108 Millionen Miese: So hoch sind Städte und Gemeinden verschuldet

26.1.2021, 06:00 Uhr
108 Millionen Miese: So hoch sind Städte und Gemeinden verschuldet

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In diesen Zeiten ist ja alles anders. Bundesfinanzminister Olaf Scholz hatte vergangene Woche eine Nachricht in die Welt gesetzt, die sich richtig gut anfühlte. Nur 130 Milliarden neue Schulden musste der oberste Haushälter im vergangenen Jahr aufnehmen. Also 130 000 Millionen Euro. Das sprengt jede Vorstellungskraft.

Und das sollte eine gute Nachricht sein? Nun, es war viel weniger, als im Zuge der Coronakrise veranschlagt worden war. Aber: Es war auch so viel wie noch nie in einem Jahr.

Wie aus einer anderen Epoche

Der Begriff von der "Schwarzen Null", der in den Jahren zuvor die Haushaltsberatungen geprägt hatte, scheint inzwischen aus einer anderen Epoche zu stammen. Ausgestorben, wie vor 60 Millionen Jahren die Dinosaurier. Unter den finanziellen und wirtschaftlichen Folgen der Krise, so viel ist klar, wird das Land noch Jahre, vielleicht Jahrzehnte ächzen.

Wie genau die aktuelle finanzielle Lage der Kommunen in der Region ist, lässt sich inzwischen ungefähr abschätzen. Die meisten Städte und Gemeinden sind 2020 finanziell wohl etwas besser durch die Pandemie gekommen als im Frühjahr befürchtet.

So sind sie ins erste Corona-Jahr gestartet

Wie gesagt: Das ist eine Einschätzung. Was dagegen inzwischen auf Heller und Pfennig dokumentiert ist: Wie standen Schwabach, wie stand der Landkreis Roth und wie standen die Städte und Gemeinden im Landkreis da, ehe das kleine, gemeine Virus zugeschlagen hat? Dazu hat das Bayerische Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung jüngst seine Schuldenstatistik aktualisiert.

Zu Beginn des Jahres 2020, also vor gut einem Jahr, standen die Stadt Schwabach (42,9 Millionen Euro), die 16 Gemeinden im Landkreis (51,9 Millionen) und der Landkreis selbst (1,1 Millionen) mit knapp 96 Millionen Euro bei Banken und Sparkassen in der Kreide.

Hinzu kommen knapp neun Millionen Euro Verbindlichkeiten, die die Stadt Roth, der Markt Wendelstein und die Stadt Spalt für ihre Stadt- und Gemeindewerke beziehungsweise für die Stadtbrauerei ausweisen.

"Kreditähnliche Rechtsgeschäfte"

Mit weiteren knapp drei Millionen Euro haben Schwabach (1,4 Millionen), Abenberg (1,7 Millionen) und Rohr (0,8 Millionen) die Entwicklung von Wohn- und Gewerbegebieten außerhalb des regulären Haushalts als so genannte kreditähnliche Rechtsgeschäfte finanziert. Das hat den großen Vorteil, dass man mit dem Geld von jedem verkauften Grundstück sofort die Schulden reduzieren kann.

Zählt man alles zusammen, kommt man also auf einen Schuldenstand von etwa 108 Millionen Euro.

Blick auf Schwabach

Dass dabei die kreisfreie Stadt Schwabach mehr als ein Drittel auf sich vereint, muss Kämmerer Sascha Spahic nicht den Schlaf rauben. Die finanzielle Lage hat sich in den vergangenen Jahren immer weiter verbessert.

Die Zeiten, in denen der Bezirk als Aufsichtsbehörde in den jährlichen Haushaltsplan hineinregiert hat, sind vorbei. Inzwischen sind seinerzeit verschobene Großprojekte wie der Neubau eines Hallenbades längst wieder salonfähig geworden.

Die Pro-Kopf-Verschuldung von 1046 Euro ist die niedrigste seit mehr als zehn Jahren. Im Vergleich ähnlich großer Städte in Bayern schwimmt Schwabach damit im Mittelfeld.

Und: Bilanziell sah sich die Stadt vor einem Jahr gewissermaßen schuldenfrei. Denn das, was man in irgendeiner Form auf der Habenseite hat, übersteigt den Wert der Verbindlichkeiten.

Der Landkreis Roth

Noch viel besser, was die reine Verschuldung angeht, steht der Landkreis Roth da. Die Statistiker weisen zu Beginn des Jahres 2020 nur noch Verbindlichkeiten von 1,1 Millionen aus. Das entspricht bei 127 000 Einwohnern einer Pro-Kopf-Verschuldung von fast lächerlichen neun Euro.

Doch Kreiskämmerer Jürgen Lafére hebt mahnend den Finger. Denn: Die Statistiker aus Fürth lassen in ihre Zahlenkolonnen nicht die so genannten "inneren Darlehen" einfließen. Lafére hat sich aus der Sonderrücklage Müll aber – immer Stand Anfang 2020 – gut drei Millionen Euro geborgt. "Das ist Geld, das die Bürger für die Müllentsorgung gezahlt haben. Das muss wieder zurückgeführt werden. Deshalb ist das für mich vergleichbar mit einem Bankkredit", so der Kreiskämmerer.

Deshalb hat er in seinen Büchern keine Verschuldung von 1,1 Millionen, sondern von 4,17 Millionen stehen. Das entspräche dann einer Pro-Kopf-Verschuldung von 32 Euro – immer noch sehr wenig.

Die 16 Gemeinden im Überblick

Bei den 16 Landkreis-Gemeinden ist Rednitzhembach inzwischen die einzige, die keine Verbindlichkeiten hat – und das schon seit fast 20 Jahren.

Dass Verschuldung nicht immer etwas mit finanzieller Leistungsfähigkeit zu tun hat, wird vor allem am Beispiel Wendelstein deutlich. Zehn Jahre lang war die finanziell leistungsstärkste Gemeinde im Landkreis Roth schuldenfrei.

Dann nahm sie trotz hoher Rücklagen für den Umbau der Schule in Kleinschwarzenlohe in zwei Abschnitten 1,8 Millionen an neuen Krediten auf – weil sie dafür erstens keine Zinsen zahlen musste und weil sie zweitens einen Tilgungszuschuss von 315 000 Euro erhielt – geschenktes Geld gewissermaßen. Dafür nahm Kämmerer Stefan Zeltner gerne in Kauf, dass in der offiziellen Statistik die "0" vorerst getilgt wurde.

Der Fall Thalmässing

Ein ähnlicher Fall in Thalmässing. Für einen geförderten Wohnungsbau – den Bau eines Mehrfamilienhauses – gab es außerordentlich günstige Förderungen. Ein Teil der Investition, das schrieb der Vertrag vor, musste aber über ein Darlehen finanziert werden. Deshalb hat die Marktgemeinde, die drei Jahre lang offiziell schuldenfrei war, wieder einen Kredit von 300 000 Euro, das entspricht einer Pro-Kopf-Verschuldung von 57 Euro, in den Büchern stehen.

Bei den anderen Gemeinden im Landkreis gibt es über die Jahre ein Auf und ein Ab. Wenig Sorgen machen muss man sich um Roth, Rohr und Hilpoltstein, deren Pro-Kopf-Verschuldung Anfang 2020 zwischen 100 und 200 Euro pendelte – weit unter Landesdurchschnitt.

Neue Kredite ließen die Verbindlichkeiten von Gemeinden wie Kammerstein (Bau eines Bürgersaals) und Georgensgmünd deutlich steigen. Auch das kleine Röttenbach hat sich nach Jahren der Konsolidierung wieder auf dem Finanzmarkt bedient, der derzeit für Kommunen frisches Geld zu rekordverdächtig günstigen Konditionen bereithält.

Die Nachzügler

Nachzügler in Sachen Pro-Kopf-Verschuldung mit Werten jenseits der 1000 Euro pro Einwohner sind seit vielen Jahren Abenberg, Heideck und Allersberg, wobei die Lage in Allersberg am schwierigsten ist. So schwierig, dass es im vergangenen Jahr lange Zeit nicht gelang, einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen.

Immerhin: Im November wurden dann gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: in Form eines Doppelhaushaltes für 2020/21. Mit dem Zahlenwerk 2021 hecheln die Allersberger damit nicht mehr den Nachbarn hinterher, sondern sind den meisten anderen – Ausnahme Rednitzhembach – einen Schritt voraus.

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