Sorge vor Überschwemmungen

Wie bauen Frankens Kommunen hochwassersicher?

11.8.2021, 11:00 Uhr
Jahrhundertflut: In Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz (auf unserem Foto in Altenahr) wurden kleine Flüsschen plötzlich zu reißenden Strömen, zerstörten Autos, Äcker, Häuser, ganze Dörfer.  

© -, NN Jahrhundertflut: In Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz (auf unserem Foto in Altenahr) wurden kleine Flüsschen plötzlich zu reißenden Strömen, zerstörten Autos, Äcker, Häuser, ganze Dörfer.  

Das Häuschen am verträumt plätschernden Bach – ein schöner Traum? Oder doch ein Alptraum? Wie steht es um das Bauen an Flüssen und an Berghängen? Wie gehen Kommunen in der Region mit dem Planen von Baugebieten um?

In Roth werden derzeit erste Pläne gemacht, um das frühere Leoni-Gelände als neues Quartier für Wohnen und Gewerbe zu entwickeln. Das Areal ist direkt unterhalb des Schlosses Ratibor und neben der Kulturfabrik, aber auch direkt am Wasser: Im Osten die Rednitz, im Westen der Mühlkanal – sie umschließen das Gelände.

Natürlich gelte in Roth „sowieso schon“ die Richtlinie des Freistaates von 2019 zur Starkregenbetrachtung, sagt dazu Stadtbaumeister Wolfgang Baier. Zusätzlich schlage die Stadt für das neue Wohngebiet für rund 400 bis 500 Menschen aber einen „Risikoaufschlag“ drauf. Konkret heißt das: Die großzügig bemessenen Retentions-, also Rückzugsflächen für das Wasser, das dann über die Ufer tritt, müssen frei bleiben.

Ausgelegt sind die Pläne auf das HQ 100, ein 100-jährliches Hochwasser, aber in Roth laut Baier „noch ein bissl drüber“. Außerdem muss die Stadt „den Nachweis führen, dass die Ober- und Unterlieger des Gebietes keinen Nachteil durch die Bebauung haben“, dass ihre Grundstücke also nicht stärker gefährdet sind als vorher.

"Zur Schwammstadt werden"

Aber für künftige Baugebiete wie zum Beispiel das neue „Quartier Westring West“ gilt laut Baier die Verpflichtung, Versickerungsmulden zu schaffen. „Wir müssen zur Schwammstadt werden“, fordert Baier – wortgleich wie der bayerische Umweltminister Thorsten Glauber soeben für ein „Zukunftskonzept für den Umgang mit Niederschlagswasser in Städten und Gemeinden“. Das heißt, Regenwasser soll nicht in die Kanalisation ablaufen, weil die gar nicht auf so gewaltige Regenereignisse ausgelegt werden kann. Sondern: Grünzonen in den Wohngebieten, unversiegelte Flächen, die wie ein Schwamm wirken können.

Generell glaubt Baier, dass es künftig noch mehr Festsetzungen gibt. Zum Beispiel eine Höhenquote für Wohnungen. Dann muss das Schutzgut Wohnraum etwas höher liegen als bisher. Das entspricht ebenfalls der Forderung des Umweltministers. Der sagt: „Klimaangepasstes Planen und Bauen müssen zum Standard werden.“

Hochwasserschutz muss in der Fläche beginnen - mit Rückzugsraum für Flüsse und Bäche. Unser Foto zeigt eine geschädigte Ackerfläche in Nordrhein-Westfalen.

Hochwasserschutz muss in der Fläche beginnen - mit Rückzugsraum für Flüsse und Bäche. Unser Foto zeigt eine geschädigte Ackerfläche in Nordrhein-Westfalen. © Dr. Norbert Feldwisch, obs

„Wir leben mit den Flüssen.“ In Georgensgmünd ist Bürgermeister Ben Schwarz „per se sensibilisiert“ und gewohnt, dass die Flüsse immer mal wieder über die Ufer treten. Die Schwäbische und die Fränkische Rezat fließen hier zur Rednitz zusammen, der Steinbach kommt außerdem von Westen dazu. Das HQ 100 werde bei Bauvorhaben eingerechnet. „Aber bei Neubauten müssen wir noch viel stärker darauf achten“, vor allem am Steinbach gelte das. In ein Hochwasserschutzprogramm sei die Gemeinde aufgenommen. „Aber“, mutmaßt Schwarz, „wir werden uns künftig noch mehr Gedanken machen“.

Neue Baugebiete werden in der Regel mit Trennsystemen gebaut. Das heißt, das Regenwasser fließt nicht mehr in die Kanalisation, aber die alten Baugebiete sind halt noch im Mischwassersystem erschlossen. Auch in Greding, wo Bürgermeister Manfred Preischl aber betont, dass die Kanalsysteme überrechnet wurden. Die Konsequenz: Mehrere Regenrückhaltebecken wurden gebaut. Sie sollen die Kanalisation bei Starkregen entlasten.

Alles auf Vordermann gebracht

In Allersberg betont Bürgermeister Daniel Horndasch: „Wir haben in den vergangenen drei Jahren alle Regenrückhaltebecken auf Vordermann gebracht, um bestmöglich vorbereitet zu sein.“ Und für die Baugebiete St. Wolfgang und Im Keinzel, die derzeit erschlossen werden, habe man „die Regenrückhaltebecken deutlich größer dimensioniert als vorgeschrieben“.

Trotzdem gebe es in der Marktgemeinde Problem- und Engstellen – wie zum Beispiel durch den verrohrten Küselgraben. Die Sünden früherer Jahre wieder zu beseitigen, „daran arbeiten wir. Aber es ist nicht leicht, weil die Bäche und Gräben oft gar nicht im Eigentum der Gemeinde sind“. Die kürzlich beim starken Regen vollgelaufene Baugrube an der Sandstraße zeige „exakt dieses Problem“, sagt der Bürgermeister: „Der Durchlauf war zu, es hat sich ein Rückstau gebildet.“

Das Problem, so Horndasch, stellt sich im Osten von Allersberg. Wo das Wasser reinfließt, ist mehr Retentionsraum für das Wasser nötig, damit gar nicht so viel in so kurzer Zeit Richtung Ort fließen kann. Daraus folgere aber auch, dass das Problem am Ende des Ortes im Westen kleiner ist. Mit Verweis auf die Kritiker eines neuen Supermarktes am westlichen Ortsende betont der Bürgermeister aber: „Auch dort muss ein Bebauungsplan aufgestellt werden, und alles wird genau geprüft. Nur wenn da wirklich nichts passieren kann, kann auch gebaut werden. Aber auf die Fachbehörden muss man sich schon verlassen.“

Ein verstopfter Durchlass war auch die Ursache für die Überschwemmungen in Lohen, einem Ortsteil von Thalmässing. Natürlich wurden die Gräben danach ausgeputzt, sagt Geschäftsleiter Martin Obermeyer, „aber das wurde vorher ja auch regelmäßig gemacht“. Die Gegenstände, die den Durchlass verstopft hatten, waren auch nicht vorher angeschwemmt worden, sondern erst mit dem heftigen Unwetter und den immensen Wassermengen. „Das packt der Graben nicht mehr“, sagt Obermeyer. „Bei solchen Dimensionen kann man fast nichts mehr machen. Und die sind schwer vorherzusehen.“

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