und Süßigkeiten vorbeigebracht, "jeder hier hat ein paar treue Stammkunden."

Wenn ein bisschen mehr Unterstützung und Information aus der Verwaltung käme, wäre das schon gut, findet er. Zum ersten Mal wirkt er bedrückt "So ein Insolvenzantrag wirft natürlich auch in uns Mitarbeitern offene Fragen auf."

Die Kunden, die in der nächsten Woche eine Reise gebucht haben, wollen natürlich wissen, ob sie fliegen können, erklärt er. Diese Antwort kann ihnen aber zurzeit niemand geben. Frank und seine Kollegen haben vielmehr die gleichen offenen Fragen: Wie ist jetzt der Ablauf? Was kommt als Nächstes? Das wollen auch wir wissen. Es gibt viele Gerüchte über angebliche Investorengespräche – aber noch nichts Konkretes.

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