Scholz-Vorstoß: Reine Männervereine sind nicht das Problem

12.11.2019, 13:24 Uhr
Bundesfinanzminister Olaf Scholz will, dass reine Männer-Vereine nicht den Status einer gemeinnützigen Organisation und die damit verbundenen Vorteile genießen.

© Kay Nietfeld/dpa Bundesfinanzminister Olaf Scholz will, dass reine Männer-Vereine nicht den Status einer gemeinnützigen Organisation und die damit verbundenen Vorteile genießen.

Olaf Scholz, der gerade in seiner Partei um Unterstützung für die Wahl zum SPD-Bundesvorsitzenden wirbt, hatte mit seinem Vorstoß vermutlich vor allem in den Reihen der sozialdemokratischen Frauen Pluspunkte sammeln wollen. Ausgerechnet eine ausgewiesene Fachfrau für die Rolle von Frauen in unserer Zivilgesellschaft attestiert dem Minister jetzt, ziemlichen Unsinn vorgeschlagen zu haben.

"Der Männerchor ist doch nicht das Problem", sagt die Politik-Professorin Annette Zimmer von der Uni Münster im Gespräch mit unserer Redaktion. Wenn es nach den Plänen von Bundesfinanzminister Olaf Scholz geht, soll einem Männergesangsverein und anderen Vereinen, die laut ihrer Satzung keine Frauen als Mitglieder zulassen, künftig die Gemeinnützigkeit entzogen werden. Denn: "Wer Frauen ausschließt, sollte keine Steuervorteile haben."

Frauen extrem unterrepräsentiert

Statt Frauen den Weg in den Männerchor zu ebnen, täte die Politik nach Überzeugung Zimmers gut daran, sich lieber um ein viel grundsätzlicheres Problem zu kümmern. In einer sehr umfassenden Studie hat die Wissenschaftlerin vor zwei Jahren nachgewiesen, dass Frauen im gesamten Bereich der sogenannten Non-Profit-Organisationen auf verantwortlichen Posten extrem unterrepräsentiert sind.

Große Vereine, Verbände, Stiftungen setzen Frauen im ehrenamtlichen Bereich zwar oft in großer Zahl bei der Basisarbeit ein, dort wo die Gelder verwaltet und die wichtigen Entscheidungen getroffen werden, also in den Vorständen und Aufsichtsräten, sind die Männer aber meist unter sich. Die Gründe für diese gesellschaftlich durchaus problematische Männerdominanz liegen nach Überzeugung der Politikwissenschaftlerin auf der Hand.

"Männer haben für solche Aufgaben einfach mehr Zeit"

"Männer haben für solche Aufgaben einfach mehr Zeit. Wenn eine Frau arbeitet, Kinder hat und sich um die Familie kümmert, schafft sie es höchstens noch einmal die Woche, zum Sport zu gehen." Die Ungleichverteilung der Alltagsaufgaben sei das Problem.

Frauen, sagt Annette Zimmer, "haben nach wie vor in der Familie für alles Verantwortung zu tragen, was die engeren Lebensumstände betrifft." Erst wenn die Kinder aus dem Haus sind, hätten sie Zeit, sich wieder in der Zivilgesellschaft zu engagieren. Die Wissenschaftlerin ist überzeugt, dass die Politik durchaus etwas dazu beitragen könnte, dass sich diese Verhältnisse im Interesse der Frauen ändern. Gerade der Finanzminister sei da gefordert: Zimmer plädiert für die volle steuerliche Abzugsfähigkeit haushaltsnaher Dienstleistungen.

Bisher können Ausgaben etwa für Putzkräfte im Haushalt oder für Kinderbetreuungspersonal nur bis zu 2000 Euro im Jahr von der Steuer abgesetzt werden. Und Zimmer hält auch eine Quotenregelung bei der Besetzung von Führungspositionen in Vereinen und Verbänden für sinnvoll. Dort, wo sie nicht erfüllt würde, könnte dann beispielsweise die Öffentliche Hand die Bereitstellung von Fördergeldern verwehren.

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