Vorstoß der Linken:

Wohnen im Landkreis Roth: "Jedes Rattenloch wird angeboten"

1.6.2021, 06:00 Uhr
Wohnen im Landkreis Roth:

© Foto: Ben Schwarz

Susanne Horn, Stadtratsmitglied der Linken in Roth, übt heftige Kritik an der Haltung der Stadt Roth zu Mieterschutz und sozialem Wohnungsbau. "In Roth scheint man mietenpolitische Entscheidungen im Blindflug zu treffen", reagiert Horn in einer Presseerklärung auf eine Mitteilung aus dem Bauamt, mit der eine umfangreiche Anfrage von Grünen und Linken beantwortet wurde. Sie kritisiert in erster Linie das Fehlen eines Mietspiegels in der Kreisstadt.

Die Stadt Roth tappe in Sachen Mieten seit Jahren im Dunkeln, lautet ihr Schluss aus der Antwort. "Weder konnten Angaben zur aktuellen Zahl der Miethaushalte gemacht werden, noch zu Miethöhe oder auch zu Mieterhöhungen", präzisiert Horn. Die Stadt befasse sich "also offensichtlich nicht ansatzweise mit Fragen, deren Antworten wichtig wären, um die Situation für Mieterinnen und Mieter in Roth zu verbessern". Horn bewertet dies als "Wissenslücke, die für eine über Jahre hinweg verpasste Chance zum aktiven Mieterinnen- und Mieterschutz steht". Für sie belegen die knappen Auskünfte aus dem Bauamt "zu wenig Tatkraft der Stadtverwaltung, um die Situation für Mieterinnen und Mieter zu verbessern".

"Es ist höchste Zeit"

In allerjüngster Vergangenheit war das Bauamt allerdings nicht untätig, was auch Susanne Horn anerkennt. Sie findet es "erfreulich", dass nun ein Mietspiegel in Auftrag gegeben werden soll. Ihn fordert auch der Haus- und Grundbesitzer-Verein bereits seit Jahren. "Hierzu laufen schon seit längerem Gespräche zwischen dem Mieterschutzbund, dem Haus- und Grundbesitzer-Verein und der Stadtverwaltung", erklärt Stadtbaumeister Wolfgang Baier. Der Spiegel sei aber eine freiwillige Leistung und keine Pflichtaufgabe.


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Wolfgang Held vertritt dieselbe Auffassung wie Horn. Der Vorsitzende des Rother Haus- und Grundbesitzer-Vereins findet, dass die Stadt unverzüglich einen qualifizierten Mietspiegel braucht. "Es ist höchste Zeit", sagt der Rother Architekt. "Der bislang letzte stammt aus dem Jahr 2013." Ferner habe sich 2017 das Gesetz geändert, und deshalb bedürfe es nun einer umfangreichen Datenerhebung. Die Kosten für einen Mietspiegel schätzt er auf etwa 35 000 Euro.

"Haus-und-Grund würde sich daran beteiligen", sagt Held, "denn ein Mietspiegel bietet verlässliche Grundlagen für beide Seiten und erleichtert einvernehmliche Mieterhöhungen". Die Lage auf dem Rother Mietwohnungsmarkt schätzt er als problematisch ein: "Es herrscht eher Wohnungsnot, die Preise sind ordentlich gestiegen." In Sachen Mietspiegel sieht er dringenden Handlungsbedarf. "Die Stadt redet viel und tut nichts", so seine Einschätzung. "Mittlerweile wird in Roth jedes Rattenloch saniert und angeboten."

Vorschriften ohne Mietspiegel oft nicht anwendbar

Gunther Geiler, Geschäftsführer des für Roth zuständigen Mieterschutzbunds Nürnberg, tritt ebenfalls für einen zeitnahen neuen Mietspiegel ein. "Er betrachtet Preise und Markt gründlich, zugleich bringt er wichtige Informationen für alle", so Geiler. Außerdem, erklärte der Jurist, "sind viele Schutzvorschriften für Mieter nicht anwendbar, wenn es keinen Mietspiegel gibt".

Exakt darauf hatte Susanne Horn bereits einmal während einer Stadtratssitzung hingewiesen, und tut es jetzt wieder. Ihrer Darstellung zufolge gibt es in Bayern auf kommunaler Ebene das Instrument der Mieterschutzverordnung, um Mieten zu regulieren. "Voraussetzung für die Anwendung ist ein lokaler Mietspiegel", so Horn.

Als weitere Handlungsmöglichkeit im Kampf gegen hohe Mieten sieht die Linken-Politikerin den Bau von Sozialwohnungen. Dazu hat sie gemeinsam mit den Stadtratsmitgliedern der SPD sowie von Die Partei und den Franken einen Antrag eingebracht, mit dem das Viererbündnis erreichen will, bei großen Neubauvorhaben eine verbindliche Quote von 20 Prozent für geförderte Wohnungen festzulegen.

"Vielversprechende" Gespräche

Der Stadtbaumeister sieht diesen Weg für künftige Entscheidungen positiv. "Heutige Stadtplanungskriterien fordern eine Mischung von Wohn- und Gebäudeformen in Bezug auf die Nachhaltigkeit", so Wolfgang Baier. Eine mittel- bis langfristig wirksame Orientierung hin zu mehr sozialem Wohnungsbau verspricht die Gründung einer interkommunalen Wohnungsbaugesellschaft.

Erste Gespräche darüber zwischen Roth, Hilpoltstein und Georgensgmünd sind nach Auskunft der Beteiligten "vielversprechend" und "aussichtsreich" verlaufen. "In der nächsten Zeit steht ein weiteres Gespräch an, um nach Möglichkeit dieses gemeinsame Projekt für eine Behandlung in den jeweiligen örtlichen Gremien vorzubereiten", schildert Baier den baldigen Fortgang der Verhandlungen. Er sieht vor allem Chancen für gemeindeeigene Flächen.


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"Jede der beteiligten Kommunen könnte vorhandene Grundstücke einbringen und diese durch das Unternehmen mit gefördertem Wohnungsbau bebauen lassen", so Baier. Die gibt es in allen drei Gemeinden. Hilpoltstein hat sich beispielsweise ein Areal auf der Dorotheenhöhe für kommunalen Wohnungsbau vorbehalten und bereits die Planung eingeleitet. Denn auch südlich der Kreisstadt steigt nach Auskunft der Stadtverwaltung die Nachfrage nach günstigem Wohnraum und die Mieten entwickeln sich nach oben.

Georgensgmünd als Vorreiter

Mit der kommunalen Kooperation würde auch ein bereits vor über drei Jahren beschlossener Antrag der Grünen im Rother Stadtrat umgesetzt, der ein Konzept zur Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus verlangt. Mieterschutz-Chef Geiler würde ein Kommunalunternehmen sehr begrüßen. "Dann könnte man Wohnungen bauen, die auf Dauer in der sozialen Bindung blieben", erläutert der Mietexperte den größten Vorteil einer öffentlich-rechtlichen Gesellschaft. Bei privaten Bauherren entfällt die Sozialbindung nach Rückzahlung der staatlichen Förderkredite.

Seinen Ausgang hat das Vorhaben einer kommunalen Zusammenarbeit beim sozialen Wohnungsbau in Georgensgmünd genommen. Die CSU-Fraktion im Gemeinderat hatte im Dezember 2020 beantragt, Gespräche mit benachbarten Gemeinden zu diesem Thema aufzunehmen. Ferner gibt es dort schon ein weit vorangeschrittenes eigenes Projekt für sozialen Wohnungsbau. Dabei handelt es sich um die Sanierung und Ergänzung oder den Abriss und Neubau eines in Gemeindehand befindlichen Gebäudes in der Industriestraße. Der Gemeinderat hat dafür im Haushalt des laufenden Jahres eigene Mittel vorgesehen.

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