Wer wird jetzt Kanzlerkandidat?

17.1.2021, 15:00 Uhr
Wer wird jetzt Kanzlerkandidat?

© Foto: Michael Kappeler/dpa

Bis zum Schluss war das Rennen spannend und eng. Den Vorsitz der CDU holte sich dann Armin Laschet mit 521 Stimmen, Friedrich Merz kam auf 466, nachdem Norbert Röttgen den ersten Wahlgang nicht überstanden hatte. War dieses Ergebnis erwartbar?

Ralph Edelhäußer, noch Bürgermeister in Roth, aber kurz vor der sehr wahrscheinlichen Nominierung zum Bundestagskandidaten für den Wahlkreis Roth/Nürnberger Land, sagt: "Ja, nachdem Röttgen, der auch – wie Laschet – eher die Mitte der Partei spiegelt, ausschied, war für mich klar, dass seine Wähler im zweiten Wahlgang für Armin Laschet stimmen."

Der Vergleich mit dem Ergebnis der Bürgermeisterwahl in Büchenbach im Juli 2003 fällt ihm ein: Obwohl CSU-Mann Gerhard Lunz im ersten Wahlgang vorn gelegen hatte, gewann schließlich Helmut Bauz. Denn: "Nachdem Anneliese Seubert, die Kandidatin der SPD, ausgeschieden war, konnten deren Wähler den CSU-Mann einfach nicht wählen." Bauz war damals der lachende Dritte.

Klare Kante

Dabei weiß Edelhäußer gar nicht, wie er bei der Wahl in Berlin selbst abgestimmt hätte. "Emotional hätte ich eher zu Merz tendiert, weil er aus der Wirtschaft kommt, kompetent ist und klare Kante zeigt." Aber wenn es um die Vermittelbarkeit eines Kanzlerkandidaten geht, tendiere er eher zum moderierenden Laschet, "der schon Wahlen gewonnen hat" und "der ein Mann der Mitte ist". Edelhäußer: "Mit dieser Mitte und mit einer hervorragenden Bundeskanzlerin sind wir in den letzten 16 Jahren ja sehr gut gefahren."

Wer aber wird Kanzlerkandidat? "Ich weiß es nicht", gesteht Edelhäußer. "Das werden die beiden Alphatiere unter sich ausmachen." Er glaubt, dass der eine zum anderen fährt "und wieder so was wie das Frühstück in Wolfratshausen stattfindet". Er jedenfalls, der ebenfalls gern im neuen Bundestag sitzen würde, "kann mit beiden gut leben".

"Freude hält sich in Grenzen"

CSU-Landtagsabgeordneter und Kreisvorsitzender Volker Bauer macht keinen Hehl draus, dass ihm Friedrich Merz als CDU-Parteivorsitzender lieber gewesen wäre, so wie vielen seiner Unionskollegen im Landtag, wie er aus Unterhaltungen und Social-Media-Foren weiß. "Die Freude hält sich in Grenzen", sagt er zur Wahl von Laschet. "Wenn Armin Laschet mit so einem Vorsprung gewählt wird, dann muss man das akzeptieren." Aber: "Ich denke, Merz wäre ein wirtschaftskompetenter Kandidat gewesen, der die Herausforderungen nach Corona meistern hätte können", sagt der Kammersteiner.

Aber Merz polarisiere halt auch. "Entweder man findet ihn gut oder nicht." Dass Merz gleich am Samstag angeboten hat, sofort den Posten des Wirtschaftsministers zu übernehmen, findet Bauer nicht so ganz passend. "Das ist sehr selbstbewusst und sagt etwas über die Person Merz aus. Er hätte sich da aber nicht selbst ins Spiel bringen sollen." Außerdem habe die Kanzlerin wenig Interesse, Peter Altmaier zu ersetzen, so Bauers Einschätzung.

Mit Laschet gebe es jetzt eine konstante Fortführung der Union. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident sei der politisch Erfahrenste. Laschet ist "kalkulierbar". "Die Partei will eine Konstanz in der Geschichte." Eine der Hauptaufgaben werde nun sein, die Spaltung innerhalb der Union zu überwinden. "Laschet", so Bauer, "kann die Union besser vereinen als die anderen beiden Kandidaten". Das sei wohl bei der Wahl für die Delegierten ein Grund gewesen, ihm die Verantwortung zu übertragen.

"Als Kanzler", so räumt Volker Bauer weiter ein, "seh ich keinen von den drei CDU-Kandidaten. Ich wüsste, dass Markus Söder es am besten könnte, möchte ihn für Bayern aber ungern ziehen lassen." Söder wäre für Bauer der Stärkste und Kompetenteste. "Ob er aber in allen Bundesländern so gesehen wird, ist fraglich. Vielleicht gibt es einen lachenden Vierten", meint Bauer. Ob das Gesundheitsminister und Vize-Parteichef Jens Spahn sein könnte? "Diese Frage stellt sich jetzt nicht, obwohl er schon enorm an Profil gewonnen hat", so Volker Bauers Einschätzung.

"Angenehm überrascht"

Sehr zurückhaltend bleibt Karl Freller auf die Frage nach seiner ersten Wahl. Der Landtags-Vizepräsident und Schwabacher CSU-Kreisvorsitzende kann nicht sagen, wen er selbst gewählt hätte, weil es von außen deutlich schwieriger sei, die Kandidaten zu beurteilen. Zumindest so viel verrät er: "Die Rede von Armin Laschet hat mich angenehm überrascht, sie war mit Abstand die beste. Und Laschet hat den Eindruck bestätigt, dass man jemanden nicht von vornherein unterschätzen soll." Der Ministerpräsident habe es verstanden, "in dieser winterlichen Corona-Zeit, in der die Zwischenmenschlichkeit einzufrieren droht, eine menschliche Rede zu halten, die die Delegierten mehr angesprochen hat".

In Sachen Kanzlerkandidat ist es laut Freller naturgemäß so, dass der Parteivorsitzende in der eigenen Partei ein "Prae" habe, also einen gewissen Anspruch darauf erheben könne. Ob aber am Ende wirklich Laschet das Rennen macht oder doch der Vorsitzende der Schwesterpartei? Freller kann es nicht einschätzen, aber: "Markus Söder wäre ein ausgezeichneter Bundeskanzler". Wenn die CSU den Kanzler stellt, sei das "eine Riesenchance auch für Bayern". Zweimal in der jüngeren Vergangenheit ist die CSU ja gescheitert. Wenn aber der Zusammenhalt in der CDU um Laschet sehr eng und geschlossen sei, "dann wird es für Bayern nicht leicht".

Beide "Vorfälle" vor und nach der Wahl beurteilt Freller als "nicht übermäßig klug", weder die Empfehlung von Jens Spahn für seinen Teamkollegen Laschet noch die Eigenempfehlung von Friedrich Merz für den (aktuellen) Posten des Wirtschaftsministers. Ob es da im Vorfeld vielleicht vage Versprechungen gab, "weiß man nicht". Was er aber interessant findet: Unterschätzt werde gern der eine oder die andere Politikerin. Von "Kohls Mädchen" Angela Merkel hieß es 2005, sie sei "komplett überfordert" und "macht‘s nicht lang". Freller: "Das Gegenteil war der Fall."

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