Nach 18 Jahren im Amt

"Es war mir eine Ehre": Werner Bäuerlein gibt den Abenberger Rathausschlüssel weiter

1.5.2020, 06:29 Uhr
Vom Rosengarten der Burg aus kann Werner Bäuerlein „sein“ Abenberg gut überblicken. 18 Jahre lang stand der 64-Jährige an der Spitze der Burgstadt und seiner gut 5800 Einwohner.

© Foto: Robert Gerner Vom Rosengarten der Burg aus kann Werner Bäuerlein „sein“ Abenberg gut überblicken. 18 Jahre lang stand der 64-Jährige an der Spitze der Burgstadt und seiner gut 5800 Einwohner.

Herr Bäuerlein, drei Wahlperioden lang standen Sie an der Spitze der Stadt. Sind Sie mit der Entwicklung zufrieden?

In bin sehr zufrieden. Ich bin mit mir im Reinen. Ich gehe in Frieden. Abenberg steht gut da.

Woran machen Sie das fest?

Das könnte man an Zahlen festmachen. Unser Haushaltsvolumen hat sich in den 18 Jahren fast verdoppelt, unsere Einnahmen aus der Einkommensteuer haben sich fast verdreifacht, unsere Einnahmen aus der Gewerbesteuer mehr als vervierfacht. Wir haben 50 Prozent mehr Kinderbetreuungsplätze und dergleichen mehr. Wir haben unglaublich viel investiert und trotzdem unsere Schulden in den 18 Jahren halbiert.

Aber Zahlen sind natürlich nicht alles.

Da haben Sie recht. Zahlen sind wichtig. Aber sie wären nichts, wenn es abseits davon nur Streit, Missgunst und Neid geben würde. Ich bin 2002 in einer schwierigen Zeit zum Bürgermeister gewählt worden. Nicht nur ich war neu, auch 16 der 20 Stadträte. In den Jahren zuvor hatte es viel Zoff zwischen meinem Vorgänger Karlheinz Walter und der SPD auf der einen und der CSU auf der anderen Seite gegeben. Mein erstes Ziel war es, Ruhe und Frieden in den Stadtrat zu bringen. Auch wenn natürlich auch bei uns kontrovers diskutiert wird. Unter dem Strich sage ich, dass mir das gelungen ist.

Wie haben Sie es geschafft?

Weil ich den parteiübergreifenden Ansatz über alles stelle. Ich bin zwar von der SPD nominiert worden, habe aber kein Parteibuch. In der Anfangszeit 2002, ganz im Ernst, da waren meine wichtigsten Ratgeber mein Gegenkandidat Hans Zeiner aus Obersteinbach, der andere Hans Zeiner aus Kleinabenberg und Hans Schwab aus Dürrenmungenau. Alles gestandene CSU-ler. Auf sie habe ich mich immer verlassen können. Nicht umsonst war Hans Zeiner aus Obersteinbach 18 Jahre lang mein loyaler Stellvertreter.

Die Startbedingungen waren für Sie nicht berauschend.

Abenberg hatte viel Geld in den Kanalbau gesteckt. Das waren Millionen. Man hat die Bürger damals geschont, auf Kosten der Großgemeinde. Die Schulden wuchsen unaufhörlich. Ich war seinerzeit selbst Kämmerer. Ganz ehrlich: Der Kahn war am Kippen.

Wie haben Sie das Steuer herumgerissen?

Der neue Stadtrat hat sich zusammengesetzt. Wir haben uns versprochen: Wir geben nur noch so viel Geld aus, wie wir erwirtschaften. Keine neuen Schulden mehr. Das haben wir durchgehalten bis 2018, als wir den Grunderwerb für das große neue Baugebiet Wiesenstraße vorfinanziert haben.

Klingt aus heutiger Sicht einfach.

Es hat schon ein paar Jahre gedauert, bis man gesehen hat, dass wir wieder auf Kurs kommen. Dann kam eins zum anderen. Gewerbeentwicklung, Infrastrukturprojekte. Das Wichtigste: Wir hatten immer verlässliche Partner: das Amt für ländliche Entwicklung, das uns durch all die Flurbereinigungs- und Dorferneuerungsverfahren begleitet hat, das Straßenbauamt, die übergeordneten Behörden, unsere Gewerbetreibende, aber natürlich auch jeder unserer gut 5800 Bürger. Ich war gerne deren Bürgermeister.

Sie hätten es noch sechs weitere Jahre sein können.

Stimmt schon. Aber irgendwann muss auch Schluss sein. Ich bin jetzt 64. In sechs Jahren wäre ich 70. Ob ich da für den aufreibenden Job noch die Kraft hätte? Außerdem: Wenn ein 70-jähriger Bürgermeister zur Kindergarteneinweihung kommt, dann passt das irgendwie nicht mehr. Wir haben jetzt junge Mitbürger, die Verantwortung haben wollen. Vier Kandidaten für meine Nachfolge, alles gute Leute, das hat mich stolz gemacht. Man muss diese Leute jetzt auch machen lassen. In sechs Jahren stünden sie womöglich nicht mehr zur Verfügung.

18 Jahre lang in einem Bürgermeisteramt gehen nicht spurlos an einem vorbei. Spüren Sie den Verschleiß?

Tatsächlich ist man als Bürgermeister irgendwie immer im Dienst. Aber ich habe versucht, mir eine feste Struktur anzugewöhnen. Das gemeinsame Frühstück mit der Familie war immer obligatorisch. Auch vor Abendterminen bin ich immer noch einmal heim. Dort saßen beziehungsweise sitzen ja auch meine wichtigsten Korrektive: meine Frau Sabine und meine Söhne. Ich war um deren kritische Begleitung immer dankbar. Natürlich hatte ich für die Familie vielleicht weniger Zeit als andere. Aber ich habe diese Zeit dafür intensiver genützt.

Da blieb nichts auf der Strecke?

Ich hoffe nicht für die Familie. Der Einzige, der vielleicht ein bisschen auf der Strecke geblieben ist, bin ich selbst. Aber das kann ich ab nächster Woche ja ändern. Endlich wieder mehr Sport machen, zur Arbeit in den Wald gehen. Mir wird die Decke nicht auf den Kopf fallen.

Was ist Ihr größter Verdienst?

Schwer zu sagen, mit Eigenlob habe ich es nicht so. Vielleicht sollte ich es so formulieren: Wir haben starke, eigenständige Dörfer. Aber alle identifizieren sich mit dem großen Ganzen, mit der Großgemeinde Abenberg. Dazu habe ich mein Scherflein beigetragen.

Und ihre größte Niederlage?

Ach, Siege, Niederlagen, was soll man da sagen? Damals, als der Bau zweier großer Freiland-PV-Anlagen bei Ebersbach und Kapsdorf mit Stimmengleichheit abgelehnt wurde, da habe sich das als große Niederlage empfunden.

Heute denke ich mir, dass ich vielleicht in der Kommunikation etwas falsch gemacht habe. Als es ein paar Jahre später um den Bau von Windrädern gegangen ist, da haben wir, da habe ich das viel besser gemacht. Wir hatten alle im Boot, die Bürger wollten mitfinanzieren. Leider hat uns dann die bayerische 10-H-Regel einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Schmerzt Sie so etwas?

Ich will es so sagen: Wenn Du ewig einem Ideal hinterherjagst, wird gar nichts passieren. Mit unseren Biogasanlagen, mit vielen kleineren PV-Anlagen und mit der Freiflächenanlage auf einer alten Bauschuttdeponie in Bechhofen sind wir inzwischen, was die Energiewende angeht, ganz gut aufgestellt.

Ein wichtiges Thema im Kommunalwahlkampf war die Belebung der Abenberger Altstadt. Haben Sie da etwas versäumt?

Wir haben mit viel Geld städtebauliche Missstände beseitigt. Mehr Leben in die Innenstadt bekommst du heute nicht mehr mit vielen neuen Läden. Sondern indem du Wohnraum mitten in der Stadt schaffst. Da ist zuletzt einiges passiert, auch wieder zusammen mit einem verlässlichen Partner, dem Bauunternehmer Christian Schlegel. Natürlich hätte ich mir manchmal hier noch ein wenig mehr gewünscht und dort noch ein wenig mehr vorstellen können. Doch wenn die grundsätzliche Richtung passt, dann kommt es auf die letzten Kleinigkeiten nicht an. Dann kann man sich als Bürgermeister ruhig selbst ein bisschen zurücknehmen.

Die Corona-Pandemie verhindert jetzt einen würdigen Abschied für Sie.

Ja, da kann man nichts machen. Ähnlich wie der Schwabacher Oberbürgermeister Thürauf hätte ich gerne einen Dankgottesdienst gefeiert mit den vielen Menschen, die mich die vergangenen 18 Jahre begleitet haben. Die Krise ist einerseits fürchterlich, aber in ihr zeigt sich auch das Gute in den Menschen. Wir müssen derzeit den räumlichen Abstand der Menschen untereinander vergrößern. Doch der soziale Abstand wird spürbar geringer. Das macht uns stark – und gibt mir Hoffnung.

Ihr Abschiedswort an die Abenberger?

Es war mir eine Ehre.

Es war sein letzter Arbeitstag. Werner Bäuerlein, 64, trat gestern ab. 18 Jahre lang war er Bürgermeister in Abenberg, seine gesamte Arbeitszeit im Rathaus der Burgstadt summiert sich auf 42 Jahre. Er hätte durchaus noch einmal kandidieren können, fand aber, dass es Zeit ist, das Ruder an die nächste Generation zu übergeben. Unter seinen Kollegen im Landkreis war der gelernte Finanzbeamte und studierte Diplom-Verwaltungswirt überaus geschätzt, seit vielen Jahren vertritt er sie als Kreisvorsitzender im Bayerischen Gemeindetag. Ein bisschen Kommunalpolitik wird Bäuerlein noch machen, aber nur ehrenamtlich: als einer von 60 im Kreistag.

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