S-Bahn: Baustellen, Verspätungen, Lichtblicke

14.12.2011, 08:11 Uhr
S-Bahn: Baustellen, Verspätungen, Lichtblicke

© Horst Linke

Vielleicht fuhr sein Zug nun fünf Minuten früher; auf größere Änderungen musste er sich aber selten einstellen.

Mit dem Fahrplanwechsel zum 12. Dezember 2010 sollte sich für den Bahnbenutzer im Großraum Nürnberg aber eine ganze Menge ändern. Denn an jenem Sonntag ging das erweiterte S-Bahn-Netz an den Start. Statt der bisherigen 67 Kilometer konnte er jetzt mit der S-Bahn auf einer Strecke von 224 Kilometer verkehren. Kostenpunkt des Projekts: 400 Millionen Euro.

Doch am großen Tag für Bahn und Benutzer ging nicht alles reibungslos über die Bühne. Anja Steidl, Geschäftsleiterin Marketing von DB Regio Franken, dem Betreiber der S-Bahn, verbindet mit diesem Tag rückblickend gemischte Gefühle. Zwar stand ein größeres S-Bahn-Netz mit zum Teil neugebauten Strecken und Stationen zur Verfügung, doch die Bahnkunden steuerten diese in den herkömmlichen Reisezugwagen an, weil die neuen S-Bahnen fehlten. Die ersten der 42 Eisenbahnen vom Typ Talent-2 sollten eigentlich bis Dezember 2009 geliefert werden. Sie hätten den Fahrgästen nicht nur mehr Komfort bieten, sondern Behinderten auch einen barrierefreien Zustieg ermöglichen können.

Aber es kam anders. Zum Start des neuen Netzes konnte keiner der Talent-2-Züge eingesetzt werden. „Wir mussten mit einem anspruchsvollen Ersatzkonzept an den Start gehen“, sagt Steidl heute. „Es war für die Kunden und die Mitarbeiter von Regio Franken ein hartes Jahr, weil das veraltete Wagenmaterial, das aufgrund der fehlenden Talent-2-Züge eingesetzt werden musste, störanfälliger ist“, erklärt sie. Und: „Vor allem die Türen machten den Fahrgästen zu schaffen und immer wieder kam es zu technischen Störungen und damit zu Beeinträchtigungen für die Kunden – der Ärger der Kunden ist absolut verständlich."

Ein Jahr nach dem Fahrplanwechsel fällt das Fazit für jede S-Bahn-Strecke ganz unterschiedlich aus.

 

S1: Bamberg-Nürnberg-Hartmannshof

Mit fast 100 Kilometern ist diese S-Bahn-Strecke nicht nur die längste, sondern auch eine, die am häufigsten genutzt wird. Heute fahren 20000 Pendler täglich von Nürnberg nach Bamberg. In die andere Richtung, von Nürnberg nach Hartmannshof, sind es 5000. Nach dem Fahrplanwechsel 2010 mussten die Fahrgäste ein ums andere Mal Geduld aufbringen, denn auf der gesamten Strecke gab es im vergangenen Jahr insgesamt 140 Baustellen – wie die an der Rothenburger Straße. Dort konnte die S-Bahn zum Fahrplanwechsel noch nicht halten, denn der Untergrund musste zusätzlich verfestigt werden. Auch die Haltestelle Vach war eine große Baustelle. Hier herrschte lange Schienenersatzverkehr, weil die Bahnsteighöhe an die Züge angepasst werden musste.

Ob diese Haltestelle in Zukunft angesteuert wird, steht noch nicht fest. Noch immer sind sich die Stadt Fürth, der Bund als Auftraggeber für die Infrastrukturmaßnahmen und die Bahn als Ausführer des Projekts über den Verlauf der Trasse uneinig. 2012, so der Plan, soll sie aber endlich fertig sein. Dann bekommt die S-Bahn zwischen Erlangen und Fürth zumindest teilweise ein eigenständiges S-Bahn-Gleis.

S-Bahn: Baustellen, Verspätungen, Lichtblicke

© Quelle: VGN

Bei der Linie S1 spricht Steidl auch von „schwierigen Rahmenbedingungen“, unter denen man sich bewegen müsse. Weil es auf dieser Linie auf langen Abschnitten einen „Mischbetrieb“ gibt, – d.h. Fern- und Güterverkehr sowie der Regionalexpress, Regionalbahn und S-Bahn fahren auf demselben Gleis – kommt es hier häufig zu Verspätungen. Lediglich 85 Prozent der S-Bahnen waren so laut Bahn-Angaben pünktlich.

Für Anja Steidl gibt es aber auch Lichtblicke. So hat die S-Bahn zwischen Fürth und Nürnberg seit einigen Wochen zwei eigene Gleise. Und: Seit Ende November fahren zwei Talent-2-Züge auf der Strecke. Seit dem neuen Fahrplanwechsel 2011 vor einigen Tagen absolvieren sie 14 Fahrten täglich. Von den neuen Zügen verspricht sich Anja Steidl eine Verbesserung in der Pünktlichkeit.

 

S2: Roth-Nürnberg-Altdorf

Auf dieser Strecke kommt es lediglich bei einzelnen Zügen zu Verspätungen. 98 Prozent von ihnen sind pünktlich, sagt die Bahn. Für diesen Wert hat Steidl eine einfache Erklärung. Die S-Bahn verkehrt auf einem eigenen Gleis, Behinderungen durch verspäteten Güterverkehr etwa bleiben aus. Die neuen Talent-2-Züge werden in Zukunft auf dieser Strecke jedoch nicht eingesetzt. Hier verkehren weiterhin die herkömmlichen Wagen. Dass die Fahrgäste nicht in den Genuss der neuen Züge kommen, ist der Höhe der Bahnsteige auf der Strecke geschuldet. Diese sind 96 Zentimeter hoch und auf den Einstieg der alten Wagen „genau eingepasst“. Zudem seien diese mit einem Baujahr von 1992 noch nicht alt.

Etwas frischen Wind gibt es dennoch: So erhalten die alten S-Bahnen seit dem Frühjahr 2011 für 3,2 Millionen Euro neue Sitze, eine neue Innen- sowie Außenlackierung und neue Haltestangen. Bis April 2012 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein.

 

S3: Nürnberg-Neumarkt

„Die S3 hat von Anfang an eigentlich relativ gut funktioniert“, sagt Steidl. Einziges Ärgernis für DB Regio Franken sind hier die teuer angemieteten Lokomotiven, die die nicht vorhandenen Talent-2-Züge ersetzen. So sollen diese, wenn die neue Zuggeneration geliefert wird, schnellstmöglich ersetzt werden. 60 Triebfahrzeugführer hat die DB Region Franken bis Ende des Jahres für die neuen Züge geschult. Auf dieser Strecke waren die S-Bahnen in den vergangenen Monaten zu 94 Prozent pünktlich.

 

S4: Nürnberg-Ansbach

Ähnlich wie bei der S1 benutzt auch hier die S-Bahn die Bahnanlagen, auf der sich der Güter- oder Fernverkehr bewegt. Auch hier wirkt sich ein verspäteter Zug auf die üblichen Fahrzeiten negativ aus. Die Pünktlichkeit der S4 liegt bei 93 Prozent. In Zukunft werden im Ansbacher Bahnhof Weichen ausgetauscht, so kann der Güter- und Fernverkehr das Gleis schneller für die S-Bahn räumen.

Zunächst sollen die alten S-Bahnen, die auf der Strecke S1 frei werden, mit den bisherigen Wagen dieser Strecke gekoppelt werden. Ziel ist jedoch, dass am Ende auf dieser Linie nur Talent-2-Züge verkehren.

 

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