Wer kommt mit zur Ausfahrt mit Hercules-Cavallo-Rädern?

15.11.2014, 08:47 Uhr
Wer kommt mit zur Ausfahrt mit Hercules-Cavallo-Rädern?

© Foto: Hess

„Cavallo“ heißt Pferd. Die Fortbewegung erfolgt, indem sich der Fahrer mit seinen ganzen Körper wie auf einem Pferd bewegt. Durch Auf- und Abwippen gibt er dem Gefährt Vortrieb. Die Pedale des Reitrads sind nicht gegengleich montiert, sondern in derselben Stellung.

Das „Cavallo“ erinnert dennoch an ein Fahrrad. Es hat Lenker, einen Bananensattel, zwei Räder, sogar Dreigang-Schaltung, Beleuchtung, ein Kettenblatt und es ist straßentauglich. Aber von treten keine Spur; der Fahrer hoppelt auf dem Rad, wenn er vorwärtskommen will.

Zehn solche „Cavallo“-Räder besitzt Helmut Walter, darunter auch das „Ur-Cavallo“ das der Ingenieur Hans Günter Bals damals entwickelt hat, bevor er es der seinerzeit noch in Nürnberg ansässigen Fahrradfabrik Hercules zum Bauen anbot. Dieses „Ur-Cavallo“ hat noch Vierkant-Rohre und entstand Ende der 70er Jahre. Nach diesem Modell wurden alle der rund 2000 „Cavallos“ gefertigt.

Die „Cavallos“ von Helmut Walter sind in Top-Zustand. Alle sind original lackiert – in Rot – und haben noch die Original-Weißwand-Bereifung.

Eher ein Spaß-Fahrrad

Dass nicht einmal die Weißwand-Reifen gewechselt werden mussten, ist ein Beleg dafür, dass die Räder nicht allzu oft, allzu lange und allzu weit gefahren wurden. Aus gutem Grund, denn anständig fahren konnte man damit nicht. Es war eher ein Spaß-Fahrrad mit Trimm-Dich-Effekt. Dabei wirkten zwei Rahmenrohre als Pleuel auf die Kurbelarme des Antriebszahnrades. Handzeichen geben? Unmöglich, denn der Fahrer muss immer beide Hände fest am Lenker haben.

Das Rad war für die damalige Zeit ausgesprochen teuer. 650 Mark wollten die Händler dafür haben, und das zu einer Zeit, als ein gutes Rennsportrad knapp 500 kostete.

Das „Cavallo“ war ein Ladenhüter. Und für Hercules war es ein Flop. Anfang der 80er wurde der Lizenzvertrag mit Ingenieur Bals schon wieder gelöst, die letzten „Cavallos“ wurden angeblich für 100 Mark pro Stück an Werksangehörige verramscht.

Helmut Walter sucht für seine „Cavallos“ Fahrer, die mit ihm von der Pflugsmühle aus einen „Ausritt“ unternehmen. Er dachte dabei an einen Reitverein, weil die Bewegung doch sehr ähnlich ist wie beim Reiten.

Swingbike in Serie

Der Maschinen- und Flugzeugbau-Ingenieur Bals beharrt übrigens darauf, dass „Hercules“ durch gravierende Änderungen an der Original-Konstruktion das Rad verdorben hat. An der Vision des Reitrads hat Hans Günter Bals über 50 Jahre festgehalten und das Prinzip weiterentwickelt. 2009 ist von ihm das „Swingbike“ in Serie gegangen.

Infos und Kontakt:
www.der-radsherr.de

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