Wechselunterricht: An den Schulen regt sich Protest

3.2.2021, 05:00 Uhr
Wechselunterricht: An den Schulen regt sich Protest

© Foto: Hans-Joachim Winckler

In den Klassenzimmern gärt es, die Entscheidung für Wechselunterricht sei schlicht "falsch". In Schwabach haben die fünf Sprecher der Jahrgangsstufe Q 12 einen offenen Brief ans Kultusministerium verfasst – in Absprache mit Schulleitung und Elternbeirat.

"Großer Unmut", so Schülersprecher Sebastian E. Bauer, herrsche über die Entscheidung. Denn der Distanzunterricht funktioniere "sehr gut", nach den Erfahrungen des ersten Lockdown seien "hervorragende Infrastruktur und schlüssiges Unterrichtskonzept" eingeführt worden. In Videokonferenzen "konnten die Schüler den Gedanken des Lehrers folgen" und mit Beiträgen "aktiv ins Unterrichtsgeschehen eingreifen".


Abiturienten verweigern Präsenzunterricht


Nun aber, wenn eine Hälfte im Klassenzimmer sitzt und die andere daheim, könne die Lehrkraft nur eine Hälfte des Kurses persönlich betreuen, für die andere gibt es Arbeitsaufträge. Für individuelle Rückmeldungen sei kaum Zeit. "Wir sind nicht die, die am meisten Grund zum Jammern haben", sagt Bauer. Und man denke auch nicht an Streiks wie in Nürnberg.

Aber wenn tatsächlich ein Corona-Fall auftrete "und wir in Quarantäne müssen", dann sei – abgesehen vom gesundheitlichen Risiko – der enge Klausurenzeitplan Makulatur. Und: Das Streamen des Unterrichts für die Schüler daheim "scheitert oft an mangelnder Verbindung mit dem Internet".

Das bestätigt AKG-Schulleiter Harald Pinzner: "Streamen funktioniert bei uns überhaupt nicht, weil der Ausbau fehlt. Wenn alle Schüler zum Wechselunterricht ins Schulhaus kämen, bräche das Netz zusammen."

Doppelbelastung für die Lehrer

Der Wechselunterricht mit den beiden Gruppen findet also eigentlich nacheinander statt – "eine Doppelbelastung auch für die Kolleg*innen und ein enormer logistischer Aufwand", sagt Pinzner.

Am Gymnasium in Roth gibt es bisher noch keine öffentlichen Unmutsäußerungen der Schüler, aber auch Schulleiter Dr. Rudolf Kleinöder seufzt: "Ich bin mit der Gesamtsituation unzufrieden." Natürlich sei ihm, dem Vater eines Sechstklässlers, Präsenzunterricht am liebsten – aber erst wenn die pandemische Lage es erlaube. Für das Streamen sei die Schule nicht ausgerüstet, außerdem könne die Kamera nur auf Lehrkraft oder Tafel gerichtet werden. "Die Beiträge der Schüler kriegt man damit schon nicht mehr mit."

Hygienisch bedenklich

"Hygienisch bedenklich" sei der Wechselunterricht natürlich auch. Die Kursgruppen mischen sich im Schulhaus, "weil ein Schüler dann in den Französisch- und die andere Schülerin danach in den Englisch-Kurs geht". Kleinöders Fazit: "Ich verstehe die Schüler."

Positiver sieht Anja Hilbert die Lage. Die Leiterin des Hilpoltsteiner Gymnasiums hat in ersten Gesprächen mit Schülerinnen und Schülern herausgehört, "dass für sie die Motivation am schwierigsten ist". Da komme es den Abschlussklässlern jetzt entgegen, "dass endlich mal wieder was anders ist", dass man mal wieder rausgehen "und sich zurechtmachen" könne.

Zupass kommt der modern ausgestatteten Schule in Hilpoltstein, dass die vier Räume, in denen sich die 40 jungen Leute derzeit verlieren, mit moderner Technik samt Raum-Mikrofon ausgerüstet sind. Hilbert: "So muss der Lehrer nicht das Echo spielen, weil man auch hört, was die Schüler sagen".

Weil eben jede Schule anders ausgestattet ist, wollen auch die Schwabacher Adam-Kraft-Gymnasiasten keine komplette Änderung, sondern appellieren in ihrem offenen Brief an den Kultusminister, "den Schulleitungen die Wahl zwischen Distanz- und Wechselunterricht zu geben". Hoffnung auf Änderung aber hat Sebastian Bauer, "nicht wirklich".

 

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